Der Reiz der Schwerelosigkeit: Warum Asanas im Tuch uns besonders glücklich machen

Über dem Boden schweben, das Gefühl von Leichtigkeit und Freiheit genießen, einfach hin und her schaukeln. Egal ob in München, Hamburg oder Berlin: Yoga im Tuch wird in Deutschland immer popu­lärer. Björn Heucke von Aerial Yoga Berlin findet, dass noch mehr Studios AerialYoga ins Programm nehmen sollten, und erklärt den Reiz der Schwerelosigkeit

 

Seit Urgedenken liebt es der Mensch zu schaukeln und zu baumeln. Schon im antiken Athen zelebrierte man Aiora, das Schaukelfest. Zu Ehren der Göttin Erigone und ihres Vaters Ikarios wurden junge Mädchen oder auch Puppen auf in Bäumen hängende Schaukeln gesetzt, hin und her geschwungen und dabei wurde ein Lied gesungen. Wir wiegen unsere Kinder in den Schlaf, später schaukeln sie auf Spielplätzen. Im Alter entdecken wir das sanfte Wiegen von Liegestühlen.

Schaukeln und Wiegen – das sind auch zwei wichtige Elemente von AerialYoga. Man hängt oder sitzt wie in einer Schaukel in einem trapezförmigen Lycra-Tuch, das von der Decke baumelt. Tuch-Yoga kombiniert das klassische indische Hatha Yoga mit einem der modernsten und vielfältigsten Sportgeräte überhaupt. Die dritte Dimension wird ergänzt und die Richtung der Schwerkraft umgekehrt. Anders als beim Yoga auf der Matte ziehen und drücken wir unseren Körper nicht in die Dehnungen, sondern arbeiten mit unserem eigenen Körpergewicht und können uns dosiert in die Asanas „hineinhängen“.

 

Sich dem Tuch hingeben

Am Anfang kostet das Yogieren im Tuch etwas Überwindung: Hält das Tuch mein Gewicht? Was passiert, wenn ich aus dem Tuch rausfalle? Die Übungen sind noch ein wenig wackelig, aber bald merkt man: Das Tuch trägt einen, man kann loslassen und sich dem Material und der eigenen Yoga-Praxis hingeben.

Vertrauen spielt beim Yoga im Tuch eine wichtige Rolle. Wir lernen, Kontrolle abzugeben und mit einem neuen, erst einmal unberechenbaren Element zu spielen. Dazu lädt das Tuch uns ein: Wir können wieder Kind sein, spielen, erforschen, ausprobieren.
Wir ermuntern unsere Schüler in unseren Stunden dazu, das Tuch als ihren Freund, als ihren Partner zu betrachten. Es trägt uns, es umhüllt uns, es hilft uns bei Stellungen, die auf der Matte für ungeübte Yogis oft eine große Herausforderung sind.

Man kann es um die Hüfte wickeln, sich hineinlegen oder nur mit den Beinen daran festklammern und kopfüber herunterhängen. Wir arbeiten seit fast fünf Jahren mit dem Tuch und entdecken immer wieder neue Tricks und Techniken. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt! Das Tuch unterstützt vor allem Rückbeugen und hüftöffnende Asanas sehr effektiv. So können auch Anfänger Positionen einnehmen, die sonst nur gut gedehnte und trainierte Sportler ausführen können. Gleichzeitig können “Profis” ihr Repertoire um Übungen wie “Hängende Sit-Ups” oder gepresste Handstände erweitern, welche sonst eher Zirkusakrobaten vorbehalten sind. Übungen wie die Taube im Tuch wirken enorm weitend und befreiend. Insgesamt gilt: Yoga im Tuch macht glücklich, entspannt, richtet auf und belebt unseren kindlichen Spieltrieb wieder neu.

 

Yoga im Tuch: Für wen?

Grundsätzlich ist das Training im Tuch für jeden geeignet. Auch für Menschen, die noch keine Yogaerfahrung haben. Alle Übungen haben verschiedene Schwierigkeitsgrade, die nach Bedarf angepasst werden können. AerialYoga ist aber auch ein intensives Training für den Körper. Deshalb sollten Menschen mit akuten Rückenbeschwerden, Schwangere, Menschen mit Herzkrankheiten und Kreislaufbeschwerden, erhöhtem Augeninnendruck oder starkem Übergewicht von Aerial Yoga erst einmal absehen. Bei sonstigen gesundheitlichen Bedenken empfiehlt sich die Rücksprache mit dem Arzt.


Abb: © Björn Heuke

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