Was macht bestimmte Yoga­schulen auf Dauer erfolgreich, während andere wieder in der Versenkung verschwinden? Wo ist der Unterschied? Eine Ermutigung für alle Yoga­lehrer und die, die es werden möchten.

 

Im Jahr 2000 war es noch völlig unvorstellbar, wie sich der Yoga in Berlin nun entwickelt hat. Aus den etwa 30 Yogaschulen sind nun über 200 geworden. Das ist großartig für alle, Schüler und Lehrer. Doch hat es auch Enttäuschungen gegeben. Allein in Mitte haben drei große Zentren aufgegeben. Daher werden wir bei unseren Yogalehrer-Ausbildungen im „raum für yoga“ immer wieder mit Bedenken konfrontiert, ob es nicht schon zu viele Angebote gibt. Darauf wollen wir hier antworten.

Der Yoga steht erst am Anfang in Berlin, in Deutschland, weltweit. Allerdings muss sich der Yogalehrer seine Motivation klarmachen. Wer Yoga als Business ansieht und mit geschickten PR-Kampagnen und schicken, aber leeren Vokabeln neue Hypes generiert und mit Franchise-Multiplikation seinen Profit vergrößern möchte oder sich aus einem Sicherheitsbedürfnis einer solchen Kette anhängt, wird langfristig enttäuscht werden. Und zwar in zweierlei Hinsicht.

Im Yoga ist die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler essenziell. Der Yoga-Schüler ist keine Inkarnation eines Zwölf-Euro-Scheins. Er erwartet zu Recht, dass der Yogalehrer lebt, was der Yoga predigt, dass er authentisch ist. Natürlich ist der Schüler anfangs noch ganz mit den Körperübungen beschäftigt und kennt nicht die Tiefe der Möglichkeiten, der seelischen Entwicklung, die Yoga für ihn bereithält. So ist er erst mal zufrieden damit, zusammen mit einer riesigen Herde mit allerlei Verrenkungen abgespeist zu werden. In einer Flut von Einnahmen wähnen sich diese großen Zentren auf dem richtigen Weg und wiegen sich in Sicherheit. Und der Fokus des Denkens und Handelns bleibt darauf gerichtet, die Schar zu halten und zu vergrößern. Business as usual. Aber der nächste Hype kommt sicher, die Herde wandert weiter und die Schließung droht. Und das ist für den Yogalehrer die traurigste Art, seine riesige Chance zu verpassen.

 

Der Unterschied: Liebe lernen

Die Sehnsucht der Menschen nach einem Weg zu mehr Ehrlichkeit mit sich selbst und anderen wächst, die Sehnsucht nach einem Weg zu seelischem Wachstum und einem erfüllenden Leben. Und Yoga ist ein bewährter Weg zu sich selbst, zu mehr Liebe zu sich selbst und anderen, Frieden mit sich selbst und anderen, zum Glücklich-Sein. Aber dies braucht sehr viel Zeit und Übung aller acht yogischen Disziplinen, von denen Asana (die Körperhaltungen), die einfachste ist. Zeit für das Studium der Schriften, Zeit des Allein-Seins mit sich, endlos viele Stunden an Meditation. Das führt allmählich zu einer völligen Umgestaltung des Lebens des Lehrers in allen seinen Bereichen, die Überwindung all der kleinen und großen Ego-Ängste, Entwicklung von Vertrauen in die guten Kräfte, die uns führen. Es ist der mühevolle Weg der Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung, das Ziel des Yoga. Es ist ein fundamental anderer Weg des Lernens als alles, was wir bisher gelernt haben. Es geht nicht mehr darum, sich Wissen über irgendetwas anzueignen, sondern sich selbst kennen zu lernen, die Seelenverbindung zu entwickeln und zu pflegen. Und dazu muss der Yogalehrer den Balanceakt meistern zwischen den Anforderungen des Lebens in dieser Stadt und dem notwendigen Freiraum für seine eigene Entwicklung. Und dies ist nur möglich mit der ersten yogischen Disziplin, der Einfachheit. Alles muss der Prüfung unterworfen werden, ob es dem Ziel dienlich oder abträglich ist.

 

Glücksgesteuert

Das hört sich alles zunächst vielleicht nicht verlockend an. Aber wer Yogis kennt, die auch nur einen Teil des Weges gegangen sind, weiß, dass es sich lohnt. Sie haben viel von dem verwirklicht, wonach sich alle sehnen, von dem sie aber nicht wissen, wie sie es erreichen können. Sie sind nicht mehr angst-, sondern glücksgesteuert. Obgleich sie viel arbeiten, haben sie viel Energie und wirkliche Lebensfreude, denn sie kennen den erfüllenden Sinn des Lebens. Und dies ist der Magnetismus des Yoga. Dass Yoga gesund macht, wissen auch die Krankenkassen, daher tragen sie einen Teil der Kurskosten. Aber immer mehr Menschen ahnen, dass Yoga glücklich macht im tiefsten Sinn des Wortes, und sie wollen es auch werden.

Und deshalb wächst Yoga weiter. Es wird so viele kleine Yogaschulen geben, wie es Bäcker gibt. Und überall dort werden gute Lehrer, die wirklich den Weg des Yoga in ihrem Leben gehen,  mit einer überschaubaren Anzahl von Schülern gute Arbeit leisten. Sie werden nicht reich oder gar zu Millionären, obgleich sie es könnten, wenn sie wollten, wie einige Yoga-Franchise-Schlaufüchse und Yoga-Jetsetter beweisen. Aber sie werden aufgrund ihrer Erfahrungen aus ihrem eigenen yogischen Streben mit ihrem kleinen Kreis ein ehrliches und freudvolles Miteinanderwachsen gestalten können. Sie werden nicht Herrscher eines Yoga-Imperiums, aber wertvolle Diener ihrer Mitmenschen, inspirierende Mutmacher und Begleiter auf deren eigenem Weg zu sich selbst. Sie werden die Mittel haben, die sie brauchen, um ihre Arbeit zu tun und ein einfaches Lebens zu führen. Und darin liegt ihr Glück. Das alles ist aber ist nicht neu. Der große Yogi aus Galiläa hat es so gesagt: „Das Reich Gottes kommt nicht mit Getöse und Aufsehen.“ (Lukas 17, 20)


Abb: © Roland Bauer

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