Über das Neue Familienstellen und das friedliche Glück in uns

Die Erfahrung einer friedlichen Stille und eines inneren Einklanges lassen sich schwer mit Worten teilen. Vielleicht erinnern Sie sich an einen solchen Moment: nach dem Verklingen eines Musikstückes in der kleinen Pause, bis der Applaus beginnt – in der kontemplativen Atmosphäre einer Kapelle – der Zauber eines Platzes am See – ein Augenblick wahrer Begegnung zwischen zwei Menschen, wo die Welt anhält. Zeiten, in denen sich etwas Gewachsenes vollendet oder in denen die gewohnte Wahrheit einen Riss bekommt. All dies können Momente sein, in denen wir einen kleinen Einblick bekommen in das, was unsere Sehnsucht ist. Familienstellen – was uns wirklich bewegt.

 

Wenn wir uns auf die Suche machen, dann fragen wir uns, was diese besonderen Momente auszeichnet: Wir sind im Einklang. Wir denken nichts, besonders denken wir nicht: wieso ich, wieso jetzt, wer ist schuld? Der Verstand ist einen Augenblick lang still. Der Körper geht nirgendwo hin und möchte zu diesem Zeitpunkt auch an keinem anderen Ort sein. Die Seele ist erfüllt mit dem, was ist. Hier und jetzt.

 

Warum ist das nicht immer so?

In diesen Momenten sind wir bewegt und doch still. Im Gegensatz dazu gibt es diese ganz anderen Momente und viel Anstrengung im Alltag: Im Geist plappert es wild durcheinander, immer dasselbe Wiederholungsprogramm. Wir würden uns bei der Redaktion beschweren, wenn wir für dieses Programm bezahlen müssten, ob der ewig gleichen Inhalte. Monkey-Mind sagen die Amerikaner: Die Gedanken hüpfen wie Affen von Ast zu Ast. Die Seele scheint überflutet von Gefühlen, für die wir keinen Namen wissen oder die uns immer wieder aufsuchen wie ein alter Flaschengeist. Der Körper ist hin- und hergerissen zwischen Bleiben und Weglaufen.

Das ganze verzwickte teils bewusste und teils unterbewusste Ausmaß dieser unangenehmen Situation zu verstehen ist wesentlich komplizierter. Hier wirken unsere körperlichen Instinkte, unsere seelischen Eigenheiten zusammen mit Denkmustern und Tabus unseres Elternhauses sowie unserer aktuellen Gemeinschaft zum Teil widersprüchlich auf uns ein. Bemerkenswert ist ja, dass dieses „Andere“ so simpel ist, viel schlichter als das Unglück.

 

Was hilft uns also, uns diesem schlichten friedlichen Glück zu öffnen und die Hindernisse verschwinden zu lassen?

In den Glücksmomenten, einem kleinen Abglanz der großen Stille, sind wir friedlich und bewegt. Im Neuen Familienstellen kann man viel über diese Bewegung erfahren. Die dort sich zeigende Bewegung hat charakteristische Eigenheiten:

Es ist ein Sich-bewegen-Lassen. Was uns da bewegt, ist schwer zu sagen. Es ist aber unmittelbar zu erfahren. Wenn Täter und Opfer, Frau und Mann, Kind und Eltern sich bewegen, dann ist klar, dass alle von etwas Größerem mitgenommen sind. Das enthebt niemanden seiner Verantwortung, aber es verändert das Urteilen und dadurch entsteht Freiheit.

Es ist ein Anerkennen dessen, was war und was ist. Damit hört das Hadern auf und die Verrücktheit, etwas Vergangenes anders zu wünschen, als es war. Es ist ja schon genau, wie es passiert ist – passiert. Es ist befreiend, denn viele Bilder, die wir in uns tragen, sind innerlich zurechtgeschustert.

Es ist die Bereitschaft, die Gefühle, die mit dem Geschehenen verbunden sind, durch sich durch, durch das eigene Herz fließen zu lassen. Wenn die Menschen in Stellvertretung innerlich auf einem therapeutischen oder spirituellen Weg sind, wird dieser Umgang mit Gefühlen, dieses Willkommen-Heißen der Schmerzen und der Freude zu einem Sein mit den Gefühlen im Alltag. Hier entsteht tiefer Frieden, weil die Gefühle uns nur dann wirklich quälen – wie alles andere auch – wenn wir sie nicht haben wollen.

 

Die Menschen finden einen guten Platz.

Das bedeutet vor allem, dass man für das Verantwortung übernimmt, wofür man Verantwortung hat. Wenn ich am Arbeitsplatz eine bestimmte Rolle einnehme, dann kann ich nur innerhalb der Position Dinge verändern. Wenn ich aber für etwas Verantwortung übernehme, was ich nicht verändern kann, dann versuche ich, wie Atlas die ganze Welt zu tragen. Das ist ungesund, wie sich mittlerweile herumgesprochen hat. Das gleiche gilt auch innerhalb der Familie. Ein kleines Kind kann nicht den Koffer tragen, in dem das Gepäck für einen Erwachsenen verstaut ist.

Auch die Menschen, die zu einem gehören, finden ihren guten Platz. So dass mit jeder Aufstellung familiäre oder betriebliche Ungereimtheiten in einen tiefen Einklang kommen. So wird Frieden immer leichter zu finden und immer selbstverständlicher.

Die Arbeit besteht also darin, die Hindernisse, die im Weg liegen, liebevoll zu verstehen und zu erfühlen und gleichzeitig die Aufmerksamkeit auf das zu richten, was darunter schon immer da ist.

„Wahres Glück ist grundlos.“ (Gangaji)


Abb: © Angelika Winklhofer

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