Auf DVD: Das grüne Wunder – Unser Wald

Zauberwald

Langsam gleitet die Kamera über majestätische Baumwipfel hinweg. Im Zeitraffer sieht man, wie Fichtensamen, die über zwei Jahre hinweg gereift sind, aus den sich langsam öffnenden Zapfen entlassen werden, auf den schneebedeckten Boden segeln und schließlich im Frühlingstauwetter – begleitet von sich öffnenden Märzenbechern – zur Erde gelangen. Man begegnet Gartenhummeln, Hirschkäfern, Zitronenfaltern, geschäftigen Ameisenhaufen, der Massenhochzeit der Grasfrösche, dem Liebesspiel der Baumgiganten, Morcheln, Schnecken, blühenden Narzissenfeldern, goldenem Sonnenlicht, das über den Wald fließt und Sonnenstrahlen, die edelsteingleiche Lichtflecken auf dem Waldboden bilden und das Moos zum Blühen bringen.

Heimische Tiere wie Wildschweine mit ihren Frischlingen, zahlreiche Vögel, Insekten und Pflanzen in mannigfaltigen Ausprägungen begegnen einem hier als unglaublich schöne Aufnahmen, während die Kamera die Zuschauer mit auf die Reise durch den Jahreslauf nimmt. Untermalt wird der Film von dem bekannten deutschen Schauspieler Benno Fürmann, der mit seiner ruhigen, einfühlsamen Stimme einen passenden Erzähler abgibt. Hierbei beschränkt man sich aber nicht auf reine Situationsbeschreibungen, sondern lässt auch poetisch anmutende Worte zu – und verstärkt so, zusammen mit der Musik, den Zauber des Films.

So wird beispielsweise den Zuschauern die Blüte der Haselnusssträucher als ein Liebesspiel mit dem Wind zwischen weiblichen und männlichen Blüten beschrieben. Das Ganze, ohne ins Pathetische oder Kitschige abzugleiten. Selten hat man die Natur als so schön, so faszinierend und – bei aller erotischen Konnotation – so unschuldig begriffen. Auch die dunklen Seiten und die nächtlichen Jäger wie Fledermaus und Eule bekommen natürlich ihren Raum, begleitet von traumhaften Zeitrafferaufnahmen des nächtlichen Sternenhimmels. Erstaunlich intim wird es, wenn die Kamera ganz nah die Geburtswehen einer Füchsin begleitet.

Die Bilder wirken wie einem magischenReich entnommen. Kaum kann man es begreifen, dass das wirklich unsere Wälder – quasi vor unserer Haustür – sind und man hierfür nicht in fremde Länder oder Science Fiction entfliehen muss. Man wird eingeführt in die eigentümlichen und
berauschenden Geheimnisse dieser uns fremd erscheinenden Welt.

Gedreht wurde dieser außergewöhnliche Film von Jan Haft übrigens über ganze sechs Jahre hinweg an 70 Drehorten in Deutschland, Österreich und Dänemark. Die Kameraleute hielten sich tagelang in Tarnzelten auf, um – mit teils selbstgebauten Filmschlitten – ganz besondere Bilder einfangen zu können. Lesenswert ist hierzu auch das ausführliche Booklet, das dem Film beiliegt.

Fazit: Diese einmalige Dokumentation verfolgt nicht ein Tier oder eine Pflanze, sondern zeigt das Ökosystem Wald in den sich verändernden Jahreszeiten. So bietet der Film abwechslungsreiche und lehrreiche Einblicke in den Wald und seine Bewohner, bei denen man ständig Neues entdeckt. Die hier präsentierte Sicht auf den Kreislauf des Lebens ist einfach zauberhaft. Wundersam. Staunenswert. Letztendlich zeigt der Film aber auch auf, dass unseren Wäldern heutzutage etwas fehlt, und ist ein Plädoyer für große Tiere und die damit einhergehende Vielfalt des Waldes. Bei der Bildgewalt, der Größe und Genauigkeit der Aufnahmen lohnt sich auf jeden Fall der Griff zur minimal teureren Blue-ray.

 

Jan Haft
Das grüne Wunder – Unser Wald
Polyband, 2013
DVD, 93 Minuten, 12,99 Euro

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