Gehirnscans zur Identifizierung von Pädophilen?

Durch Gehirnscans wollen deutsche Wissenschaftler Pädophile mit 95 prozentiger Treffsicherheit „objektiv“ identifizieren können. Der Beginn der Gedankenkontrolle?

 

Superwaffe fMRI

Mit Gehirnscans kann man mittlerweile alles Mögliche machen, zum Beispiel die Wörter identifizieren, die jemand denkt, vorgestellte Bilder auf Video aufzeichnen und dergleichen mehr. Die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRI) ist derzeit der große Hoffnungsträger in Sachen Gedankenlesen. Wie wäre es, Träume auf Video aufzuzeichnen? Und wie wäre es, wenn der Staat uns allen in die Köpfe gucken kann?

Die Technik inspiriert und bestürzt zugleich. Nicht ganz zu unrecht vermutet mancher hier den ersten Schritt in Richtung Orwellscher Gedankenkontrolle. Tatsächlich erhofft man sich sowohl beim Militär als auch in der Kriminalistik treffsichere Lügendetektoren und Verhörinstrumente von der Technik – oder gar eine Verbrecher-Früherkennung.

Gehirn statt Penis

Irgendwie sowas scheint man im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein zu entwickeln. Dort verkündet man per Pressemitteilung es sei

„erstmals gelungen, mittels Messung der Hirnaktivität im Magnetresonanztomographen (MRT) pädophile Männer von nicht-pädophilen Männern zu unterscheiden. In der Studie, die am 3. Oktober 2011 in der Online-Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Archives of General Psychiatry“ erschienen ist, wurden den Versuchsteilnehmern (pädophilen und gesunden Männer) für Sekunden Bilder von nackten Kindern und von nackten Erwachsenen gezeigt. Die mittels funktionellem MRT gemessene Hirnaktivität auf die jeweiligen Bilder wurde im Anschluss einem automatischen Klassifikationsprogramm zugeführt und erlaubt eine Zuordnungssicherheit von 95 Prozent. Diese Treffsicherheit wurde nach Angaben der Autoren bislang von keinem Verfahren erreicht. Man war bisher bei der Diagnose einer pädophilen Neigung vor allem auf die nur bedingt zuverlässigen Angaben der Betreffenden selbst oder auf die fehlerbehaftete Phallometrie, einem Verfahren zum Messen der Penisreaktion bei sexualmedizinischen Untersuchungen, angewiesen. Die Autoren der Studie erklären, dass das von ihnen entwickelte Verfahren in Zukunft zur objektiven Diagnose einer Pädophilie genutzt werden kann.“

So kann man nun also am Gehirn erkennen, ob jemand von Kindern erregt wird. Es fragt sich nur, was man mit einer solchen Diagnose dann anstellt? Sollen die Betroffenen etwa ein Zeichen sichtbar am Körper tragen? Zwangstherapiert oder überwacht werden? Gewisse Bereiche der Stadt nicht mehr betreten dürfen?

Eintrittskarte Pädophilie

Es überrascht wenig, dass eine solche Technik mal wieder über die Pädophilie eingeführt wird. Das gab es zuletzt bei der Internet-Zensur. Wenn es um Pädophilie geht, ist man sich des Volkes Unterstützung sicher. Die Frage ist, was als Nächstes kommt.

Und was macht man nun mit einer Pädophilen-Früherkennung? Schließlich wird nichtmal ein Bruchteil von Pädophilen straftätig. Man weiß also nicht, was es bedeutet, wenn die Uni sagt, die Technik könne „in Zukunft zur objektiven Diagnose einer Pädophilie“ verwendet werden.

Das amerikanische Militär jedenfalls forscht nun schon seit mindestens drei Jahren, wie die neuen Techniken ihnen behilflich sein könnten.

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