Mit überraschender Mehrheit hat die UNO-Vollversammlung Palästina als beobachtenden Nicht-Mitgliedstaat aufgenommen. 138 von 193 Uno-Mitgliedsstaaten stimmten für die Anerkennung. Eine Vollmitgliedschaft wird es wohl auch in Zukunft nicht geben, da die USA in dieser Frage ein Veto-Recht haben.

Die Anerkennung Palästinas und eine Unterstützung des Landes durch die Weltöffentlichkeit gilt vielen Diplomaten als der einzige Weg zu einer friedlichen Zwei-Staaten-Lösung und der Verhinderung einer Eskalation. Denn die Regierung unter Palästinenserpräsident Mahmud Abbas drohte international in Bedeutungslosigkeit abzusinken – einige Länder verhandeln schon jetzt lieber mit der Hamas, die den Gaza-Streifen Land militärisch beherrschen. Die Überlegung Abbas gegenüber der Hamas zu stärken, dürfte viele Diplomaten zu einer Zustimmung bewogen haben.

Israel hingegen ist offenbar nach wie vor nicht wirklich an einer Deeskalation interessiert und gab als Reaktion am nächsten Tag den Bau neuer Siedlungen im Westjordanland und das Einfrieren von 100 Millionen Euro palästinensischer Steuergelder bekannt – eine direkte Kampfansage an Palästina.

Abkehr von Israel?

Lange Zeit wurde die Politik Israel öffentlich quasi nicht kritisiert, doch diese Zeit scheint vorbei zu sein und immer mehr Staaten rücken diplomatisch von Israel ab. Großbritannien und Frankreich denken aktuell offen darüber nach, ihre Botschafter aus Israel abzuziehen.

Der Spiegel berichtet von „minutenlangem Jubel“ und deutlichen Bildern nach der Abstimmung am letzten Donnerstag:

„In der Uno-Vollversammlung fielen sich Diplomaten in die Arme und klopften, über die konsternierten Blicke israelischer und amerikanischer Vertreter hinweg, Palästinenserpräsident Mahmud Abbas auf die Schulter.“

Die quasi-Anerkennung Palästinas gilt zwar nur innerhalb der UNO, aber trotzdem ist Palästina damit nicht nur von der internationalen Gemeinschaft diplomatisch als Staat anerkannt, sondern hat zukünftig auch neue Rechte. Zwar darf Palästina bei Entscheidungen in der UNO noch immer nicht mitwählen, aber es hat nun immerhin Rederecht – und es kann nun vielen internationalen Verträgen und Organisationen beitreten.

Palästina hat schon angekündigt, dem Internationalen Strafgerichtshof (IStgH) in Den Haag beizutreten und erneut die Menschenrechtsverletzungen durch Israel zur Anklage zu bringen – bisher war Palästina mit diesem Anliegen gescheitert, weil der IStgH Palästina nicht als Staat anerkannt hatte. Die Ermittlungen dürften dennoch schwierig werden, da sich Israel bisher geweigert hat, dem IStgH beizutreten und Ermittlungen gegen israelische Staatsbürger nur mit Zustimmung der USA möglich sind.

 

 

 

Unterstütze SEIN

Vielen Dank an alle, die den Journalismus des SEIN bisher unterstützt haben.
Die Unterstützung unserer Leser trägt dazu bei, dass wir unsere redaktionelle Unabhängigkeit behalten und unsere eigene Meinung weiter äußern können. Wir sind sicher, dass unsere redaktionelle Arbeit und unsere Themenvielfalt und Tiefe den gesellschaftlichen Wandel beflügeln. Wir brauchen Deine Unterstützung, um weiterhin guten, kreativen "Lösungs-Journalismus" zu liefern und unsere Offenheit zu wahren. Jeder Leserbeitrag, ob groß oder klein, ist wertvoll. Wenn Du unsere Arbeit wertschätzt, unterstütze SEIN noch heute - es dauert nur wenige Minuten. Vielen Dank.
SEIN unterstützen





Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.

*