Ägyptisches Yoga – auch die Ägypter entwickelten eine Form von Yoga. Die Übungen sind sehr einfach, zeugen aber von einem tiefen medizinischen und spirituellen Wissen.

Das ägyptische Yoga – einfach, aber sehr effektiv

Fast jede/r kennt die Darstellungen altägyptischer Kunst mit den typischen Körperhaltungen – und doch ist nur wenigen bekannt, dass auch im Ägypten von vor tausenden von Jahren Yoga praktiziert wurde. Das Ägyptische Yoga ist völlig anders, einfacher ausführbar und besitzt dennoch eine ebenfalls tiefgreifende Wirkung.

Viele Elemente von typischen Yogahaltungen finden sich in Wandfriesen oder Malereien, wie zum Beispiel die „KA-Stellung“ (beide Arme abgewinkelt und seitlich erhoben). Einige Dokumente belegen auch, dass den damaligen Bewohnern Ägyptens eine Reihe klassischer Yogahaltungen bekannt war, die eigentlich gemeinhin der indischen Tradition zugeschrieben werden.

Manche dieser Abbildungen sind so alt, dass sich darüber spekulieren ließe, welche der beiden Kulturen Yoga eigentlich hervorbrachte – anzunehmen ist jedoch, dass die Systeme sich parallel entwickelten.

Ägyptisches Yoga – tiefes medizinisches Wissen

Es ist daher wenig überraschend, dass sie sich gegenseitig wunderbar ergänzen: Ägyptisches Yoga kann zum Beispiel als eine Vorbereitung auf Hatha-Yoga dienen. Da die Dehnungen weniger im Vordergrund stehen, ist es auch älteren, bewegungseingeschränkten Menschen zugänglich. Besonders die Öffnung des Brustkorbs, der aufrechte Gang und die Festigkeit des Stands werden gefördert.

Aber auch als eigenständige Praxis hat das Ägyptische Yoga einiges zu bieten. Therapeutisch interessant sind die vielen Rotationsbewegungen, die an Wirbelsäulenmanipulationen aus der Chiropraktik erinnern. Wirbelblockaden können so gelöst und gleichzeitig der Rücken gekräftigt werden.

Streng strukturiert und stets von der Atmung angeführt, sind die Bewegungen des Ägyptischen Yoga sehr klar. Stets ist die Wirbelsäule, die im alten Ägypten auch als „Lebensbaum“ bezeichnet wurde, im Fokus der Bewegung.

Die Priesterschaft Ägyptens verfügte zur damaligen Zeit bereits über ein breites medizinisches Wissen, von dem diese Übungen einen Eindruck geben. Yoga wurde einerseits mit einer therapeutischen Ausrichtung geübt, andererseits war es ritueller Ausdruck eines stark symbolischen Weltbildes.

Yogi Babacar Khane

Ich hatte das Glück, meine Ausbildung bei Yogi Babacar Khane zu machen, der sich wie kein anderer in der Gegenwart um die Wiederbelebung der ägyptischen Yoga-Tradition verdient gemacht hat. Als Schüler von Paramahansa Yogananda ist es seit über 50 Jahren ein wichtiges Ziel Khanes, die Verbindungen und Gemeinsamkeiten der spirituellen Wege in unterschiedlichen Kulturen aufzuzeigen.

Der im Senegal in eine Sufi-Familie hineingeborene Khane stieß im Ägyptischen Yoga, entwickelt aus den überlieferten Abbildungen, auf ein System, das dem Hatha-Yoga in nichts nachsteht.

Ägyptisches Yoga und die mythische Welt Ägyptens

Den Stellungen des Ägyptischen Yoga wohnt ein starker Symbolismus inne, in dem die Vorstellungswelt der alten Ägypter lebendig ist. Die Übung der „Adlerschwingen“ beschreibt zum Beispiel die Reise, die die Energie über die Chakren durch den menschlichen Körper hinweg nimmt.

Der ägyptische Sonnengruß wiederum stellt den Lauf der Sonne am Himmel dar und die Verbindung zwischen der göttlichen und der menschlichen Sphäre.

Die Sonne war im alten Ägypten eine Gottheit (Re) und galt als der Inbegriff allen Lebens. Dementsprechend wird dieser Sonnengruß nicht in eine Richtung gewandt ausgeführt, sondern in insgesamt sieben: den vier Himmelsrichtungen, dem Himmel, der Erde und dem/der Praktizierenden selbst.

Dem Menschen kommt hier eine wichtige Bedeutung zu: Durch die Aufrichtung seiner Wirbelsäule wird er zum Mittler und Bindeglied zwischen Göttlichem und Irdischem. Er steht im Spannungsfeld zwischen diesen Kräften und kann seine Aufgabe nur erfüllen, wenn er sich beider Dimensionen bewusst wird.

Die Heiligung des Gewöhnlichen

Hier geht es allerdings nicht um eine Religionszugehörigkeit oder einen bestimmten Glauben, sondern – wie in der indischen Yogapraxis – um die Entwicklung von Achtsamkeit, die sich nach und nach auf alle Bereiche des Lebens ausweitet.

Vielleicht ist es diese Achtsamkeit, durch die das Göttliche in den Alltag Einzug nimmt. Die „Heiligung des Gewöhnlichen“ wird im Ägyptischen Yoga durch Stellungen begünstigt, die so einfach sind wie alltägliche Handgriffe – allerdings werden sie bewusst und mit großer Präzision ausgeführt. Auch wenn es hier, wie in vielen anderen Systemen, um eine Entwicklung zum Feinstofflichen hin geht, bleibt der Übende doch fest in der Erde, im Hier und Jetzt verankert.

2 Responses

  1. shumil

    „Yogi Babacar Khane […] die Wiederbelebung der ägyptischen Yoga-Tradition …

    … Khane stieß im Ägyptischen Yoga, entwickelt aus den überlieferten Abbildungen, auf ein System …

    … interessant sind die vielen Rotationsbewegungen….

    Die Priesterschaft Ägyptens […] Yoga wurde einerseits mit einer therapeutischen Ausrichtung geübt, andererseits war es ritueller Ausdruck eines stark symbolischen Weltbildes.“

    Ich finde es sehr erstaunlich, dass man aus den uns überlieferten Abbildungen der ‚alten Ägypter‘ ein traditionelles Körper-Yoga-System wiederbeleben bzw. entwickeln kann!

    Wir leben eben in einer Zeit, wo uns alles offenbart wird …

    Alles Liebe von shumil

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