Ein sicherer Raum, in dem wir uns öffnen können und mit Achtsamkeit angewandte Techniken – das macht die Basis von AIM aus („Awareness of Inner Movement“). Die flexible Anwendung der einzelnen Bausteine ermöglicht den Zugang auch zu tiefen Traumata und deren Auflösung und Integration.

 

Seit neun Jahren arbeite ich als integrative systemische Therapeutin. In der Arbeit mit Traumata, systemischen Verstrickungen und Belastungen aus früheren Leben habe ich in den letzten Jahren AIM als unschätzbare Hilfe kennengelernt. Basis von AIM ist die Achtung der Selbstbestimmungs-Hoheit meiner Klienten und die Förderung ihrer persönlichen Würde und Kraft. Das von der Berliner Therapeutin Sabeth Kemmler begründete AIM steht sowohl in der alten östlichen Tradition der Achtsamkeitsschulung als auch moderner Atem- und Körpertherapieverfahren und beruht auf einer Untersuchung der Gesetzmäßigkeiten persönlicher Integration. Was genau spielt sich ab, wenn wir Anteile unseres Erlebens unterdrücken, das heißt, von unserem Bewusstsein ausschließen? Und wie funktioniert die Integration dieser Anteile? AIM unterscheidet auf dem Weg der Reintegration dieser Anteile sechs „Werkzeuge“, die sich gegenseitig bedingen und ergänzen und von denen sich jedes einzelne als Einstieg in den Prozess eignet:

1. Achtsame Selbstwahrnehmung

Achtsame Selbstwahrnehmung geschieht unabhängig davon, ob wir uns so, wie wir sind, akzeptieren können oder nicht. Allein durch das Wort „achtsam“ gibt es oft eine sofortige Reaktion von mehr Weichheit und Hin-Spüren, dadurch wird die Selbstwahrnehmung weniger kritisch und stattdessen sehr behutsam (vielleicht so, wie man mit einem jungen Pflänzchen oder einem Baby umgehen würde).

Auch wenn ich mich bei der Selbstwahrnehmung erstmal extrem ablehne, kann meine Wahrnehmung sich derart verändern, dass sich das Sich-selbst-nicht-ausstehen-Können  gleichsam mit Behutsamkeit anreichert und die darunter liegenden Schichten (zum Beispiel Schmerz, Einsamkeit, Verlassen-Sein) sichtbar werden und Schicht für Schicht gefühlt, angenommen und „abgetragen“ werden können.

 

2. Entspannung

Entspannung wird bei AIM durch den bewusst erlebten Atem und auf vielen anderen Wegen gefördert. Wenn sie gelingt, führt das häufig dazu, dass der Körper weicher wird und sich alte, festgehaltene Gefühle und Überzeugungen lösen, aufsteigen und ins Bewusstsein gelangen. So können sie dann achtsam wahrgenommen werden als das, was sie sind: Gefühle und Gedanken, die eine Ursache und damit auch eine „Berechtigung“ haben.

 

3. Atem

Den Atem fließen zu lassen, wie er es gerade möchte, kann verborgene Gefühle anstoßen und spürbar machen. Dadurch werden manche körperlichen Blockaden (wie ein verspannter Solarplexus) als das erkennbar, was sie tatsächlich sind: festgehaltene Gefühle.

Wenn der Atem fließt, können sich diese Gefühle aus dem körperlichen Zusammenhang lösen. Meine Wahrnehmung ist, dass sie dann wie eine Wolke aufsteigen und besser betrachtet werden können.

Genauso kann der frei fließende Atem dazu führen, dass wir tiefer in den ­Körper hineinsinken und diesen auf einmal völlig neu entdecken. Das kann ein ­tiefes Vertrauen zu mir selbst hervorrufen, wie es vielleicht vorher nicht möglich war.

 

4. Uneingeschränkte Akzeptanz

Das Wort „uneingeschränkt“ hat bei mir zunächst Leistungsdruck erzeugt. Da ich aus einer Familie stamme, in der ein nach Hause gebrachtes „Gut“ in einer Klassenarbeit mit den Worten: „Eine Zwei ist keine Eins“ kommentiert wurde und meine Geschwister und ich auch sonst starker Kritik ausgesetzt waren, schien mir völlig uneingeschränkte Selbstakzeptanz geradezu utopisch. Doch als ich zunächst dieses Gefühl von Unmöglichkeit akzeptiert und mich damit entspannt habe, kamen Erinnerungen von Erniedrigung und damit verbundenem Schmerz an die Oberfläche, in die ich mit achtsamer Selbstwahrnehmung hineinatmen konnte und die von meinen Tränen weggewaschen wurden, so dass anschließend ein Gefühl von Reinheit blieb.

Uneingeschränkte Selbstakzeptanz bedeutet also, dass alles da sein darf – sogar das Nicht-Akzeptieren-Können und die Selbstkritik usw.

 

5. Mich auf mich einlassen

„Mich auf mich selbst einlassen“ – ich hatte das schon oft gehört, wusste aber lange nicht, was ich damit anfangen soll. Es gibt so etwas wie ein weißes Blatt Papier vor meinem inneren Auge, auf das ich starre, in dem vergeblichen Versuch, ein paar Linien oder Farbkleckse zu finden. Wenn ich da hingucke, kommen Herzklopfen und Angst. Aha, so ist das also: gucken, was da ist, was da tatsächlich ist. Ich weiß noch nicht einmal, ob ich das richtig verstanden habe, aber so ist es für mich: plötzlich bin ich mitten drin. Mich einlassen – kann ich das überhaupt bewusst machen? Oder kann ich eigentlich nur erstaunt und ehrfürchtig zugucken und erleben, wie es mir und anderen geschieht, gelingt? Ich weiß es nicht. Ich weiß aber, dass es sich für mich so anfühlt, als ob das Sich-auf-sich-Einlassen selbst schon Integration ist.

 

6. Mich öffnen über mich selbst ­hinaus

Um Gefühlen wirklich Raum zu geben, ist für mich das Wissen hilfreich, dass ich damit nicht allein auf der Welt bin, sondern Unterstützung bekomme, wenn ich die Bereitschaft habe, mich für diese Unterstützung zu öffnen. Auf viele Menschen wirkt die Anwesenheit einer wohlwollenden Person, die freundlich auf sie schaut, dermaßen entspannend, dass sie es wagen, die grausigsten Erlebnisse zu betrachten, die sie im normalen Alltag unter einer dicken Schicht aus Unruhe, innerem Nebel oder Ähnlichem verbergen. Wenn die wohlwollende Person bei Mit-Betrachtung dieser Erlebnisse gelassen und wohlwollend bleibt, kann das so sehr unterstützen, dass die Integration selbst schwerer Traumata gelingt. Das heißt, durch das Öffnen über sich selbst hinaus wird die Integration in diesem Fall überhaupt erst ermöglicht.

Wie diese sechs Mittel von AIM zusammenspielen, wird letztlich nur durch die Erfahrung deutlich. Dazu zwei Beispiele aus meiner Praxis:

 

Wenn der Atem stockt

Eine Klientin kann gar nicht richtig durchatmen bzw. merkt, dass der Atem ganz flach und klein ist und tieferer Atem nur unter großer Anstrengung machbar. Ich bitte sie, den kleinen Atem bewusst zu beobachten und zu schauen, wo er sich staut, was ihn behindert, wie sich das im Körper anfühlt. Dadurch wird es möglich, an darunter liegende Gefühle zu kommen (Schmerz und Angst), und plötzlich tauchen Bilder und Assoziationen auf. Wir beziehen all das mit ein.

Teilweise ganz von selbst kommen dabei die sechs Mittel zur Anwendung: sich auf sich selbst einlassen (aufsteigende Gefühle), achtsame Selbstwahrnehmung (während des Atmens und beim Nachspüren von Schmerz und Angst), sich öffnen über sich selbst hinaus (vertrauensvolle Hingabe an die Unterstützung durch die begleitende Person – in dem Fall ich), uneingeschränkte Akzeptanz (vollständiges Zulassen der unverarbeiteten Erfahrung, die unter dem eingeschränkten Atem saß) und am Ende, weil wir Glück haben, dann doch noch der frei fließende Atem.

 

Als ein Klient sehr ärgerlich war

Ein Klient war sehr misstrauisch und erklärte mir dauernd, warum er etwas jetzt nicht richtig kann (natürlich weil ich als Begleitung dieses und jenes falsch mache), es kommt immer mehr Ärger auf, ich bleibe aber ganz gelassen und freundlich und richte meine Aufmerksamkeit auf den aufsteigenden Ärger. Plötzlich erscheint vor dem inneren Auge des Klienten das Bild eines Elternteils, der sich feindselig verhalten hat, der Klient fühlt Scham, Erniedrigung und Schmerz, fängt an zu weinen, atmet auf einmal tief, entspannt sich und wird ganz weich. Hinterher ist er ganz glücklich, schaut mich liebevoll und dankbar an und schwebt beinahe nach Hause. Ein Blick auf die sechs Mittel zeigt: Achtsame Selbstwahrnehmung (Ärger), sich auf sich einlassen (den Ärger vollständig fühlen, das Bild des Elternteils steigt auf), frei fließender Atem (Wut zulassen und weinen, plötzlich macht der Atem auch von allein alles „richtig“), uneingeschränkte Akzeptanz (das Gefühl von Ärger weicht und macht den tiefer liegenden Ebenen Scham und Schmerz Platz), Entspannung (die Person wird weich), sich öffnen über sich selbst hinaus (schaut mich dankbar an und schwebt nach Hause).

 

Für mich ist AIM wie Sahnetorte für die Seele: Der Klient darf in jedem Moment so sein, wie er ist. 

AIM kann uns dabei helfen, uns selbst besser kennen zu lernen, emotionale und soziale Kompetenz zu erwerben, mit schwierigen Gefühlen umgehen zu lernen, die kleineren und größeren Unwägbarkeiten des Alltags besser zu verkraften und insgesamt gelassener und wacher zu werden. Besonders wichtig finde ich dabei zu verstehen, dass jeder von uns alles in sich hat, was er braucht, um mit dem umgehen zu lernen, was das Schicksal ihm bringt und (im Positiven wie im Negativen) bereits gebracht hat.


Abb: © klickerminth – Fotolia.com

Veranstaltungen

 

AIM-Infoabend

Fr, 17.10., 20 Uhr, Aquariana, Am Tempelhofer Berg 7d

 

Freier werden. Emotionale und mentale Blockaden lösen

15.-16.11., AIM-­Zentrum, Bosestr. 40

 

AIM und ­Aufstellungen

Sa, 22.11., AIM-­Zentrum, Bosestr. 40

 

Wasser des Lebens. Vorgeburtliches ­Erleben und Geburtserfahrungen

28.-30.11, AIM-­Zentrum, Bosestr. 40

 

Info und Kontakt  

Tel.: 030-420 852 32 oder 0172/370 42 98

info@christine-­borucki.de

www.christine-­borucki.de

www.aiminternational.de

Eine Antwort

  1. Anonymous

    COUÉ zeigte, dass wir uns selbst oft wie einen bösen Feind behandeln gelernt haben; dabei ist es doch viel klüger, jemand – auch sich selbst – als Freund zu behandeln. Freunde sind für einen da.
    Das Geschehen kann nicht gemacht sondern nur wahrgenommen und auf feinste Weise leicht gestaltet werden.
    All die „Hilfen“, die man uns andressiert hat, dass wir es endlich „richtig machen“, bewirken das GEGENTEIL.
    Das müsste uns doch allen längst aufgefallen sein, wie oft es immer schlechter wird, je besser wir es machen.
    Was man uns da auf´s Auge gedrückt hat, war verkehrt.
    GEWACHSEN werden wir dem Leben nur, wenn wir uns WACHSEN lassen. Man möchte uns aber immer nur IN SCHABLONEN HINEIN. Dabei bedeutet LEBEN: über alle Schablonen hinauswachsen.
    Statt uns nach Papierschablonen richtig zu MACHEN, geht es darum UNSER WERDEN wahrzunehmen und damit umgehen zu lernen.
    Statt Statistenrollen im Unterrichtsablauf müssen wir DIE HAUPTROLLE UNSERES LEBENS SPIELEN lernen. Die neue Ich-kann-Schule zeigt an Beispielen, wie einfach das geht und wie gut es allen tut.
    Verstandene Lebenshilfen wie AIM können eine wirkliche Hilfe sein.
    Guten Erfolg!
    Franz Josef Neffe

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