Arbeiterbewegung 29. Mai 2012 Atem & Bewegung 3 Kommentare Vast Sky Yoga heißt eine im Jahr 2006 ins Leben gerufene Initiative, die Yoga und Meditation direkt zu den Menschen an ihren Arbeitsplatz bringt. Wer aufgrund von familiären oder anderen Einbindungen Schwierigkeiten hat, ein Yogastudio aufzusuchen, braucht nur eine Yogamatte und bequeme Kleidung im Büro parat zu haben, und schon kann es losgehen – mit der „Arbeiterbewegung“. Die Idee zu Vast Sky Yoga wurde mitten im lärmenden New York geboren, der Stadt, die nie ruht. Ein ÅavÄsana (die ruhende Endhaltung einer Yogastunde auf dem Rücken) 30 Meter entfernt vom sprudelnden Broadway mit 30 anderen Menschen gemeinsam in einem Raum in Stille einzunehmen… das ist eine revolutionäre Erfahrung in so einer Metropole. Revolutionär, weil sie mir gezeigt hat, dass inmitten größter Hektik und inmitten einer Umgebung, die uns mit Sinnesreizen bestürmt, die Erfahrung von der Sammlung des Geistes, von Ruhe und Wieder-zurück-Finden zu sich selbst möglich ist. Warum also nicht Yoga am Arbeitsplatz machen? Gerade im hektischen Arbeitsalltag empfinden wir unseren Geistes- oder Gemütszustand oft ja nicht gerade als klar und weit. Unsere Gedanken kreisen um Aufgaben, die es zu lösen gilt, altbekannte Gedanken oder Probleme, die uns immer wieder einholen, oder die schlichte Organisation unseres Alltags. Mit Yoga können wir da etwas Frei-Raum und Leichtigkeit hinein bringen. Vast Sky Yoga ist eine Synthese aus fließenden Vinyasa-Elementen, alltagstauglicher Yoga-Philosophie und präziser Aufmerksamkeit auf eine optimale Ausrichtung des Körpers, basierend auf den Prinzipien des Anusara-Yoga. Vast bedeutet im Englischen „weit, unermesslich, ausgedehnt“ und sky „Himmel“. Das Wort Yoga kann vielfältig definiert werden und steht für Einheit im weitesten Sinne: mit uns selbst, mit dem Höchsten in uns, mit dem unsichtbaren, lebendigen Gewebe, das uns mit der Welt verbindet und in uns pulsiert. Zu sich selbst kommen Indem wir uns für eine Weile herausnehmen aus unserem alltäglichen Tun, verbinden wir uns wieder mit uns selbst und diesem Gewebe, das alles durchzieht. Wir begeben uns an einen ruhigen Ort, setzen uns auf einen Stuhl oder ein Meditationskissen und wagen den kühnen Akt, all die Bewegungen in unserem Kopf (von Patañjali „vá¹ttis“ genannt) mit Achtsamkeit und Wohlwollen erst einmal zu beobachten. Wir versuchen, unsere Gedanken für Momente ruhen zu lassen, indem wir unsere Aufmerksamkeit auf unseren Atem lenken. Diese Praxis nennt sich in der Shambhala-Tradition Shamatha-Praxis, die Praxis des achtsamen Verweilens. Die Shamatha-Praxis ist ein zentrales Übungs-Element dieser Shambhala-Tradition, eine weltzugewandte, praktische Form des Buddhismus. Die buddhistische Tradition vergleicht unsere innere, geistige Natur mit der Weite des Himmels, wenn kein Unwetter oder Wolken ihn trüben, „vast sky“, was die Inspiration für den Namen dieser Initiative gab. Yoga-Praxis für Könnens-Stufen Diese freundliche Achtsamkeit lernen die Schüler von Vast Sky Yoga nicht nur auf ihren Geist anzuwenden, sondern auch auf ihren Körper in jedweder Verfassung. Die Teilnehmer, die in die Stunden von Vast Sky Yoga kommen, beginnen hier oft zum ersten Mal mit ihrer Yogapraxis und lernen zum Beispiel, wie sie im nach unten schauenden Hund (Adho Mukha ÅvÄnÄsana) ihren Rücken stärken und strecken können. Ihr Alter reicht von Anfang 20 bis Anfang 60. Jeder kann etwas für sich selbst tun, auch wenn er nicht in Höchstform ist. Die Atmosphäre in den Stunden ist oft heiter, da es einfach befreiend ist, zum Beispiel beim Versuch einer Standbalance auch mal über sich selbst zu lachen, wenn es nicht sofort gelingt. „Es tut gut, sich einmal in der Woche zwischen der Arbeit auf sich selbst zu konzentrieren und die Komplexität des eigenen Körpers zu spüren. Wenn man viel am Schreibtisch arbeitet, fühlt man viel zu selten, dass der Körper nicht nur aus dem Hintern – zum Sitzen – und den Fingern – zum Tippen – besteht“ sagt Stefanie Huttenlocher, Teilnehmerin von Vast Sky Yoga im Justizministerium. In die Business-Yoga-Stunden wagen sich auch immer mehr Männer, da der Anspruch einer solchen Stunde nicht ist, akrobatische Äsanas perfekt zu beherrschen, sondern den Arbeitsplatz in der Mittagspause zu verlassen und Körper und Geist mit frischem Wind und frischer Energie durchzupusten. Genau diesen Raum des „Zu-sich-Kommens“ mit Freundlichkeit, Achtsamkeit und Freude möchte Vast Sky Yoga schaffen. Abb: © Soon Lee Abb. von Petra Martin: © Anja Beyer 3 Responses Friederike 15. Juni 2012 Ich glaube nicht, dass Menschen die sich selbst lieben und respektieren, den ganzen Tag im Büro oder in einer Fabrikhalle verbringen können. Keine Yogapraxis kann einen Ausgleich schaffen für diese Einsperrung und körperliche Misshandlung genannt Ganztagsarbeit. Es ist doch völlig krank und absurd in unserem elektromechanischen Zeitalter immer mehr Zeit für Fremdarbeit zu verschwenden und zwischendurch ein bisschen Yoga zu üben. Natürlich findet man immer welche die sich auch darüber freuen ohne eigentlich zu wissen, was Freunde überhaupt bedeutet. Es ist also nicht erstrebenswert die Arbeit erträglicher zu machen, sondern die Arbeitszeit drastisch zu verkürzen und Freizeit zuzulassen. In der Freizeit kann man doch beliebig Yoga üben, tanzen, schwimmen, lesen, spazieren, stricken, träumen, schreiben, malen, kochen, singen und mit den eigenen Kindern spielen. Wie wir das erreichen können, steht in diesem tollen Artikel von Roland Rottenfusser. „Leben ohne Existenzangst, Arbeit ohne Zwang“ http://www.zeitpunkt.ch/news/artikel-einzelansicht/artikel/leben-ohne-existenzangst-arbeit-ohne-zwang.html „Schuften im Schlaraffenland: Warum ein Bedingungsloses Grundeinkommen möglich und notwendig ist“ http://www.connection.de/artikel/politik-wirtschaft/bedingungsloses-grundeinkommen.html Antworten Petra Martin 11. Juni 2012 Danke für Deinen Kommentar, Katja. Der Titel des Artikels, den ich nicht selbst gewählt habe als Autorin, kann durchaus seltsame und nicht intendierte Assoziationen wecken. Der Effekt, den die gemeinsame Yogapraxis hat, ist jedoch ein in allen Bereichen positiver. Durch eine gute Yoga-Praxis werden wir sensibler für unseren Körper und seine Bedürfnisse. Das kann sich dann auch mal darin äußern, nicht zum Yoga zu kommen, sondern langsamer zu machen und generell viel wacher und respektvoller für die eigenen körperlichen Bedürfnisse zu werden. Yoga bestärkt einen darin, auf körperliche und emotionale Signale zu hören. Wer keine Lust hat, mit den Kollegen gemeinsam etwas zu machen, wird sowie so nicht an diesem Kurs teilnehmen. Ob dieses Angebot angenommen wird, entscheidet jeder selbst. Die Realität ist jedoch, dass durch so einen Kurs eine ganz andere Gemeinschaft und Verbindung entsteht, als nur beim täglichen Kantinenessen. Viele kommen mehrere Jahre mir großer Freude, es wird häufig gelacht während der Stunden und immer wieder bestätigen mir die Teilnehmer, wie gut ihnen diese kurze Unterbrechung ihres zumeist sitzenden Arbeitsalltages geistig und körperlich tut. Antworten Katja 4. Juni 2012 Ah je … turnen so wie in der alten DDR. Jede Bewegung und jeder Atemzug für die Arbeit und noch zusammen mit den furchtbaren ArbeitskollegInnen. volkskoerperzellenrock www.youtube.com/watch?v=8EmWNkr6z0U Arbeiter-Yoga will ja nur die Arbeitseffizienz steigern und Krankheit verzögern, die dir erlaubt mal paar Tage im Bett zu liegen und richtig zu entspannen. Und dann kommt … der Burnout. Das ist aber nicht so witzig wie der BurnOut von Johann König www.youtube.com/watch?v=JCG3P63_MaY Antworten Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar Antwort abbrechenDeine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.KommentarName* E-Mail* Meinen Namen, meine E-Mail-Adresse und meine Website in diesem Browser für die nächste Kommentierung speichern. Überschrift E-Mail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren.Auch möglich: Abo ohne Kommentar. Durch Deinen Klick auf "SENDEN" bestätigst Du Dein Einverständnis mit unseren aktuellen Kommentarregeln.
Friederike 15. Juni 2012 Ich glaube nicht, dass Menschen die sich selbst lieben und respektieren, den ganzen Tag im Büro oder in einer Fabrikhalle verbringen können. Keine Yogapraxis kann einen Ausgleich schaffen für diese Einsperrung und körperliche Misshandlung genannt Ganztagsarbeit. Es ist doch völlig krank und absurd in unserem elektromechanischen Zeitalter immer mehr Zeit für Fremdarbeit zu verschwenden und zwischendurch ein bisschen Yoga zu üben. Natürlich findet man immer welche die sich auch darüber freuen ohne eigentlich zu wissen, was Freunde überhaupt bedeutet. Es ist also nicht erstrebenswert die Arbeit erträglicher zu machen, sondern die Arbeitszeit drastisch zu verkürzen und Freizeit zuzulassen. In der Freizeit kann man doch beliebig Yoga üben, tanzen, schwimmen, lesen, spazieren, stricken, träumen, schreiben, malen, kochen, singen und mit den eigenen Kindern spielen. Wie wir das erreichen können, steht in diesem tollen Artikel von Roland Rottenfusser. „Leben ohne Existenzangst, Arbeit ohne Zwang“ http://www.zeitpunkt.ch/news/artikel-einzelansicht/artikel/leben-ohne-existenzangst-arbeit-ohne-zwang.html „Schuften im Schlaraffenland: Warum ein Bedingungsloses Grundeinkommen möglich und notwendig ist“ http://www.connection.de/artikel/politik-wirtschaft/bedingungsloses-grundeinkommen.html Antworten
Petra Martin 11. Juni 2012 Danke für Deinen Kommentar, Katja. Der Titel des Artikels, den ich nicht selbst gewählt habe als Autorin, kann durchaus seltsame und nicht intendierte Assoziationen wecken. Der Effekt, den die gemeinsame Yogapraxis hat, ist jedoch ein in allen Bereichen positiver. Durch eine gute Yoga-Praxis werden wir sensibler für unseren Körper und seine Bedürfnisse. Das kann sich dann auch mal darin äußern, nicht zum Yoga zu kommen, sondern langsamer zu machen und generell viel wacher und respektvoller für die eigenen körperlichen Bedürfnisse zu werden. Yoga bestärkt einen darin, auf körperliche und emotionale Signale zu hören. Wer keine Lust hat, mit den Kollegen gemeinsam etwas zu machen, wird sowie so nicht an diesem Kurs teilnehmen. Ob dieses Angebot angenommen wird, entscheidet jeder selbst. Die Realität ist jedoch, dass durch so einen Kurs eine ganz andere Gemeinschaft und Verbindung entsteht, als nur beim täglichen Kantinenessen. Viele kommen mehrere Jahre mir großer Freude, es wird häufig gelacht während der Stunden und immer wieder bestätigen mir die Teilnehmer, wie gut ihnen diese kurze Unterbrechung ihres zumeist sitzenden Arbeitsalltages geistig und körperlich tut. Antworten
Katja 4. Juni 2012 Ah je … turnen so wie in der alten DDR. Jede Bewegung und jeder Atemzug für die Arbeit und noch zusammen mit den furchtbaren ArbeitskollegInnen. volkskoerperzellenrock www.youtube.com/watch?v=8EmWNkr6z0U Arbeiter-Yoga will ja nur die Arbeitseffizienz steigern und Krankheit verzögern, die dir erlaubt mal paar Tage im Bett zu liegen und richtig zu entspannen. Und dann kommt … der Burnout. Das ist aber nicht so witzig wie der BurnOut von Johann König www.youtube.com/watch?v=JCG3P63_MaY Antworten