Homöopathische Antworten am Puls der Zeit

von Werner Baumeister

Ich bin seit Jahren ein großer Fan der Blutegeltherapie, die mir einmal im Monat hilft, meine Krampfadern im linken Bein zu entstauen. Ich liebe diese Blutsauger, die für mich wie kleine Ärzte sind. Der Stoff Hirudin aus dem Speichel des medizinischen Blutegels (Hirudo medicinalis) hat gerinnungshemmende Eigenschaften und beugt Blutgerinnseln bei Varizen (Krampfadern) vor. Durch die Blutverflüssigung kann der Egel viel mehr Blut in sehr kurzer Zeit absaugen als ohne die Verdünnung seiner „Lieblingsspeise“. Das ist immer eine recht archaische Veranstaltung, bei der viel Blut fließt, was sicher nicht jedermanns Sache ist. Und es ist auch meine Art, als Mann alle vier Wochen zu „menstruieren“, mein Blut zu reinigen und es in Fluss zu halten.

Neulich meinte ein guter Freund zu mir: „Du bist doch Homöopath. Willst du nicht nicht mal gucken, was hinter deinem Krampfaderthema steckt und den Blutegel-Speichel in homöopathisch aufbereiteter Form (Hirudo medicinalis) einnehmen? Vielleicht kannst du dann sogar Geld sparen, weil du nicht mehr so oft zur Blutegel-Therapie musst?!“

Covid-19 und Blutverdünnung

Diese Idee hat mich sofort elektrisiert, zumal sie zeitlich zusammentrifft mit Beobachtungen, dass Covid-19 nicht nur die Lungenproblematik verursacht, sondern ein sehr viel komplexeres Krankheitsbild, bei dem auch Gefäßzellen betroffen sind. Extreme körpereigene Abwehrreaktionen, so vermutet man, führen dabei zu einer Blutgerinnselbildung – oftmals in den Beingefäßen (Thrombosen). Die Gerinnsel wandern in die Lunge und können dort zu einem plötzlichen Herzkreislaufstillstand führen. Solche Gerinnsel finden sich bei Covid-19 vermehrt auch im Gehirn (Schlaganfall), in den Nieren und treten auch in Verbindung mit atypischen Herzinfarkten auf. Insofern wird in der Fachmedizin zunehmend eine Vorbeugung mit Blutverdünnern empfohlen.

Vielleicht kann hier Hirudin homöopathisch helfen – es wird ja als Urstoff bereits schulmedizinisch zur Blutverdünnung eingesetzt. Mit „helfen“ meine ich allerdings keine reine Symptombeseitigung. In 30 Jahren Erfahrung als homöopathischer Behandler habe ich immer wieder festgestellt, dass Homöopathie natürlich auch die Körperebene entlastet, aber nicht als reiner Symptombeseitiger, sondern indem sie anhand der symptomatischen Signatur gezielt Bewusstsein für das Thema hinter der Symptomatik schafft. Könnte also Hirudo eine Möglichkeit sein, unsere Affinität zum Thema Lungenembolie & Gefäßverschluss – wie es bei Covid- 19 auftritt – zu reduzieren, indem man das Thema von Hirudin, dem Blutverdünner, auf einer bewussten Ebene bearbeitet?

Nach der ersten Einnahme habe ich folgenden Traum: Ich fahre eine extrem steile Straße nach oben, die zu einer Steilwand und dann zu einem immer enger werdenden Tunnel wird. Mein Gefährt, ein Golf, hängt mir auf einmal an einer Schnur um den Hals und ich brauche mein ganzes Adrenalin und gute Nerven, um in dem engen Gang, in dem ich mich auf einmal befinde, nicht stecken zu bleiben. Aber es scheint praktisch nicht zu schaffen …
Der Traum thematisiert hier die Enge des Geburtskanals, die letzte Strecke vor dem Verlassen des Mutterbauches. Und er zeigt die Angst, im Geburtskanal hängenzubleiben – ähnlich einem Thrombus. In diesem Prozess gibt es kein Zurück – ebenso wenig wie für uns alle nach Corona das Leben nie wieder so sein wird wie vor dieser kollektiven (Geburts)Krise. Hirudin könnte hier helfen, uns dieser kollektiven Energie nicht zu widersetzen, sondern uns der Geburt hinzugeben und mitzufließen – im Vertrauen darauf, dass das Leben gut ist und am Ende eine versorgende Mutterbrust auf uns wartet.

Die Unterdrückung der weiblichen Seite

Unter Hirudo realisiere ich auch, dass in meinen Krampfadern meine unterdrückten Gefühle sitzen, die nun wieder ins Fließen kommen und sich Stück für Stück auflösen dürfen. Homöopathisch arbeitet die Arznei an meinem zentralen Glaubenssatz, der heißt: „Wenn ich meine weibliche Seite zulasse, bin ich kein richtiger Mann mehr.“ Mit 16 Jahren – zur gleichen Zeit tauchten die Krampfadern auf –, habe ich angefangen, aus mir einen harten Typen zu machen, um einer bestimmten Vorstellung von Mannsein zu entsprechen. Die Krampfadern begleiten mich seitdem hartnäckig. Die homöopathischen Blutegel konnten dieses Symptom nun für mich verständlich übersetzen und mich auf meine verdrängte weibliche Seite aufmerksam machen. Es hört sich vielleicht etwas merkwürdig an, aber ich spüre unter Hirudo so etwas wie meine innere Frau – und das hat das Potential, meine ganze Haltung zu Frauen verändern. Ich spüre, dass dieses Mittel die ganze Angst in mir, mich völlig auf eine Frau einzulassen und sie zu lieben, auflösen kann. Das, was ich meinte zu verlieren, wenn mich eine Frau verlässt, ist immer meine eigene weibliche Seite, die ich nur auf sie projiziert habe. Aber diese Seite ist in mir, das bin ich ja auch. Das kann mir nie genommen werden. Was für eine Freiheit, was für eine Entspannung.

C.G. Jung würde sagen: Es geht um die erfolgreiche Integration der Anima. Und das ist die aktuelle Energie der Zeit, darum geht es auch bei Corona – um die Integration unserer weiblichen Seite, darum, unsere Weichheit wieder zu spüren und aus dieser heraus in der Welt zu agieren. Homöopathische Blutegel können uns auf diesem Weg sehr effektiv unterstützen.

Schlagworte (mit Links zu weiteren Artikeln von Werner Baumeister):
Homöopathie – Blut – Blutegel – Corona – Geburtskanal – Geburt – Schlaganfall – Integration

Werner Baumeister

ist Arzt und bietet individuelle homöopathische Begleitung an.

30 Jahre Erfahrung in eigener Praxis in Berlin.

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Die homöopathischen Arzneibilder von Werner Baumeister verstehen sich immer auch

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