Unbewusstheit gibt es gratis

„Übernimm Verantwortung dafür, Entscheidungen zu treffen, die mit deinen höheren Möglichkeiten in Einklang stehen. Das ist die Essenz der Praxis.“ (Ken Wilber) 1

Sich-Gehen-lassen in Unbewusstheit  geschieht ganz von allein. Wer seine Männlichkeit kraftvoll leben will, muss Tag für Tag dafür etwas tun!

Aber wie kommt das Neue in unser Leben?

Für den einen  Mann, der sich –  vereinzelt und verunsichert – in Kompensationen oder Süchte verrannt hat, steht ein Innehalten an: Nullpunkt, Ausruhen, Hingabe an ein größeres, inneres Wissen.

Für einen andern ist es vielleicht höchste Zeit, seine persönliche Vision zu formulieren, damit er seinen Alltag, seine tägliche Praxis daran messen kann.

Die Herausforderung ist hier, die eigene Absicht  in Worte zu fassen, zu verkörpern, sich vor den andern damit „hinzustellen“ und ihr Feedback einzuholen. Solange, bis sie sich stimmig anfühlt und Kraft gibt.

Visionsreisen, Intuition der Gruppe, Auflösung von Blockaden durch Schattenarbeit, Synergien durch Kooperation und Vernetzung, aber auch die Führung, die aus dem Nichts-Tun kommt und das Gebet sind Werkzeuge einer solchen Arbeit.

Und auch aus einem Raum von Körperintelligenz, von Bewegung, Stimme, Tanz und bewußtem  Atmen können neue Ideen und Bilder aufsteigen. Intensive Körperarbeit bringt dann Klarheit in unsere Gefühle und  macht uns durchlässig für das Geschenk unserer Lebensenergie – so klären wir unsere Werte und gestalten aus ihnen  heraus unser Leben.

 

Beseelte Männer-Freundschaft

Männer lieben die Unmittelbarkeit und Direktheit im Männerland. Konflikte werden geklärt und sind danach nicht mehr im Raum.

Hier kann Mann seine männliche Kraft zeigen und erleben und wird darin verstanden und anerkannt. Die Magie entsteht durch einen balancierten, vielfältigen Vertrauens-Raum: Raum für Reflexion, Raum für Gefühle, Raum für Bewegung, Raum für Verständigung, Raum für Berührung und Körperlichkeit.

 

Was sind Kernthemen in der Männerarbeit?

Heilung in unserer Beziehung zu Männern– der „Vater-Hunger“

Im Idealfall wachsen Söhne mit einem präsenten und liebevoll fordernden Vater im Rücken auf und haben Mentoren und männliche Gemeinschaft, die sie bewusst ins Mannsein hineinführen. Denn „Männer können nur von Männern initiiert werden. Frauen können aus einem Embryo einen Jungen werden lassen, aber nur Männer können aus einem Jungen einen Mann machen.“ (Robert Bly)2

Eine solche Initiation unterstützt die gesunde Loslösung von der Mutter, ohne das fatale Stadium der „Abwertung alles Weiblichen“ durchlaufen zu müssen.

Der schmerzlich empfundene, aber meist verdrängte Mangel an einem solchen wirklichen Fundament von Männlichkeit führt viele Männer im Lauf ihres Lebens in Kompensation und in alle Formen von Sucht und narzisstischer Einsamkeit.

Deswegen beginnt die Arbeit am eigenen Mann-Sein meist mit der Konfrontation unserer Verwundungen, archetypisch gesprochen mit dem Heiler-Aspekt und mit einem Nachnähren dieser Beheimatung im Kreis der Männer.

Walter G.Mauckner formulierte es so: „Die Wunde wird dann Teil seiner männlichen Würde, und er braucht seine Verletzlichkeit fortan weder zu verbergen noch sich auf sie zu berufen und besondere Rücksicht einfordern.  Seine Verletzungen bestimmen nicht mehr sein Handeln, Denken und Fühlen.“3

Es ist der solidarische, brüderliche Kreis anderer Männer, die Erfahrung, mit solchen Verletzungen nicht allein dazustehen und die nüchterne Herzlichkeit unter Männern, die es möglich machen, sich eigenes Scheitern, eigene erlebte Machtlosigkeit endlich einzugestehen.

Wesentlich ist eine ehrliche und kompetente Begleitung, damit sich durch die Erfahrung von Wahrhaftigkeit, Vertrauen, Anteilnahme und gegenseitiger Unterstützung ein Raum der Heilung und eines neu erlebten Selbstwertes auftut, die Erfahrung einer neuen Liebe zum Leben und zum Mann-Sein.

Viele Männer, mit denen ich in den letzten Jahren gearbeitet habe, berichten davon, wieviel Energie freigesetzt wird, wenn durch diese besondere Kraft männlicher Verbundenheit das männliche Urbedürfnis nach Anerkennung und Zugehörigkeit, nach Respekt und  männlicher Würde erfüllt wird.

Im Spiegel der andern Männer finden sie ihre Tatkraft wieder, verbunden mit einem tiefen inneren Frieden des Auf-dem-Weg-Seins.

 

Eine neue Liebeskultur – die Polarität von „männlich“ und „weiblich“

Was wir lieben und bewundern und was wir hassen und fürchten, ist oft sehr nahe beieinander. Wir fürchten nicht den Besitz und auch nicht die ungleiche Verteilung der Kräfte,sondern den Missbrauch einer Kraft. Statt uns aus Angst vor Missbrauch gegenseitig in Schach zu halten, brauchen wir Frauen und Männer, die voll in ihrer Kraft stehen.“ (Aarom Kipnis und Elizabeth Herron, Wilder Frieden)4

Wir Männer sind unseren Frauen dann ein gutes Gegenüber, wenn wir klar und gut mit unserer Männlichkeit verbunden sind.

Erfüllung in Beziehungen entwickelt sich über eine gute Verankerung im eigenen Mann-Sein, die Fähigkeit zur Präsenz, Wahrhaftigkeit und Intimität und durch ein Wissen um gelingende Mann-Frau-Kommunikation.

Wesentlich ist, dass wir Männer die Verantwortung dafür übernehmen, wie wir in unseren Beziehungen unsere Kraft weggeben, unsere Verletzlichkeit verbergen und durch halbherzige Kompromisse den Zugang zu unserer Kraft verlieren.

Wir gewinnen noch mehr Freiheit, wenn wir in Kontakt kommen mit dem weiblichen Prinzip in uns selbst und es achten lernen.  Indem wir die Trennung von „männlich“ und „weiblich“ in uns selbst überwinden, können wir einer Frau wirklich begegnen.

Wenn dann das verschlossene männliche Herz und der verschlossene weibliche Schoß sich wieder öffnen, ist der Weg frei zu einem „wilden“, einem lebendigen Frieden. Dann kommen wir auch wieder in Kontakt mit unserer Verehrung für das Weibliche, für seine Schönheit und für das Mysterium, aus dem heraus Frauen neues Leben zu gebären vermögen.

„Da Männer nie über ihren Schmerz sprechen, haben wir angenommen, dass das Leben viel besser für sie sein muss als für uns.“  (Aarom Kipnis und Elizabeth Herron, Wilder Frieden)5 

Zu diesem Weg gehört auch ein Bewusstsein kollektiver Themen, sodass wir durch bewußt begleitete Prozesse von Vergebung, Wertschätzung und Versöhnung unsere eigene Prägung durch die patriarchale Kultur und Geschichte durchschauen und loslassen können. Durch einen integralen Blick können wir hinter dem „Geschlechter-Kampf“ die Konflikte zwischen „männlich“ und „weiblich“ eher als Ausdruck verschiedener Werte-Ebenen im Laufe der menschheitlichen Bewusstseinsentwicklung begreifen  und frei werden für eine neue Liebeskultur.6

 

Erfüllende Sexualität

Eines der heißen Themen in der Männerarbeit ist die Sexualität.

Nach meiner Erfahrung bedarf es hier zwischen Männern und Frauen am meisten des Verständnisses, der Versöhnung und Heilung und der Integration. Hier finden sich die tiefsten gegenseitigen Verletzungen, Schuldzuweisungen und Vorwürfe, zugleich die tiefsten Sehnsüchte und die größten Verunsicherungen.

In der letzten Zeit habe ich immer wieder erlebt, dass Männer ihre Partnerinnen zutiefst lieben, aber am gemeinsamen Unvermögen zur wirklichen sexuellen Erfüllung verzweifeln.

Denn wirkliche sexuelle Erfüllung für einen (heterosexuellen) Mann besteht darin, voll und ganz mit seiner Sexualität von der Frau angenommen und bejaht zu werden: „Ich liebe Dich, weil Du in mir bist und ich liebe es, wie Du in mir bist“. (Christian Schumacher, in einem Beitrag über Slow Sex).7

Ich erlebe es als zutiefst sinnvoll, Männer darin zu begleiten, wieder ganz Ja sagen zu können zur Verbindung mit der Frau, die sie lieben.

Letztlich geht das über die persönliche Entwicklung hinaus, es braucht eine Kulturarbeit in der Liebe, denn die Liebe ist ein „soziales Kunstwerk“.8

 

Kompetenz und Alltagstauglichkeit

 „Es schadet nichts, wenn ich verstehe, was ich fühle!“ (Armin H. Klein)9

Besonders wichtig ist mir in der Männerarbeit, den Männern neben dem Erleben und Erfühlen dieser Erfahrungen auch ein Bewusstsein darüber mitzugeben, wie und warum  unsere Werkzeuge wirken und wie sie sich in den Alltag integrieren lassen. 

Wie und wodurch genau ist in meist so kurzer Zeit dieses Gefühl entstanden, die Welt mit einem ganz neuen wachen Blick zu sehen, mir selbst so viel näher und vertrauter zu sein?

Durch welchen Mix von Körperarbeit und Stille, Meditation und Naturerfahrung, Reflexion, Austausch und Input wurde dieses Feld erhöhter Wachheit und Vertrauens unter den Männern, das sich so „richtig“ anfühlt,  lebendig?

Die Männer lernen, wie  sie diese „Zutaten“ für mehr Bewusstheit, innere Ausrichtung und das Wirken „heller Prinzipien“ in ihrem Alltag verankern und leben können. 

Unser Ansatz ist dabei eine  „Integrale Lebenspraxis“ (nach Ken Wilber), eine bewusst ganzheitliche und zugleich enorm  alltagstaugliche Entwicklung  der körperlichen, kognitiven und spirituellen Ebene und und dazu erforderlicher Schattenarbeit.

So integrieren wir bewusst  unser archaisches und  sensitives Potential und werden für diesen Mut belohnt durch ein viel größeres Spektrum, mit dem wir Männlichkeit heute leben können. Einfühlsamkeit gehört ebenso dazu wie ein konstruktiver Umgang mit dem männlichen Aggressionspotenzial und damit mehr Entscheidungs- und Verwirklichungskraft.10

 

Männliches Potenzial zwischen Schöpferkraft und Zerstörung

Kaum ein Tag, der uns nicht konfrontiert mit den Bildern schmerzverzerrter, haßerfüllter, zu allem entschlossener Männer-Gesichter in den Nachrichten über die Kriege dieser Welt. Gerade wenn wir wieder in Kontakt mit männlicher, brüderlicher Verbundenheit gekommen sind, können wir hier nicht wegschauen.

Wie stellen wir uns als Männer zu der Gewalt, die gerade die Erde überzieht? 
Was lösen die Bilder von Krieg und Zerstörung in uns aus?
Für welche Werte bist du bereit einzustehen?
Wie können wir eine männliche Kraft verkörpern, die dem Leben dient?

Wir sind herausgefordert, uns auch dem Unerlösten, der Gewalt in uns selbst zu stellen. Mit einer klaren Absicht: wir wollen aus zerstörerischen Kräften Verbündete für die wirkliche Sehnsucht unseres Herzens machen.

 

Mehr als Selbsterfahrung

Männerzeiten sind Auszeiten für die eigene Standortbestimmung. Heilung – Klarheit –Verantwortung – Transformation: das sind die Ziele.

Männer, die in ein Wochenende, ein Jahrestraining oder einen Männerkongress investieren, wünschen sich einen doppelten Zuwachs an Kompetenz: ganzheitliche Ausbildung und Vermittlung von alltagstauglichen Werkzeugen und zugleich vielfältige Erfahrungsräume, in denen sie ihre eigene Vision und einen tieferen, erfüllenderen Zugang zu sich selbst finden. Also einen herausfordernden Raum für Selbstklärung und Besinnung, für Entscheidungen und, wo nötig, einen Neustart.

 

Die Liebe zum Mann-Sein

Heute arbeite ich in einem Netzwerk mit anderen erfahrenen Männer-Trainern für meine Vision von der „Liebe zum Mann-Sein“. Inspiration für unsere Männerarbeit wird für  uns in diesem Jahr u.a. das Bundesweite Männertreffen, der Männerkongress in Steyerberg und die weitere Vernetzung mit der integralen Männerszene sein.

Wenn Mann, frei geworden durch eine gelebte Spiritualität im Alltag und gestärkt durch das im Männerkreis entwickelte Selbstbewusstsein, seine Ziele mit Herzkraft verbindet, dann findet er Erfüllung in seinem Leben.

Diese Erfahrung wünsche ich allen Männern.

 

(1) Ken Wilber, Integrale Vision, Kösel 2009 
(2) Robert Bly, Eisenhans
(3) Die Heldenreise des Mannes Ein Entwicklungsweg über die 7 archetypischen Aspekte der Seele, von Walter G.Mauckner
(4) und (5) Aarom Kipnis und Elizabeth Herron, Wilder Frieden, Campus Verlag Frankfurt 1995
(6) vgl. Die Liebe zum Mann-Sein – Spurensuche einer neuen Männlichkeit“, Tattva Viveka Nr. 60, von Sharan Thomas Gärtner, www.tattva.de
(7)  Christian Schumacher, „Slow Sex. Erfahrungen und Gedanken eines Mannes“, Tattva Viveka Nr.60, www.tattva.de
(8) Kulturarbeit in der Liebe ist ein Forschungsschwerpunkt der ZEGG-Gemeinschaft nahe Berlin, in der ich seit 2001 lebe: www.zegg.de; http://www.zegg.de/de/zegg-gemeinschaft/liebe-undbeziehungen. html
(9) vgl.www.Potential-Mann.de
(10) vgl. Forschungsgruppe Integrales Mann-Sein, zusammen mit Christian Bliss, www.männlichkeit-erwacht.de und: °„Das Vier-Quadranten-Modell in der Männerarbeit – Ein inhaltlicher Kompass für eine allumfassende männliche Entwicklung“  von Christian Bliss, www.männlichkeit-erwacht.de, ° „Männlichkeit: Archaisch – Sensitiv – Integral“, Tattva Viveka Nr. 60, von Christian Bliss, www.tattva.de

Männer-Links

Männertrainings Sharan Thomas Gärtner www.liebe-zum-mannsein.de
Integrales Männertraining www.männlichkeit-erwacht.de
Bundesweites Männertreffen www.maennertreffen.info
Männerkongress Steyerberg 2015 www.maenner-kongress.de
Kongress MännerLeben www.maennerleben.com
Internationales Männersymposium Frankfurt www.men-maenner.net
Dachverband Männerarbeit www.bundesforum-maenner.de

Erstveröffentlichung: www.tattva.de

Termine: HIER

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