Das Klarträumen ist Objekt der wissenschaftlichen Untersuchung.. Aber eigentlich ist es eine alte spirituelle Technik. Schon im alten Tibet wurde es als Technik angewandt, um tiefe spirituelle und meditative Verwirklichung zu erlangen. Die Tibeter nennen es das Traumyoga.

Glauben Sie an das Schicksal? Ich nicht. Mir missfällt der Gedanke, mein Leben nicht unter Kontrolle zu haben.
Vielleicht denken Sie jetzt: „Ich weiß ganz genau, was du meinst.“?
Ich will Ihnen sagen, warum ich diesen Artikel schreibe. Ich schreibe ihn, weil ich etwas weiß. Etwas, das ich nicht erklären kann. Ich fühle es. Ich fühle, dass mit der Welt etwas nicht stimmt. Ich weiß nicht was, aber es ist da. Wie ein Splitter in meinem Kopf, der mich verrückt macht. Dieses Gefühl hat mich hier hergeführt. Wissen Sie, von was ich spreche?

Das ist ein leicht abgewandelter Dialog aus dem weltberühmten Film „Die Matrix.“ Morpheus und Neo unterhalten sich und Neo ist kurz davor, tief in den Kaninchenbau hinabzusteigen.

Warum konnte Neo der Held aus dem Film „Die Matrix“ seine Umwelt verändern? Weil er erkannte, dass sie eine Illusion ist.

Beim Klarträumen – oder auch luzides Träumen genannt – ist es genauso. Man erkennt, dass man träumt. Durch das Erkennen des Traums bekommen wir die Macht. Aber wie Neo müssen wir diese Kraft kennenlernen und sie ist nicht unendlich.

Dr. Daniel Erlacher, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sportwissenschaften, schreibt zum Thema luzides Träumen in seinem Buch „Anleitung zum Klarträumen“:
„Aber auch im Klartraum ist die Kontrolle nicht allumfassend. Wenn ich den Traum kontrolliere, wer macht dann das Gras grün und den Himmel blau? Wer kreiert die neue Traumszene, wenn wir um die Ecke gehen oder durch eine Wand fliegen? Haben Sie die neue Traumszene erschaffen? Der Traum behält seine eigene Dynamik und Gesetzmäßigkeiten.“

In seinem Buch „Übung der Nacht: Tibetische Meditationen in Schlaf und Traum“ berichtet Tenzin Wangyal Rinpoche: „Traum-Yoga ist eine in Tibet seit alter Zeit bekannte meditative Praxis. Der Praktizierende versucht dabei, auch während der Nacht bewusst zu bleiben, um auf die eigenen Träume Einfluss zu nehmen. Traum-Yoga führt zu hoher Bewusstheit und Gelassenheit und unterstützt die spirituelle Entwicklung. Es hilft u. a. bei der Bewältigung von Stress oder Versagensängsten und bringt uns der Erleuchtung näher.“

Aus Sicht des tibetischen Buddhismus ist das Klarträumen also eine meditative Praxis.
Im Klartraum können wir durch Bewusstheit Einsicht und tiefes Verstehen erlangen und Erfahrungen machen, von denen die alten Meister berichten.

Durch das Klarträumen kann man das ganze Potenzial der Träume nutzen. Denn wenn ich schon während des Träumens weiß, dass ich träume, dann stehen mir alle Möglichkeiten offen, etwas über mich zu lernen. Ich kann das Unbewusste als Quelle der Kreativität anzapfen, Meditationstechniken verfeinern oder meditative Bewegungsablaufe perfektionieren. Wir arbeiten auf intensivster Art und Weise auf der geistigen Ebene. Auf der Ebene des Unterbewussten und Unbewussten. Diese Arbeit wirkt sich auf unser Wachbewusstsein aus. Das ist eine wissenschaftliche These, die seriös untersucht wird und die ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Unsere Traumwelt entsteht in Abhängigkeit von unserer Wachwelt, das ist wissenschaftlich nachgewiesen. Dinge, die uns im Wachleben beschäftigen, kommen gehäuft im Traum vor. Aber das ist keine Einbahnstraße. Die Traumwelt wirkt auch auf unsere Wachwelt, auf unser Wachbewusstsein.

Wie können wir das Klarträumen als westliche Menschen im Alltag nutzen, um glücklicher und entspannter zu leben?

Dr. Martin Dresler vom Max Planck Institut in München hat es folgender Maßen ausgedrückt.
„Durch den luziden Traum können kreative Prozesse induziert und verstärkt werden.
Im Traum kann das kreative Produkt als Ganzes gefunden werden. Es kann aber auch das Ausgangsmaterial erträumt werden, welches dann im Wachbewusstsein weiter ausgearbeitet und verfeinert wird.“
Ganz konkret; als Maler hat man die Möglichkeit in Traumgalerien nach neuen Motiven zu suchen. Als Schriftsteller kann man nach neuen Themen in Traumbüchereien forschen. Ich kann das Buch aufschlagen und den Text lesen. Als Musiker kann ich Radiosender nach neuen Melodien durchsuchen. Das Unbewusste wird uns Material zeigen, das perfekt zu uns passt. Bei psychischen Problemen wie Ängsten oder Depressionen kann ich das Unbewusste anrufen und meine Fragen stellen. Die kreativen Möglichkeiten werden unendlich.

Der Traum steht uns als unerschöpfliche Quelle außergewöhnlicher Ideen und Assoziationen zur Verfügung. Wir können Probleme lösen, Ängste überwinden oder mystische Erfahrungen machen. Um dieses Potenzial zu nutzen, muss man seine Träume steuern können. Ansonsten bleibt man auf den Zufall angewiesen. Beim luziden Träumen haben wir volle Entscheidungsfreiheit und sind uns vollkommen bewusst, dass wir träumen. Durch das volle Bewusstsein gewinne ich Macht über mein Tun und über mich selbst. Ich habe eine direkte Verbindung zur Quelle. Einen Weg, um mehr über mich selbst zu lernen und um kreativer und glücklicher zu leben.

Haben Sie die Traumwelt jemals genau betrachtet? Bestaunt, wie makellos und schön sie ist? Milliarden Menschen träumen einfach vor sich ihn und haben keine Ahnung.
Dummerweise ist es schwer zu erklären, was ein Klartraum ist. Jeder muss ihn selbst erleben.
Das Klarträumen lernt man nicht von heute auf morgen. Es braucht Geduld, strukturiertes Vorgehen und eine feste Absicht. Der Vorteil des Klarträumens ist, dass man es mit jeder anderen spirituellen Technik kombinieren kann. Die meisten Übungen nehmen keine Zeit in Anspruch, weil wir es nachts tun und weil wir sie in den Alltagsablauf integrieren.

Bei der Auswahl an Techniken kann es ein Problem sein, sich für eine Technik zu entscheiden und dabei zu bleiben, bis die ersten Erfolge eintreten. Auch kann es sinnvoll sein, im späteren Lernprozess verschiedene Techniken zu kombinieren. Aber welche sind die Wirksamsten? Ein Traumcoach kann dabei helfen, das ganze Potenzial des Klarträumens zugänglich zu machen. Er kann Orientierung und Struktur bieten, bei Hindernissen helfen und dabei unterstützen, die Motivation frisch zu halten.

Rico Hufe

Fotos: Rico Hufe

Über den Autor

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beschäftigt sich seit 1998 mit dem bewussten Träumen. 2005 erlernte er die buddhistische Praxis der Achtsamkeitsmeditation, die dem bewussten Träumen sehr zuträglich ist. 2009 machte er in Potsdam eine Ausbildung zum ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter. Hauptberuflich arbeitet er in Potsdam und Berlin als selbstständiger Malermeister. Er bietet Seminare und Workshops zum Erlernen des luziden Träumen an. „Das Klarträumen ist ein Wahrnehmungsexperiment, das unser kreatives Schaffen und unseren spirituellen Alltag auf eine ganz neue und intensive Art bereichern kann.“