Im Laufe unseres Lebens haben wir vielfältige Verluste zu bewältigen. Das sind zum Beispiel Trennungen, Umzüge, Arbeitsplatzverlust und der Tod von nahestehenden Menschen. Alle diese Verluste erfordern Trauer-Arbeit.

Trauer und alles, was damit zusammenhängt, ist in unserer Gesellschaft noch immer mit einem starken Tabu belegt. Sehr ungern wollen wir uns damit auseinander setzen. Wir erfahren so wenig darüber, was mit unserem Körper, unserem Geist und mit unserer Seele geschieht, wenn wir trauern. Sterben und Tod finden meist fern von unserem Alltag statt und wenn es uns persönlich betrifft, dann sind wir meistens hilflos und überfordert. Angst machen uns die starken Gefühle. Angst macht es uns, aus der „Normalität“ so heraus katapultiert zu sein.

Viel Unsicherheit besteht im Umgang mit trauernden Menschen. Freunde und Bekannte ziehen sich lieber zurück, weil sie dem trauernden Menschen nicht zu nahe treten und nichts „Falsches“ sagen wollen. Doch gerade in einer solchen Zeit wäre es sehr hilfreich, Menschen an der Seite zu haben, die sich nicht scheuen mit uns über den Verlust zu sprechen. Trauer ist keine „Krankheit“, sie gehört zu unserem Menschsein dazu und wir können sie bewältigen.
Manche Trauerprozesse sind sehr langwierig. Besonders schwere und plötzliche Verluste, Trennungen in der frühen Kindheit oder Traumata können einen normalen Trauerprozess sehr erschweren. Hier kann professionelle Hilfe nötig sein.

„Mami, dort oben ist ein Regenbogen. Auf dem ist die Omi langgegangen, mitten in den Himmel hinein.“

Ist es für Kinder leichter den Tod von geliebten Menschen zu akzeptieren? Woher nehmen sie die Hoffnung und die Freude zum Weiterleben? Kinder scheinen noch vielmehr verbunden zu sein. Sie leben in der Einheit mit Allem und akzeptieren ihre Lebensumstände so wie sie sind. Dazu gehört auch das Annehmen unserer Sterblichkeit.
Auch wir Erwachsenen verspüren oft diese Sehnsucht nach Glauben und Vertrauen. Tief in uns allen liegt der Same der Hoffnung auf ein Leben nach dem Leben hier. Für jeden Menschen sieht diese Hoffnung anders aus. Die einen glauben, dass ihre Seele nach dem Tod in den Himmel steigt, auf immer vereint mit den Menschen, die sie hier liebten. Andere glauben, dass sie als Tier, Pflanze oder auch als Mensch wiedergeboren werden. Viele glauben, dass Engel ihnen helfen den Weg ins Licht zu finden…

Ich begleite schon seit vielen Jahren sterbende und trauernde Menschen und ich habe das Gefühl, dass Sterben, Tod und Trauer langsam aber stetig aus der Tabu-Zone heraus treten. Immer mehr Menschen wagen es, offen über ihre Trauer und ihren Schmerz, aber auch über ihre Hoffnung zu sprechen. An vielen Orten entstehen Selbsthilfegruppen, die Raum bieten, sich mit anderen auszutauschen. Zu mir kommen immer mehr Menschen, die eine tiefe spirituelle Arbeit wünschen und nicht nur ein Beheben von Symptomen.
Vielleicht haben wir von den Kindern gelernt – haben ihnen abgeschaut, wie sie ihre Gefühle zulassen, wie aktiv und kreativ sie Abschied nehmen von geliebten Dingen und Menschen. Vielleicht schaffen wir es immer mehr, den Kindern und uns selbst keine Steine mehr in den Weg zu legen, um authentisch und voll tiefer Gefühle Trauer zu leben und um dann den Regenbogen der Hoffnung zu erblicken.

Nun ist es auch in der Wissenschaft angekommen, dass es kaum heilsam sein kann, von einem trauernden Menschen zu erwarten, die Bindung zum Verstorbenen zu kappen und rigoros Loslassen zu praktizieren. Die neuesten Erkenntnisse der Trauerforschung plädieren längst für fortgesetzte Bindungen. Ja, es ist eine der Traueraufgaben, nach einem Verlust seinen Platz im Leben neu zu definieren und in den verschiedensten Systemen wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Dabei ist es aber selbstverständlich möglich, den verstorbenen Menschen einen neuen Platz zu geben, ohne sie zu vergessen oder zu verleugnen.
Welches Aufatmen geschieht oft, wenn ich dem trauernden Menschen sage: „Es ist ok, dass Sie ihre Frau weiter lieben – in Ihrem Herzen ist doch Platz für viele Menschen und die Liebe ist ja nicht gestorben.“ Erleichtert sind sie auch, wenn sie hören, dass viele Menschen weiter mit ihren Verstorbenen sprechen. Nein, wir sind nicht verrückt, wenn wir das tun – es ist ganz natürlich. Fragen Sie einmal die Kinder dazu!
Es ist nicht leicht mit unseren Verlusten zu leben. Es tut weh, verunsichert und die Zeit ist es wohl nicht, die unsere Wunden heilt. Oft fehlen uns auch einfach Handlungsoptionen und Vorbilder. Wir lernen so viel in unserer verkopften Gesellschaft, aber wer lehrt die jungen und älteren Männer, dass es heilsam ist zu weinen? Lebens-Not-wendende Dinge wie Trauerbewältigung und der Umgang mit dem Tod, die kommen in Kindergarten, Schule und Berufsausbildung fast nicht vor.
Gut, dass immer mehr Frauen und Männer es wagen ihre persönliche Geschichte zu veröffentlichen. Sie geben damit auch anderen die Möglichkeit sich VOR ganz eigener Betroffenheit damit auseinander zu setzen, dass irgendwann ein geliebter Mensch sterben wird. Sehr beeindruckt hat mich vor einiger Zeit das Buch von Barbara Pachl-Eberhart: „vier minus drei – Wie ich nach dem Verlust meiner Familie zu einem neuen Leben fand“. Sie hat vielleicht das Schlimmste erlebt, das wir uns vorstellen können. Ihre gesamte Familie starb bei einem Autounfall. Dennoch empfinde ich ihren authentischen Erfahrungsbericht als ein Plädoyer für das LEBEN und ich bin froh, von ihr lernen zu dürfen.

Gut, dass wir die schwierigen Zeiten unseres Lebens nicht allein meistern müssen. Die stärkste Unterstützung bietet meist unsere Familie. Vielleicht haben wir aber kein stützendes Familiensystem, oder unsere Freunde und Angehörige sind eine zeitlang überfordert. Dann gibt es andere Hilfsmöglichkeiten und es ist keine Schwäche, sondern zeugt von innerer Stärke, diese auch anzunehmen. Vielfach haben wir gelernt zu geben, aber es fällt uns sehr schwer anzunehmen. Geben und Nehmen sollte in unserem Leben ein Gleichgewicht bilden – das hilft uns auch, in unserer Mitte zu sein.

Kliniken, Hospize und Therapeuten bieten Einzelbegleitungen zur Trauerbewältigung an. Manche Trauerprozesse sind sehr langwierig. Besonders schwere und plötzliche Verluste, Trennungen in der frühen Kindheit oder Traumata können einen normalen Trauerprozess sehr erschweren. Hier kann professionelle Hilfe nötig sein.

Oft empfinden betroffene Menschen es aber auch als sehr hilfreich, sich mit Menschen auszutauschen, die Ähnliches erlebt haben. Die Selbsthilfegruppen machen ihrem Namen alle Ehre – sie bieten Hilfe zur Selbst-Hilfe. Hier fühlen sich die Betroffenen verstanden ohne viele Worte. Sie bereichern sich gegenseitig durch das Teilen ihrer Erfahrungen, geben sich emotionale Stärke und auch ganz praktische Anregungen.

Schreiten wir also Schritt für Schritt durch unsere Trauer hindurch – eine andere Möglichkeit haben wir nicht, wollen wir wieder zu einem lebenswerten und frohen Leben gelangen. Unsere Verluste gehören selbstverständlich dazu und wenn wir sie lassen, dann sind sie große Lehrmeister! Verdrängte, nicht gelebte Trauer macht uns an anderen Stellen Beschwerden. Konzentrationsstörungen, fehlende Energie und Lebensfreude, misslingende Beziehungen können die Folge sein und es kann sogar zu massiven körperlichen Leiden führen.

Constanze Contudo

Bilder: Carolin, 15 J. , Josephin, 19 J., Matthea, 10 J.

 

Über den Autor

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Mutter von 3 erwachsenen Kindern, Heilpraktikerin für Psychotherapie. 
Sie bietet ganzheitliche Gesundheitsberatung in ihrer Praxis in Potsdam an. 
Termine für die regelmäßigen Vorträge über Wasser und Filtersysteme hier: 
www.Wassertankstelle-Potsdam.de

 

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Die Schwerpunkte ihrer therapeutischen Arbeit sind Krisen-, Trennungs-, Trauerbegleitung und Traumatherapie. Sie begleitet Menschen auch in der Zeit des Sterbens und Abschieds. Eine Hauptmaxime ihrer Tätigkeit ist das starke Vertrauen in die Selbstheilungskräfte jedes Menschen. Zur Stärkung dieser Kräfte arbeitet sie oft mit spirituell-energetischen Methoden (z.B. Healing Touch und Reiki), mit Hypnose und mit Reinkarnationstherapie. Ihr ganzheitlicher Ansatz beinhaltet auch Entspannungsmassagen und körperorientierte Traumatherapie.