Pferde sind mehr als Mädchen-Schwärmerei oder „Sportgeräte“. Sie können uns helfen, die eingefahrenen Muster des Alltags zu verlassen und uns selbst bewusster wahrzunehmen. Gerade für gestresste Zeitgenossen bieten sie eine wunderbare Möglichkeit, sich zu erden und den eigenen Körper und die Verbindung zur Natur wieder zu spüren.

Sanft werden wir von einer Pferdenase begrüßt. Eines der Jungpferde hat sich von der Herde entfernt und ist neugierig auf uns zugekommen. Mit lang ausgestrecktem Hals versucht es Kontakt aufzunehmen – und das Kennenlernen läuft bei Pferden über die Nüstern. „Die ist ja ganz weich ..“, „Wie mutig und neugierig sie ist“ sind die ersten Kommentare bei dieser Begegnung von Mensch und Pferd.

Wir stehen mitten auf der Weide und in einiger Entfernung grast die Pferdeherde. Ab und zu schaut eines der Pferde zu uns herüber, lässt sich aber nicht aus der Ruhe bringen und grast friedlich weiter.

Die Pferdeherde als Ruhepol

Oft gehe ich mit einer Gruppe von Menschen auf die Weide, um die Pferdeherde in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten. Meist legt sich das Reden, je näher wir den Pferden kommen. Eine stille Faszination umhüllt die Herde und erfasst die Menschen in ihrer Nähe: die sattgrüne Weide, die grasenden Pferde, ab und zu das Zwitschern eines Vogels … die Stadt, andere Menschen und der Alltag sind weit weg. Manchmal liegen auch einige Pferde und verbreiten eine besondere Ruhe und Geborgenheit. Die Menschen tauchen ganz selbstverständlich in die Stimmung der Herde ein. Einige Teilnehmer folgen ihrem Impuls und setzen sich ins Gras, um die Pferde zu beobachten.
„Einfach mal abschalten und nur hier sein, das tut so gut“ sagt Erika, und ich habe fast ein schlechtes Gewissen, dass ich gleich einige Übungen mit den Pferden und Menschen vorgesehen habe.

Pferde kennen kein „Müssen“ und „Wollen“

Was haben Pferde an sich, dass sie so wohltuend und beruhigend auf uns wirken? Warum können wir bei Ihnen entspannen und uns in ihrer Gegenwart selbst wieder etwas Ruhe gönnen? Die Antwort ist einfach: Pferde SIND einfach. Kein „Müssen“ und „Tun“, sondern einfach So-SEIN. Pferde kennen keine Erwartungen und Verpflichtungen. Sie leben immer im Augenblick und machen das, was ihnen gerade in den Sinn kommt. Laufen, Spielen, Fressen, Ruhen, einer Gefahr ausweichen … All ihre Handlungen haben einen direkten Bezug zu ihrer momentanen Stimmung. Sie folgen ihren Impulsen und leben im Einklang mit der Natur.

Das ist ganz anders, als wir es aus unserem geschäftigen Alltag gewohnt sind. Bei uns zählen Taten und Leistungen. Wir sind mit unseren Gedanken bei Plänen und Zielen und verpassen darüber oft die Schönheit des Hier und Jetzt. Deshalb ist die Zeit mit Pferden wie eine Erlaubnis, selbst einmal abzuschalten und einfach „nur“ den Moment zu genießen.

Das Geschenk des Angenommen-Seins

Beim näheren Kontakt mit Pferden kommt eine weitere Erkenntnis: Pferde kennen keine Manipulation. Bei ihnen stimmen Absicht und Verhalten immer überein. Sie zeigen jederzeit, wie es ihnen geht und was sie von uns halten. Das macht das Erleben mit ihnen so unmittelbar und ehrlich. Mit ihrer feinen Wahrnehmung spüren sie auch genau, ob wir gerade freudig oder angespannt, aufgeregt oder unsicher sind. Niemand braucht sich zu verstellen, jeder kann ganz „ich selbst“ sein. Pferde nehmen jeden Menschen bewertungsfrei an – egal ob Hausfrau, Manager oder Tellerwäscher. Einzig das authentische Verhalten zählt. Und darauf reagieren Pferde klar und direkt, aber immer wertfrei.

Lass deinen Körper sprechen

Die Kommunikation mit Pferden läuft über den Körper – und Pferde sind von Natur aus wahre Meister der Körpersprache. Schon kleinste Signale bemerken sie und reagieren darauf. Selbst die Körperbewegungen, die uns unbewusst sind, sind für Pferde wichtige Informationen. Eine Unsicherheit mit strammer Haltung überspielen? Das funktioniert mit Pferden nicht! Hektische Bewegungen? Damit können wir aus einem ruhigen Pferd ein „Dynamitfass“ machen. Zaghafte Signale? Die Pferde nehmen uns nicht ernst und gehen ihren eigenen Weg …
Pferde durchschauen jede Fassade. Sie zeigen uns wie ein Spiegel, wenn unser Körper etwas anderes sagt als wir sagen wollen. Pferde fordern uns auf, unseren eigenen Körper bewusst wahrzunehmen und uns mit gezielten und klaren Signalen auszudrücken. Deshalb lassen sich auch selbstsicheres Auftreten und klare Kommunikation wunderbar mit Pferden trainieren.

Pläne und Erwartungen loslassen

Der bewusste Kontakt mit Pferden hilft, unser „Gedankenkarussell“ abzuschalten und ganz im Moment anzukommen. Einfach nur wahrnehmen und auf die inneren Impulse lauschen. Durch ihre Verbindung mit der Natur lassen Pferde uns die Geborgenheit spüren, selbst Teil von etwas Größerem zu sein. Das sind wichtige Momente des Innehaltens, die wir uns im Trubel des Alltags nicht gönnen. Oft entsteht aus dieser Ruhe und Offenheit dann ein Impuls für die nächste Handlung oder Entscheidung.

Qualitäts-Zeit mit Pferden

Eines meiner berührendsten Erlebnisse mit Pferden geschah ganz unspektakulär auf der Weide – nach einem Workshop, als eigentlich schon Aufbruchstimmung war. Ich hatte zwei Stunden Zeit vor meiner Abreise und wollte in der Sonne spazierengehen. Wie üblich dachte ich an Bewegen und die Gegend erkunden. In meinem Kopf gab es schon Bilder vom Blick über die Felder, der Aussicht vom Hochsitz und den Pferden auf der Weide am Dorfrand. Einfach ruhig irgendwo hinsetzen wäre mir nie in den Sinn gekommen. So ging ich zielstrebig quer über die Pferdeweide hinunter zum Weg. Die vier Pferde des Hofes grasten friedlich und beachteten mich nicht weiter.

Bei den Büschen am Ende der Weide hatte ich plötzlich das Gefühl, dass dieser Platz sehr schön zum Verweilen wäre. Die Sonne schien auf das Gras und die Büsche boten eine geschützte Ecke. Ich war unschlüssig, ob ich bleiben oder weiterlaufen sollte. Schließlich hatte ich ja „einen Plan“! Da konnte ich doch nicht einfach an der erstbesten Stelle bleiben und die Zeit vertun!

Verstand gegen Gefühl … Pferde haben feine „Antennen“

Während ich da stand und mit mir rang, ob ich bleiben oder gehen sollte, kam Duke, das schwarze Pony, von der anderen Seite der Weide auf direktem Weg zu mir. Kurz vor mir blieb er stehen. Mit seinem Maul stupste er mich mehrmals an, so als ob er sagen wollte „na los, setz dich doch endlich.“ Ich fand das lustig, wenn auch etwas verwirrend und dachte mir „na gut, einen kurzen Moment“. Ich hatte eine Decke dabei, breitete sie aus und setzte mich darauf. Duke schien das zu gefallen, denn er stellte sich ganz dicht neben mich. Sein Vorderbein berührte fast meine Schulter. Ich streichelte seinen Hals und lehnte mich vorsichtig an ihn. Er stand ganz ruhig da.

Der inneren Stimme vertrauen

So dicht neben einem Pferd zu sitzen ist nicht ungefährlich – ein kurzer Schreckmoment oder falscher Tritt kann zu ernsten Verletzungen durch die Pferdehufe führen. Doch irgendetwas sagte mir, dass das hier ok ist und ich Duke vertrauen kann. Seine Nüstern berührten mein Gesicht, er „untersuchte“ meine Haare und legte seinen Kopf kurz auf meine Schulter. Es war eine ganz leichte und sanfte Kontaktaufnahme, kein aufdringliches Kneifen oder Knabbern des sonst recht frechen Ponys. Duke genoss ganz offensichtlich den Kontakt. Er döste neben mir mit halb geschlossenen Augen, sein Kopf ganz dicht an meinem.

Verbundenheit im Augenblick

So standen wir eine Weile nebeneinander – genau genommen FAST EINE GANZE STUNDE LANG! Es war wie eine Meditation. Ganz im Moment sein, nichts tun, sondern nur die Sonne im Gesicht zu spüren und gemeinsam zu atmen. Was für ein magischer Augenblick! Kein Gedanke mehr an Spazierengehen und die „Gegend erkunden“, einfach nur RUHE im Hier und Jetzt.

Zwischendurch ging Duke einmal kurz weg – „hinter die Büsche“ – und kam dann schnurstracks wieder zu mir. Ich war fasziniert über die Direktheit und Offenheit dieses Ponys und konnte es kaum glauben. Die drei anderen Pferde grasten auf der Weide und er hatte sich – ganz ohne mein aktives Zutun – entschieden, nicht zu fressen sondern einfach so bei mir zu sein! Womit hatte ich dieses wunderbare Geschenk verdient?

Im Nachhinein glaube ich, dass dieser „magische Moment“ mit Duke möglich war, als ich meinen Plan losgelassen habe und endlich ganz im Augenblick und in meinem Körper angenommen bin. Da, wo die Pferde ganz selbstverständlich sind. Und auf uns warten.

Tipp: Nehmen Sie sich doch einmal Zeit, eine Pferdeherde in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten und ohne Erwartungen im Moment zu sein. Lassen Sie sich von der Stimmung verzaubern und nehmen Sie dieses Bild der Ruhe und Gelassenheit mit in Ihren Alltag.

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