von Dorothée Grotmann

Die Qualität der Beziehung zu uns selbst spiegelt sich in allen Bereichen unseres Lebens; besonders in unserer Partnerschaft kann sich zeigen, wie sehr wir uns lieben. Denn Verständnis, Achtung und Wertschätzung für uns selbst sind die Basis für die Wahrnehmung, Einschätzung und Bewertung unserer Erfahrungen in Begegnungen. Achtsamkeit und Selbstfürsorge sind kostbare Begleiter auf unserem Weg der Liebe, auf unserem Weg zu uns selbst.

 

Selbstliebe: in inniger Beziehung zu uns selbst sein

Vielen von uns ist es mittlerweile möglich oder fast selbstverständlich, überzeugt zu sagen: „Ja, ich liebe mich.“ Gleichzeitig scheint das wirkliche Leben von Selbstliebe und Selbstfürsorge oft schwer zu fallen. Im Alltag bleibt häufig wenig Raum für die wahrhaftige, spürbare Umsetzung. Wann haben wir zuletzt wirklich gut für uns gesorgt, wann zuletzt bewusst Stille und Alleinsein gesucht, um uns wirklich nah zu sein, uns wahrzunehmen, uns zu spüren, in uns zu lauschen, unsere innere Wahrheit zu hören?

Können wir uns wirklich mit allem, was uns ausmacht annehmen? Oder kämpft noch ein Teil von uns gegen uns selbst, weil wir Aspekte von uns nicht akzeptieren sondern verdrängen, auf andere projektieren und dort ablehnen? Gibt es trotz der bewussten, ernst gemeinten Entscheidung, uns zu lieben ein subtiles „Nein“, in Form von Enttäuschung oder Verurteilung, wenn wir den Ansprüchen an uns nicht gerecht werden? Leben wir ein wirkliches „Ja“ zu uns?

Selbstliebe meint die bewusste Annahme all dessen, was zu uns gehört; freudvolle, schöne, aber auch schmerzhafte, schwere Seiten und Gefühle als zu uns gehörig zuzulassen und zu spüren. Alle Aspekte erhalten ihre Berechtigung und bekommen Raum in uns. Erst wenn wir unsere abgelehnten Schwächen und verdrängten Empfindungen sehen, fühlen und annehmen, können wir sie transformieren.

Die Kraft der Selbstliebe, zeigt sich besonders wertvoll in Momenten, in welchen wir uns durch die Außenwelt in unserem Selbstwert nicht wertschätzend gespiegelt fühlen. Natürlich ist es ein Segen, wenn wir uns im liebevollen Bick eines Gegenübers wahrgenommen und gesehen fühlen dürfen. Da wir als Menschen immer auch ein sicheres Gefühl von Zugehörigkeit brauchen, darf uns die Erfüllung des Wunsches nach ehrlicher  Anerkennung auch selbstverständlich wichtig bleiben. Gleichzeitig werden wir, wenn wir unsere Schwächen kennen und uns auch in schweren Stunden annehmen, selbst halten und liebevoll wertschätzen und aufmerksam bei uns bleiben können, freier und unabhängiger. Die Verantwortung für die Erfüllung eigener Wünsche und Bedürfnisse zu übernehmen und selbst in Klarheit für das einzutreten, was uns wichtig ist, entlastet die Beziehungen zu anderen Menschen von der Definition und Stabilisierung unseres Selbstwertes durch sie.

 

Bedeutung von Berührung

Als Babys erfahren wir die Liebe unserer Eltern über ihren strahlenden, freudvollen Blick, die Wärme im Klang ihrer Stimmen, wenn sie sich an uns wenden und über die Achtsamkeit der Verbindung, wenn sie unseren Körper berühren, uns halten. Im Spiegel des Verhaltens unserer Eltern haben wir unsere Bedeutung erlebt und unseren Selbstwert entwickelt.

Die Erfüllung des seelischen Grundbedürfnisses nach verlässlicher Bindung, Geborgenheit und  Zugehörigkeit über die Erfahrung von liebevollem Körperkontakt ist Voraussetzung für die Entwicklung eines stabilen Selbstwertes und von gesundem Bindungs- und Beziehungs-verhalten.

 

Inneres Kind

In vielen von uns wirkt eine große Verunsicherung, eine alte Angst vor Ablehnung; eine Furcht, die meist in unsere Kindheitstage zurückreicht und hier ihren Ursprung hat. Diese Angst bildet den Hintergrund der mangelnden Verbindung mit uns selbst. Aufgrund der Erfahrung von Ablehnung, Zurückweisung und mangelnder oder an Bedingungen gebundener Liebe, aber auch der Einschränkung unserer Autonomiebedürfnisse, und des Erlebens, nicht wir selbst sein zu dürfen, haben sich in unseren Kinderseelen Glaubenssätze gebildet, die es uns bis heute erschweren, unser wahres Selbst zu leben.

Bei dem therapeutischen Ansatz, uns unserem „inneren Kind“ liebevoll anzunähern, seine Ängste wahr und ernst zu nehmen, stehen das kleine Mädchen, der kleine Junge in uns als Bilder für Verletzungen, die wir in der Kindheit erfahren haben, und die uns noch immer als „wunde Punkte“, Dünnhäutigkeit, besondere Empfindlichkeit, fragiles Selbstwertgefühl und Verwundbarkeit begleiten.

Wenn es uns als Erwachsenen gelingt, das „innere Kind“ in uns zu fühlen, zu beruhigen, es sich sicher, gesehen, richtig und geliebt fühlen zu lassen, fällt es uns meist leichter, in Situationen, die uns bisher schnell unangemessen gekränkt haben, gelassener, klarer und in tiefer Selbstliebe zu bleiben.

Unterstützend zu Meditationen und Visualisierungen zur Heilung des „inneren Kindes“ können sanfte Berührungen dabei helfen, uns auch auf diesem Weg mit einem Teil unseres Selbst liebevoll zu verbinden.

 

Rendezvous mit uns selbst

Liebevolle Begegnung über eigene achtsame Berührung kann ein Weg zu uns sein, eine Möglichkeit, Selbstannahme und Selbstliebe zu erfahren und zu leben, das Gefühl für die eigene Lebendigkeit, innere Ruhe, Entspanntheit, das Spüren des eigenen Selbst und die Verbundenheit mit uns zu vertiefen.

So können Zartheit, Langsamkeit, Leichtigkeit und Sanftheit die für unsere Berührungen kennzeichnend sein dürfen, nach und nach in unseren Alltag einfließen, und zu einem Bestandteil des täglichen Umgehens mit uns selbst werden.  

Zu Beginn kann es ungewohnt sein, uns auf so zarte Weise zu begegnen. Dennoch können wir diese Nähe als Einladung verstehen, über sanfte Zuwendung unserer Seele, unserem Selbst Aufmerksamkeit zu schenken, und uns immer mehr in unserem Wesen zu erkennen, und wertzuschätzen; innezuhalten, uns aufzurichten, unseren Körper, uns, bewusst zu fühlen und anzunehmen; uns mit uns selbst wohl zu fühlen und in unserem Körper ganz Zuhause zu sein.

Wir dürfen Achtsamkeit und Selbstliebe als eine Lebenseinstellung wählen. Eine wertschätzende Haltung uns selbst gegenüber bildet die Basis für innige, wahrhaftige Nähe und heilt so die Begegnungen mit unseren Mitmenschen, unseren Familien, unseren Liebsten und ist in allen unseren Lebensbereichen lichtvoll wirksam.

 

Lavara – „Lymphdrainage“
Balsam für Körper und Seele
Dorothée Grotmann
BOD-Edition
ISBN: 978-3744838207
Rezension: hier

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