Anlage in Prenzlau nutzt überschüssige Windenergie

von Britta Wagner

Windkraft ist nachhaltig, aber unberechenbar: Bei Flaute wird zu wenig Strom produziert, bei Sturm zu viel. Eine Lösung: Hybridkraftwerke. In Brandenburg geht heute das weltweit erste Kraftwerk in Betrieb, das Wasserstoff, Wind und Biogas kombiniert.

Drei Windturbinen erzeugen im brandenburgischen Prenzlau künftig Strom für bis zu 9.000 Haushalte. Doch nicht nur das, ein Teil der Energie wird zur Herstellung von Wasserstoff genutzt: Ein so genannter Elektrolyseur spaltet Wasser dazu in seine Bestandteile auf. Der Wasserstoff kann dann zum einen als Treibstoff an speziellen Tankstellen in Berlin genutzt werden. Das Energieunternehmen Enertrag wird damit zum ersten Lieferanten von regenerativ, also CO2-frei erzeugtem Wasserstoff, sagt Enertrag-Vorstand Werner Diwald. Auch am neuen Großflughafen soll eine Tankstelle entstehen, zunächst für den Verkehr am Boden. Diwald hält auch Wasserstoff-Flugzeuge in den nächsten 20 Jahren für möglich.

Das neue Hybridkraftwerk sei zwar klein, aber als industrielle Anlage ausgelegt, sagt Werner Diwald. „Wir wollten auch den Umgang mit den Behörden lernen – also das, was wir für eine große Anlage brauchen.“ In den Gesamtkosten von 21 Millionen Euro stecken Fördermittel von Land und Bund.

Reserve für die Flaute

Der Wasserstoff kann nicht nur als Treibstoff genutzt werden. Wenn bei Flaute wenig Windenergie zur Verfügung steht, gleichzeitig aber eine hohe Nachfrage besteht, kommt das integrierte Blockheizkraftwerk zum Einsatz: Darin kann der Wasserstoff im Mix mit Biogas wieder zu Strom und Wärme umgewandelt werden. Damit wird die Windkraft berechenbar – oder, wie die Experten sagen, „grundlastfähig“.Bisher sorgte der unzuverlässige Wind nämlich für eine Verschwendung: Weht er zu stark, droht eine Netz-Überlastung – dann müssen Windanlagen abgeschaltet werden, weil das bei Atom- oder Kohlekraftwerken nicht geht. Nach Angaben der Bundesnetzagentur gingen so im vergangenen Jahr 127 Gigawattstunden regenerativ erzeugter Strom verloren – laut der Energiegenossenschaft „Greenpeace Energy“ hätte das mehr als 30.000 Haushalte für ein Jahr versorgen können. Durch die Umwandlung von Strom zu Wasserstoff und zurück zu Strom gebe es natürlich Verluste – aber das sei immer noch besser als Wegwerfen.

Eine wirklich grüne Gasversorgung

Ab Sommer 2012 soll der Wasserstoff aus dem Hybridkraftwerk zudem direkt in das vorhandene Erdgas-Netz eingespeist werden. „Die Uckermark ist mit Gasleitungen gesegnet“, sagt Diwald. Ein möglicher Kunde ist „Greenpeace Energy“, das bis vor kurzem auf ein nachhaltiges Gasangebot verzichtet hatte. Die Begründung: Biogas konkurriere mit dem Lebensmittel-Anbau, und die heutige Produktion fördere Monokulturen wie Mais und die Massentierhaltung.Sprecherin Kirsten Brodde hält „Wind-Gas“ wie das aus Prenzlau deswegen für die bessere Idee. Seit Oktober gibt es einen entsprechenden Gas-Tarif mit einem kleinen Aufschlag. Die derzeit rund 4.000 Kunden werden im Moment noch mit normalem Erdgas beliefert, ab 2012 soll das neue Gas beigemischt werden. Laut Brodde gibt es dafür bereits Gespräche mit Enertrag, man wolle aber künftig auch eigene Anlagen bauen.
Auch Sonnenenergie besser nutzen

Über den Umweg Erdgasnetz lässt sich überschüssige Energie aus verschiedenen regenerativen Quellen speichern: „Solargas wird aus Süddeutschland kommen, wo es Sonnenüberschuss gibt, Windgas aus Norddeutschland“, meint Brodde. Weil das Erdgasnetz nicht unbeschränkt Wasserstoff aufnehmen kann, denkt die Wissenschaft bereits weiter: Forscher arbeiten derzeit daran, ihn weiter zu erdgasgleichem Methan umzuwandeln.

Im Sommer hat auch die Gesetzgebung reagiert. Ab 2012 wird das sogenannte „Speichergas“ gleichrangig wie Biogas behandelt. Dann dürfte dann auch in Prenzlau der Alltag eingekehrt sein, wenn die üblichen technischen Abnahmen erledigt sind. Das dauert etwa zwei Monate.

Quelle: wwww.heute.de
Foto: www.windkraft-journal.de

 

 

 

Foto: Petra Borg – pixelio