von Mia Soleia

Alles steht Kopf 

Es wurde mir eine Frage gestellt. Eine Frage, die bei mir alles auf den Kopf stellte. Die Frage: „Wozu brauchst du die langen und die roten Haare?“. Ich habe drei Wochen täglich darüber nachgedacht und mich gefragt: „Ja, wozu brauche ich die?“. Ich sah, dass ich an diese Haare mein Wert koppelte. Wertvoll bin ich, wenn ich lange Haare habe. Wenn ich gesunde Haare habe. Wenn die Haare eine schöne Farbe haben. Wenn ich mit ihnen einen Mann beeindrucken kann. Auf der gleichen Seite kannte ich seit Jahren den tiefen Wunsch das alles zu beenden und sie einfach komplett abzuschneiden. Ich bin diesem Wunsch jedoch nie gefolgt. Meine Angst vor Ablehnung war zu groß. All das schmerzte. Und wo Schmerz war, musste sich eine Lüge verstecken. Also entschied ich mich dafür diesen Schmerz anzusehen. Ich ging in die Überprüfung des Gedankens: „Ich brauche die Haare, um wertvoll zu sein.“. 

 

Der Schmerz 

Ich bin im Gedanken: „Ich brauche die Haare, um wertvoll zu sein.“ und halte diesen für wahr. Ich kann jedoch nicht wirklich wissen, ob dieser Gedanke wahr ist. Im Gedanken kommt Trauer in mir auf. Sie sitzt im Brustkorb als Schwere und in meinem Hals bildet sich ein Kloß. Ich kann sehen, dass ich aufgrund des Gedankens unbedingt an meinen Haaren festhalten möchte. Sie sollen bleiben und ich klammere mich panisch an ihnen fest. Das sehe ich daran, dass ich meinem Wunsch, sie abzuschneiden nie gefolgt bin. Im Gedanken: „Ich brauche die Haare, um wertvoll zu sein.“, muss ich meine Haare andauernd verändern – sie färben, waschen und frisieren. Dabei vergesse ich den Kontakt zu anderen. Ich meine, sie sollen mich als Objekt sehen. In meinem Denken ist der Zweifel: „Bin ich schön für dich?“. Der Selbstkontakt ist bereits in dieser Frage tot. Ich beziehe mich auf Jemanden im Außen und beschränke mich auf die Hülle, die ich mir einbilde zu sein. Für mich ist der Gedanke schmerzlich, feindlich und auch selbstverletzend. Es gibt keinen friedlichen Grund, diesen Gedanken zu behalten. Es könnte einen Grund geben, diesen Gedanken loszulassen… 

 

Der Frieden 

Ohne den Gedanken „Ich brauche die Haare, um wertvoll zu sein.“ Bin ich präsent und im Selbstkontakt. Ich bin da. Ein Lächeln bildet sich in meinem Gesicht. Weite strömt aus mir. Die Wahrheit fällt mir wie Schuppen von den Augen. Natürlich! Ich kann mit den Menschen sprechen, die mir begegnen, egal wie die Haare aussehen! Ich bin dann nicht bedürftig nach Jemandem, der mir meinen Wert bestätigt. Ich muss die Haare nicht färben. Es ist egal, ob sie gewaschen oder frisiert sind. Ich bin im Bewusstsein, dass ich nicht diese Hülle, also dieser Körper bin und dass mein Wert bereits vollkommen gegeben ist. ES ist mehr als das. Plötzlich ist der Selbstkontakt hergestellt. Die Hände legen sich auf das Herz. Hier ist Frieden da. Die Umkehr des Gedankens ist: „Ich brauche die Haare nicht, um wertvoll zu sein.“ Der Körper ist befreit von Schwere und dem Kloß im Hals. Weite ist da und ES scheint kein Anfang und kein Ende zu haben. Es ist so viel friedlicher und entspannter in der Umkehr und so kommen noch weitere: „Ich bin wertvoll.“ „Ich bin nicht der Körper, ich bin die glücklich strahlende Präsenz.“ Alles klingt nach. 

Die Entscheidung 

In dieser Überprüfung wurde erfahren, dass Schmerz im Gedanken ist: „Ich brauche die Haare, um wertvoll zu sein.“. In der Umkehrung ist Frieden und Leichtigkeit und vor allem: Wahrheit. Wie kam ich auf die Lüge, der Wert sei von den Haaren abhängig? ES kann darüber lachen. ES nimmt die Maschine heraus, die die Haare abschneiden kann. Der Impuls ist da. ES braucht die Haare nicht, für den Wert. Im Kontakt sagt ES: „Ich bin nicht der Körper, ich bin die glücklich strahlende Präsenz.“ und schneidet das Haar ab. Der Herzschlag ist hoch. Da ist Freude und Neugierde auf diese neue Erfahrung. Strähne für Strähne landet auf dem Boden. Es dauert lange bis die langen Haare ab sind und wo ES nicht herankommt, ist Hilfe da. Jede Strähne ist pure Freude. Die Augen sehen durch sich hindurch und ES kann spüren: „Ich bin die glücklich strahlende Präsenz.“. 

 

Über den Autor

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… ist seit zwei Jahren mit der Umkehrarbeit der Bewusstseinsschule geistreich-sein vertraut. Online als auch vor Ort in Seddin auf dem Umkehrplatz wird sie immer wieder daran erinnert, dass es keine Trennung gibt und all Eins ist. Die 22jährige lebt in Berlin in einer Wohngemeinschaft und studiert Sozialpädagogik. Die Freude im Herzen und ein Lächeln auf den Lippen sind stets da.

Kontakt
Website der Geistreich Bewusstseinsschule: https://geistreich-sein.de
mia@geistreich-sein.de


Eine Antwort

  1. uweanton
    Unabhängigkeit

    Es berührt mich zutiefst, wie ehrlich du dich diesem Thema gestellt hast und wie nachvollziehbar du darüber berichtest. Dass ein bestimmter Gedanke über dich und die anderen dich soweit von dir weg führt ist ja großartig den Schmerz darin zu erkennen. Und wie und wodurch es dann zur Auflösung, zur Entspannung kommt, ist so
    offenkundig einfach, das es mich verblüfft. Ich bin sehr dankbar, dass du hier mitteilst, wie leicht es ist, für den inneren Frieden zu sorgen.

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