Ein Bericht von Karin Karina Gerlach

Nach eigenen Angaben wendet Marschall Rosenberg die von ihm entwickelte gewaltfreie Kommunikation in Krisengebieten mit Erfolg an. Angesichts der Störung zwischen zwei Menschen oder Gruppen kann uns die einfache Satzführung der Ich-Botschaft aus den kriegerischen verbalen oder körperlichen Auseinandersetzungen befreien und in ein friedliches Miteinander führen.

Vier intelligente, gewaltfreie Sätze
Eine einfache Satzführung dient der Selbst-Einfühlung und der Einfühlung in andere: Beschreibung der Situation (ohne zu bewerten), Offenlegung des dazugehörigen Gefühls, Offenlegung des Bedürfnisses und einer Bitte, die eine friedliche Kommunikation einleitet, weil sie nicht auf die Erfüllung eines Bedürfnisses ausgerichtet ist. So wird der zwischenmenschliche Kontakt auf eine friedliche Ebene gerückt. In dieser gradlinigen Ausrichtung lernen wir die Tiefe unserer selbst kennen und wir teilen uns in Demut anderen mit. Es erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass das Bedürfnis durch den anderen erfüllt wird, weil diese Bereitschaft in uns allen angelegt ist. Wenn die Erfüllung jedoch nicht geschieht, wird der kindliche Krieg um die persönliche Bedürfniserfüllung oft in die GfK hineingetragen und macht sie genau dadurch unwirksam. Doch exakt an diesem wunderbaren Punkt der Nichterfüllung ist es möglich den friedlichen Weg der Kommunikation zu vollenden und zwar in sich selbst. Es ist Zeit erwachsen zu werden und die eigene bedingungslos glückliche Natur zu erkennen, die hier und jetzt existiert. Es ist Zeit in Liebe zu erwachen.

Der Beginn des Friedens
Die einfache Satzführung ist in erster Linie eine Führung zu sich selbst. Deshalb nenne ich die GfK auch einen Umkehrkurs nach innen, in die Tiefe der Natur des Seins. Die Bitte an den anderen enthält die Bereitwilligkeit der Offenheit für sein Verhalten. Dieser friedvolle Wille kann den Einzelnen aus seiner schmerzlich festgefahrenen Einstellung und damit aus seinem kindlichen Trotz herauslösen. Durch Mitgefühl entwickeln sich neue Möglichkeiten des Zusammenseins.
In der Ausrichtung nach innen verzichten wir auf die normalerweise spontanen Strategien, mit denen wir die oft unbewussten Bedürfnisse zu befriedigen versuchen. Mit anderen Worten, die Waffen fallen. Das ist das einfachste und schwierigste zugleich. Doch durch diese Haltung (Halt, Stopp) wird der innere Kontakt zu sich selbst hergestellt. Der Zustand der Liebe, des Friedens und der Freiheit, in dem sich der bewusste Mensch befindet, kann erwachen und wirksam werden. Aus Leiden, das sich manchmal auch als Mit-Leid äußert, wird Mitgefühl (Verständnis). Aus Krieg (Ablehnung, Hass) wird Frieden, immer dann, wenn die Waffe der Hoffnung auf Erfüllung nicht eingesetzt wird. Die Kraft der ungetrübten Lebensfreude ist eine sehr kreative Kraft. Sie ist in uns allen angelegt. Beim unbewussten Kinder-Menschen ist sie jedoch unter den auf Bedürfnis-befriedigung ausgerichteten kriegerischen Emotionen verborgen.

Voraussetzungen für das Erwachen (Erwachsen-sein)
Erwachen geschieht, wenn der Wunsch nach wahrhaftigem inneren Kontakt größer ist als der kindliche Wunsch nach Bedürfnisbefriedigung. Dazu ist das Wissen hilfreich, ja sogar not-wendig, dass Bedürfnisse in der Kindheit geprägte Glaubenssätze sind.

Die Wende: Konflikt ist gut
Die Wege zur Erfüllung persönlicher Bedürfnisse kollidieren oft miteinander. Das ist, wie es sein soll. Die Aufgabe der unterschiedlichen, kindlich geprägten Sichtweisen und der automatisch daran gekoppelte schmerzliche Krieg ist, dass wir zusammenrücken, in Kontakt kommen. Diese Grund-Haltung der konsequenten Bejahung eines Konflikts, dann, wenn er auftritt, drückt die tiefe Bereitwilligkeit für Frieden aus. Dieser Wille ist die Haltung des Erwachsenen.

Das Stoppsignal (Halt!)
Jede noch so kleine Störung der Befindlichkeit ist die Friedensglocke, das Stoppsignal für den kindlichen Bedürfnis-Krieg. Sie ist der Hinweis, dass es Zeit für die Umkehr in den Frieden ist. Es ist Zeit für Freiheit. Wird das nicht beachtet, baut sich die Störung zu einer größeren emotionalen Ladung auf, so dass wir die Glocke hören können. Das ist das Wunder der Schöpfungskraft, die Liebe ist und die in allem gesehen werden will. Den Krieg zu beenden und die Liebe in sich zu erkennen, ist einfach, wenn wir wissen, wie wir die Aufmerksamkeit nach innen lenken können.

Das Geheimnis der menschlichen Emotion
Die von Angst-Aggression besetzte Emotion ist das Echo eines in der Kindheit eingeprägten Glaubenssatzes, der die alles umfassende Sicht beschränkt. Ist er nicht als Illusion erkannt, besitzt er einen selbstzerstörerischen Charakter. Der emotional geladene Kindermensch, der sich an der Oberfläche seines Lebens befindet, ist seinen kriegerischen Strategien, die auf Bedürfnisbefriedigung ausgerichtet sind, ausgeliefert. Wird die Emotion jedoch als Stoppsignal beachtet und der zu ihr gehörende Glaubenssatz ins Bewusstsein gerückt, öffnet sich die Sicht. Seine durch Beschränktheit zerstörerische Kraft ist verflogen. So gesehen ist die Störung willkommen, weil sie dem Bewusstsein der inneren Weite dient, in der sich Liebe offenbart. Danke. In diesem Fall ist der Frieden unerschütterlich. Bedingungslos.

Heilige Disziplin – Das Wesentliche
Unter Beachtung dieser Disziplin setzen wir uns in Ruhe an den „Tisch des Friedens“ und wenn der andere dazu nicht bereit, nicht in der Nähe oder vielleicht schon gestorben ist, tun wir es allein. Für Frieden braucht es nur einen, dem diese Disziplin wichtig ist. Der disziplinierte Mensch lenkt sich nicht von seiner Störung ab. Er sucht nicht nach Schuldigen, geht Menschen, die ihn in seiner Befindlichkeit stören, nicht aus dem Weg, sucht nicht nach anderen, die ihm seine Bedürfnisse befriedigen. Er betäubt sich nicht. Er stoppt all diese Wege, lenkt seine Aufmerksamkeit nach innen und übernimmt die Verantwortung für seine Befindlichkeit. Der Krieg ist beendet, wenn wir das Geheimnis der Störung in uns selbst erkennen. Selbst-Verantwortung ist der Schlüssel für ein friedliches und glückliches Leben. Sie ist eine Eigenschaft des bewussten Menschen.

Wolfssprache
Den vom Kindermenschen gewählten Weg der emotionalen Strategie der Bedürfnisbefriedigung nennt Rosenberg die Wolfssprache, was auf ein konditioniertes, auf sich selbst bezogenes, egoistisches Verhalten hinweisen soll. Das unbewusste menschliche Wesen ist durch die Anhaftung an nicht überprüften Glaubenssätzen in seinem Verhalten unfrei, weil von einer angst-aggressiven Automatik gesteuert, in der der Kontakt zur Wirklichkeit, die Liebe ist, fehlt. Sie äußert sich als Wut, Ärger, Trauer, Unruhe, Depression, Verletztsein bis hin zu körperlicher Gewalt.

Die Umkehr in die Giraffensprache
Der von Rosenberg gewählte Begriff der Giraffensprache soll auf die erweiterte Sicht, die einem erwachsenen Wesen entspricht, hinweisen. Wer sich der Satzführung der GfK anvertraut, öffnet sich nach innen. Von Mitgefühl getragen, bewegt er sich in Richtung Frieden und Freiheit durch bewusstes Sein. Wahre Lebensfreude ist unabhängig von Bedürfnisbefriedigung oder Wunsch-Erfüllung. Wie das im Einzelfall aussieht, das kann niemand wissen, bevor er sich nicht selbst bewusst öffnet.

Die Vollendung des Friedens
Die An-Erkennung, dass unerfüllte Bedürfnisse Glaubenssätze sind und der Wille sie zu überprüfen, dann, wenn sie schmerzhaft sind, vollendet den Frieden in sich selbst.

 

Der innere Frieden ist die Voraussetzung für die Verwirklichung des Friedens
in Partnerschaft, Gemeinschaft, Gesellschaft, in der Welt.

Foto: wikimedia

Autoren Info


Karin Karina Gerlach

steht als Schülerin im Dienst des großen, unbegreiflichen Eins-Seins. Im Umkehrkurs begleitet sie Menschen, die für eine ich-lose Liebesbeziehung zu sich selbst bereit sind.

Karin Karina Gerlach 14554 Seddiner See 033205-45037
ger.lach@gmx.de

www.umkehrkurs.de