Das Frühjahr kommt, und damit auch die Zeit, wo es auf den Feldern in Brandenburg losgeht mit der Aussaat und auf den Höfen werden schon fleißig Jungpflanzen vorgezogen. Das ist eine gute Zeit, sich einem CSA-Projekt anzuschließen!  Einem was, bitte?

Was ist CSA?
In den letzten Jahren sind zahlreiche gemeinschaftsbasierter Landwirtschafts-Projekte entstanden, auf englisch „Community Supported Agriculture“, kurz CSA. Das Konzept ist auch bekannt als „solidarische Landwirtschaft“ oder „Versorgungsgemeinschaft“. In einem solchen Projekt schließen sich LandwirtInnen mit einer festen Gruppe von VerbraucherInnen aus der Stadt zusammen, um mit ihnen gemeinsam Obst, Gemüse und andere landwirtschaftliche Produkte herzustellen. Die VerbraucherInnen zahlen einen monatlichen Festbetrag an den Hof und helfen bei der anfallenden Arbeit auf dem Hof mit. Sie ermöglichen dem Hof so eine gewisse Unabhängigkeit vom Markt und verhindern Überproduktion und lange Transportwege. Der Hof liefert saisonales, erntefrisches Bio-Obst und Gemüse in Abholstellen in der Stadt, wo man sich die Sachen einmal wöchentlich abholen kann. Die Menge des gelieferten Gemüses hängt zum einen davon ab, wie der Hof/ die Gemeinschaft kalkuliert hat, aber auch davon, wie die jeweilige Ernte ausfällt. Man kauft hier keine feste Menge an Gemüse, sondern einen „Ernteanteil“.

„Diese Möhre hab ich lieb“
Bei ihren Arbeitseinsätzen auf dem Hof bekommen die VerbraucherInnen Einblick ins landwirtschaftliche Geschehen. So wird ein ganz direkter Bezug zu den LandwirtInnen, dem Herstellungsort und natürlich so auch zum eigenen Essen hergestellt. Hier gibt es noch „richtiges“ Gemüse: krumme Gurken, Tomaten in allen Farben des Regenbogens, auch die Kartoffel ist mal lila, und jede Möhre hat eine gewisse liebenswerte Individualität. CSA bietet auch eine schöne Gelegenheit, neue Sorten und Rezepte kennenzulernen, und damit zu experimentieren: wie schmeckt zum Beispiel eigentlich Topinambur auf Pizza? Dass regionales, saisonales Gemüse angeliefert wird ist erst mal etwas ungewohnt. Statt Brokkoli aus Italien liegt plötzlich Rosenkohl in der Küche, und der dafür reichlich. So ergibt sich quasi von selbst die Beschäftigung mit neuen (oder eigentlich alten) Formen des Verarbeitens und Haltbarmachens.

Selbstorganisation und Gemeinschaft
In einer CSA haben die beteiligten VerbraucherInnen mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten, was auf dem Hof passieren soll – im Gegensatz zum normalen Supermarktalltag. Es gibt Treffen mit den LandwirtInnen und eigene Vorschläge können eingebracht werden. Was machbar ist, oder auch nicht, wird mit dem Hof und den VerbraucherInnen gemeinsam abgestimmt. Was für Gemüse soll angebaut werden? Wie soll es weiter verarbeitet werden? Wird es gewaschen und sortiert, oder machen wir das zu Hause selbst? Den Supermarkt oder Bioladen ersetzt in der Regel ein selbstorganisierter Abholraum, das kann zB ein Keller sein, oder auch der Hinterraum eines Cafes oder Vereinsraumes. Es ist der jeweiligen Abholgruppe selbst überlassen, wie dann der Raum organisiert und gestaltet wird, ob man sich dort zB auch treffen, gemeinsam kochen, und eine nette Zeit mit den andern Mitgliedern der Gemeinschaft verbringen kann und mag. Es erfordert ein bisschen Zeit und Engagement, sich in der Stadt als Abholgruppe selbst zu organisieren. Viele konkrete Fragen suchen nach einer Lösung. Zum Beispiel: Wie lange öffnen wir den Raum? Oder, was machen wir, wenn jemand sein Essen nicht abgeholt hat mit den Überresten? Für Menschen, denen Bio nicht reicht und die einen wirklichen Bezug zum eigenen Essen, der damit verbundenen Arbeit und den Menschen, die es herstellen, bekommen möchten, für die ist CSA genau das richtige. Für Menschen, die einfach nur „richtig Bio“ wollen, aber nicht bereit sind, selbst diesen Wandel mit anzupacken für die vielleicht eher nicht. Das soll jetzt aber niemanden abschrecken: Für Leute die ernsthaftes Interesse an dem Thema haben, aber zB durch Beruf und Familie stark eingebunden sind, für die finden sich vielleicht doch auch Lösungen, die sich für alle Beteiligten gut anfühlen. Schließlich geht es in der CSA in allererster Linie um ein solidarisches Miteinander.

Gartenjahr 2013
Momentan sind viele Höfe auf der Suche nach AbnehmerInnen, die Lust haben sich dieses Jahr in ein solches Projekt einzubringen. Die einzelnen Projekte unterscheiden sich, was das angebotene Sortiment, die Menge der angelieferten Nahrungsmittel, den Monatsbeitrag und die Anzahl der Arbeitseinsätze, sowie auch die Anzahl der VerbraucherInnen und die Kommunikations- und Organisationsstrukturen betrifft. Was dagegen alle CSA-Projekte gemeinsam haben, ist der solidarische Ansatz. Wenn ihr also zum Beispiel viel Zeit und wenig Geld habt, oder wenig Zeit und mehr Geld, lasst euch nicht von den vorgeschlagenen Beiträgen und Arbeitszeiten abschrecken, sondern sprecht die GärtnerInnen trotzdem an. Vielleicht findet sich im Dialog ein anderer Weg den Hof zu unterstützen.

Zum Beispiel „Löwengarten“
Die größte Versorgungsgemeinschaft Berlins mit mehreren hundert Mitgliedern wurde durch den Hofwechsel von Simon, der die Gemeinschaft aufgebaut hatte, aber dann seinen Hof aufgeben musste, zum Hof der Staudenmüllers ordentlich durchgeschüttelt. Viele Menschen, die Simons Hof und Strukturen gewohnt waren, konnten sich mit dem Wechsel zum neuen Hof und neuen Strukturen nicht anfreunden und sind auf der Suche nach einem neuen Hof, der eher ihren gewohnten Ideen und Abläufen entspricht. Das macht dieses Jahr vielleicht Platz bei Staudenmüllers für Menschen, die besser zu ihnen passen. Die Beiträge liegen derzeit bei etwa 50 Euro, über die aktuelle gewünschte Anzahl der Arbeitseinsätze ist der Autorin nichts bekannt. Erfahrungsgemäß gibt es auf diesem Hof etwas weniger Mitgestaltungsmöglichkeiten als auf anderen, dafür haben Staudenmüllers langjährige Erfahrungen als demeter-LandwirtInnen und ein üppiges Sortiment. Eine Besonderheit von Staudenmüllers CSA ist, dass geplant ist neben Obst und Gemüse auch Tierprodukte ins Sortiment zu nehmen. Es gibt derzeit 10 verschiedene Abholgruppen.
Mehr Infos gibt es hier: land-und-leute.de

Zum Beispiel „Apfelsternwarte“
Simon, der die „Löwengarten“-Gemeinschaft ursprünglich aufgebaut hatte, ist derweil schon mit neuen Projekten zugange. Hier ein CSA-Projekt für alle Liebhaber von Äpfeln und Apfelsaft. Für etwa 20 Euro im Monat bekommt ihr hier Äpfel soweit das Auge reicht und den wohl leckersten Apfelsaft der Welt.
www.apfelsternwarte.de

Zum Beispiel „Drachengarten“
Der „Drachengarten“ ist das Folgeprojekt des „Mühlengartens“, der letztes Jahr die Grundlagen für eine CSA auf dem Gelände der Gemeinschaft „alte Mühle Gömnigk“ gelegt hat, zB ein Gewächshaus und Arbeitsmaterial gekauft hat. Die GärtnerInnen-Gruppe des letzten Jahres hat sich aufgelöst, und eine neue Gruppe gebildet. Niemand hier hat bisher viel Erfahrung mit Landwirtschaft im so großen Stil, aber viel Motivation es zu lernen ist vorhanden. Die Versorgungsgemeinschaft ist mit etwa 50 geplanten Mitgliedern eher klein, und auch das Sortiment nicht so breit gefächert wie anderswo. Die Beiträge sind bei etwa 50 Euro im Monat, Arbeitseinsätze sind mit mindestens 3 Tagen im Jahr angedacht. Es gibt viel Raum zum Lernen und Mitgestalten, und bestimmt auch dieses Jahr viel an Aufbauarbeit zu tun. Es gab letztes Jahr nur eine Abholstelle, es dürfen aber dieses Jahr gerne auch mehr werden.
www.altemuehlegoemnigk.de

Zum Beispiel „wilde Gärtnerei“
Roberto ist kein gelernter Landwirt, aber sympathischer Autodidakt mit langjähriger Erfahrung in der Landwirtschaft und Selbstversorgung. Die CSA seiner Hofgemeinschaft besteht seit letztem Jahr und hat aus dem letzten Jahr viele Erfahrungen und Konzepte zur Verbesserung der Struktur mitgenommen. Die Größe der Gemeinschaft spielt im Mittelfeld, es wird mit etwa 70 bis 135 Mitgliedern für dieses Jahr gerechnet. Die Abholstellen bilden recht überschaubare Bezugsgruppen, so dass alle Beteiligten gut eingebunden werden können. Neben Obst und Gemüse sind auch Produkte wie der leckere selbstgemachte Apfelsaft im Sortiment. Ein Ernteanteil ist geplant als das, was eine Person an Gemüse zur 80% bis Vollversorgung braucht. Diese Menge kostet 65-75 Euro pro Monat, je nachdem wie viele TeilnehmerInnen sich finden. Erwartet werden 6 Arbeitseinsätze (je 1 Tag) pro Jahr. Natürlich kann man sich die Beiträge und Arbeitseinsätze auch als Gruppe, zB WG oder Familie, mit Anderen teilen. Zum Einstieg gibt einen Probetag auf dem Hof, und in Folge einen Probemonat. Wenn es dann für beide Seiten passt, dann unterschreibt man einen Vertrag bis zum Ende der Gartensaison.
Mehr Info wildegartnerei.blogspot.de

Weitere csa-Projekte um Berlin sind zB
Speisegut: speisegut.blogger.de und auf facebook: „Speisegut“
oder der Vierfelderhof www.vierfelderhof.de (dort war Anfang des Jahres eine CSA geplant, aber von der haben wir nichts mehr gehört. Trotzdem mal fragen, kann nicht schaden)

Und noch mehr Infos:
Mehr Informationen und Adressen, auch für andere Bundesländer und Städte,
sowie aktuelle Anzeigen und Gesuche findet ihr auch unter solidarische-landwirtschaft.org

Anja Neuber

Fotos:

Die Autorin:
Anja war ein Jahr lang im „Löwengarten“ bei Simon, wechselte dann Anfang 2012 zum „Mühlengarten“ und hat sich Anfang dieses Jahres wieder nach einer Alternative umgeschaut, weil noch nicht klar war, ob es in diesem Projekt weitergeht. So war sie auf diversen Infoveranstaltungen und sprach mit vielen Menschen über verschiedene CSA-Projekte. Dabei stellte sie fest dass es Sinn machen würde, für alle diese Projekte die Werbetrommel zu rühren und neue Menschen für die Idee CSA zu begeistern, so dass alle bestehenden Projekte gut durch die neue Saison kommen.