„Die ‚Matrix‘ ist allgegenwärtig.“ Sie ist das, was wir weitläufig als „Gesellschaft“ subsumieren, als das System, in das wir hineingeboren wurden. Doch die „Matrix“ findet sich auch in uns selbst. Sie ist das, was wir als unser Familiensystem bezeichnen können. Wir sind Kinder von Eltern, die ihrerseits Kinder von Eltern sind, und auch diese sind Kinder von Eltern. Wir übernehmen Muster, Lebensweisen, Energien, Ansichten, Handlungsstrategien. Wir verinnerlichen, was unsere frühsten Bezugspersonen über uns gesagt, gedacht und wie sie uns bewertet haben. Was diese über uns dachten und gesagt haben, ist jedoch lediglich Spiegel dafür, was diese Menschen über sich selbst dachten. Wir aber waren zu klein und konnten nichts anders tun, als ihre Werte und Ansichten zu unseren zu machen. Introjekte entstanden. Die anderen leben in uns weiter.

Wer aber sind wir ohne diese Introjekte. Wer bin wirklich ich? Wer bist Du? Ohne die Mäntel von Mama und Papa, Großmüttern und Großvätern, die sich auf Dich legen, die Du Dir nimmst, ohne Dir dessen bewusst zu sein? Wer kommt zum Vorschein, wenn Du „nackt“ bist, Dein Versteck verlässt, aus der Komfortzone heraustrittst?

 

anja_kroschky-lebensfreudeVon Resignation …

Liebe, Freude, Schönheit und Präsenz haben einen Gegenspieler: die Resignation – dies ist mein Begriff für die Matrix.
Die Resignation ist eine sehr kraftvolle Energie. Bereits beim bloßen Schreiben darüber konnte ich ihre Macht spüren: Wenngleich das Schreiben für einen Moment ganz gut ging, war ich im nächsten Moment wieder ganz verkrampft. Kaum ein Satz floss von Anfang bis Ende, geschweige denn, dass ein flüssiger Text wie von selbst entstand, wie ich es sonst vom Schreiben kenne. Allein für diese wenigen Zeilen habe ich eine Stunde gebraucht. Zwischendrin habe ich Löcher in den Laptop gestarrt, meine Haare gedreht, mir etwas zu Trinken gemacht, die Heizung höher gestellt, mir eine Decke geholt, die Tür zu gemacht, mein Sitzkissen ausgetauscht, eine Kerze angemacht, einen halben Satz geschrieben, wieder die Haare gedreht – und zunächst weinend aufgegeben.

Die Resignation ist weit verbreitet. Sie äußert sich in Phänomenen wie dem Gefühl von Geldmangel, Freudlosigkeit, Nachlässigkeit, Energie- und Antriebslosigkeit sowie Kontaktarmut. Viele Menschen befinden sich in diesen Energiezuständen, doch nur wenige leiden darunter. Dies hat einen einfachen Grund. Die Resignation ist uns derart bekannt, gewohnt und ans Herz gewachsen, dass wir sie nicht als eine Grundschwingung in uns wahrnehmen.
Keinesfalls ist es so, dass es jenseits der Resignation keinerlei Probleme mehr gibt. Doch diese wandeln sich: Dramatisches wird zu Herausforderndem. Und Herausforderungen sind handhabbar.

Jeder Schritt auf diesem Weg ist ein Schritt zu dir, zu deinem Strahlen, zu deinem Lachen, zu deiner Schönheit.

 

Schritte aus der Resignation

Wie immer geht es zunächst um die Frage: Wie sehr bist du gerade in der Resignation? Zu dreißig Prozent? Zur Hälfte? Zu zwei Dritteln?

‚Stell dich hin, beide Füße fest auf dem Boden. Es gibt nichts zu tun.
Nimm wahr, dass du da bist. Nimm deine Füße wahr, wie sie auf dem Boden stehen.
Nimm deinen Atem wahr, wie er dich atmet.
Spürst du, wie deine Lebendigkeit durch dich fließt?
Kannst du es genießen, einfach dazustehen?
Kommen dir Gedanken? Schreibst du innerlich einen Einkaufszettel? Planst du Erledigungen? Organisierst du deine nächsten Termine?
Wie sehr bist du gerade da?
Wie sehr kannst du dich gerade selbst genießen?
Teste nun, wie sehr du in der Resignation bist. Nimm genau wahr, wie du dich darin fühlst.
Und nun mache einen großen Schritt, nimm all deine mentalen Kräfte zusammen und beschließe, aus der Resignation herauszutreten. Denk an etwas, dass dir richtig viel Freude bereitet, das einen inneren Jubel in dir auslöst. Beschließe, Dich maßlos zu freuen. Mach so viele Schritte, bis die resignative Energie in dir auf ein Drittel geschrumpft ist. Gern darf es weniger sein.
Wie fühlst du dich? Wie ist es, wenn du so, wie du bist, einfach da sein und dich genießen darfst? Wenn du ganz in deiner Kraft bist?
Spüre die Energie an diesem Punkt.
Und spüre auch, wie sich vielleicht nach und nach die Resignation wieder einschleicht. Deine eigene Kraft zu halten, braucht gerade am Anfang viel Konzentration und Aufmerksamkeit.‘

Die Theorie ist denkbar einfach: War ich zu einem Drittel in der Resignation, hatte ich sie im Griff. War ich zu zwei Dritteln darin versunken, hatte sie mich im Griff. Richtig spannend war es, wenn ich „nur“ zur Hälfte darin war. Dann hatte ich eine Situation, in der deutlich wurde, dass ich mich entscheiden konnte. In der ich die an mir zerrende Gewohnheit spürte. Zugleich aber öffnete sich mir an dieser Stelle die Möglichkeit, mich in jedem Moment für etwas anderes, für eine neue Haltung zu entscheiden.

Nach und nach bekam ich ein Gefühl für die Resignationsschleife, in der ich mich bewegte. Von nun an brauchte es Konsequenz. Es brauchte, dass ich mich immer wieder mit mir selbst konfrontierte – und mich auch konfrontieren lies. Vor allem aber brauchte es Sanftheit mit mir selbst, wenn ich – zumindest in den ersten Tagen – gerade aus dem Sumpf herausgeklettert, im nächsten Moment wieder im Resignationssumpf verschwand.

Immer häufiger wechselte ich nun meine Haltung. Voller Freude spürte ich die Unterschiede zwischen der Resignation und meiner Lebendigkeit in ihren farbigen Facetten. Einmal mehr merkte ich, wie viel es mir bedeutete, mein Leben tatsächlich selbst zu gestalten. Mein Lebensgeist hellte sich merklich auf. Immer wieder fand ich mich in Momenten, in denen ich nichts anderes sagen konnte als: „Das Leben ist einfach schön. Herausfordernd und schön.“

 

… zur Lebensfreude

anja_kroschky_julien_christ_pixelioklGlückliche Menschen sind immer fröhlich. Und fröhliche Menschen sind immer glücklich. So dachte ich mir das. Offensichtlich gab es in mir ein Denken, dass Menschen in zwei Gruppen klassifizierte: Jene, die immer fröhlich und glücklich sind sowie jene, die es eben nicht sind.
Während ich die Resignation und mich selbst darin immer besser kennenlernte, beschloss ich, eine Verpflichtung mit mir selbst einzugehen:

‚Ich verpflichte mich dazu, mich mit allen Konsequenzen nur noch an der Freude zu orientieren.‘

Dem zugrunde lag die Erkenntnis, dass Menschen keinesfalls immer fröhlich und voller Lebensfreude sind. Vielmehr kann ich mich in jedem Moment entscheiden, in welcher Haltung ich durchs Leben gehen will. Ob ich in der Freude bin oder in der Resignation, liegt ganz bei mir. Mich freudvoll durchs Leben zu bewegen, heißt nicht, dass es nun keine Probleme mehr gibt. Nach wie vor habe ich Themen, die es zu bewältigen gilt, Muster und Glaubenssätze, in denen ich mich verirre, die vielen großen und kleinen Herausforderungen, die das Leben oft so spannend machen. Bei alle dem frage ich mich nun: Welcher ist der Weg der Freude?

Erste Resonanzen folgten prompt. Menschen, denen ich begegnete, lächelten mir zu. Auf der Straße, in der Bahn, überall. Menschen grüßten mich, waren dann verblüfft, weil wir uns gar nicht kannten.

Was aber bedeutete es, mich „mit allen Konsequenzen“ an der Freude zu orientieren? Ein Gespräch mit einem resignierten Gegenüber beenden? Alle Brücken abbrechen? Schnell kam die Erkenntnis, dass ich keine prinzipiellen Entscheidungen treffen muss. So, wie ich mich von Moment zu Moment für die Freude entscheide, kann ich mich auch in jedem Moment für eine Strategie entscheiden, um mir selbst treu zu bleiben. Was manchmal leicht ist und manchmal äußerst schwierig. Denn mir selbst treu zu bleiben, beinhaltet auch, meinem Gegenüber mitzuteilen, wenn mich etwas langweilt oder ich kein Interesse an unlebendigen Geschichten habe. Es bedeutet, ein jedes „ich sollte“ danach zu hinterfragen, ob ich es wirklich will. Es bedeutet, mich in den Mittelpunkt meines Lebens zu stellen. Und darauf zu vertrauen, dass ich „immer und bei jeder Gelegenheit zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin und dass alles, was geschieht, richtig ist“, um es mit Charlie Chaplin auszudrücken.

 

Ich „übte“ mich zu freuen
Bevor ich begann, mich mit der Resignation auseinanderzusetzen, freute ich mich durchschnittlich nur etwa zu 15 Prozent an meinem Leben. Dieser Wert steigerte sich mit meiner Vereinbarung auf 80 Prozent. Gerade am Anfang brauchte es immer wieder meine Entscheidung, mich an dem zu orientieren, was mir Freude bereitet. Auch mal Dinge wagen, die ungewiss sind und sich jeder Kontrolle entziehen. Dies macht das Prickeln des Lebens aus. Dies ist es, was das Leben spannend, was Kontakte wahrhaftig und Begegnungen magisch macht.

Mit jedem Tag, an dem ich „übte“ mich zu freuen, wurde es leichter. Eine neue Gewohnheit entstand. Nach wie vor geschieht es, dass ich schlicht vergesse, mich zu freuen. Immer wieder braucht es, dass ich mich daran erinnere. Gelingt es mir einmal nicht, hilft folgende Strategie:

‚Nimm Dir eine Minute Zeit und ’nöle rum‘! Bringe in dieser einen Minute alles zum Ausdruck, was Dich nervt, was an diesem Tag schief gelaufen ist, was schuld daran ist, dass Du Dich gerade auf gar keinen Fall freuen kannst.‘

Meistens schaffe ich es nicht, diese sechzig Sekunden auszufüllen. Die Erlaubnis zum ‚Rumnölen‘ ist so befreiend, dass ich oft nur lachen und mich selbst kaum mehr ernst nehmen kann.

Auszug aus dem Buch „Soulresponding. Seelenzauber“

Foto: © Julien Christ / pixelio.de. de

 

2 Responses

  1. Robby Sandmann
    Danke schön für diesen tiefen Blick!

    Liebe Anja,
    danke schön für dieses Buch!

    Antworten
    • Anja Kroschky

      Lieber Robby, schön, dass Du geschaut hast. Ich freue mich über Dein Dankeschön!

      Antworten

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