Tante Poldi und die sizilianischen Löwen

Titel: Tante Poldi und die sizilianischen Löwen

Author: Mario Giordano

Verlag: Bastei Lübbe, 2015

Preis: 368 Seiten, 14,99 Euro

ISBN: ISBN: 978-3431039146

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Der in München geborene und inzwischen in Köln lebende Schriftsteller und Drehbuchautor Mario Giordano legt hier einen bayrisch-italienischen Krimi vor. Seine Protagonistin Poldi – eigentlich Isolde Oberreiter – ist ein urbayrisches Original und scheint eine kleine und äußerst lebenslustige Verbeugung in Richtung Miss Marple zu sein, allerdings in der filmischen Version mit Margaret Rutherford, die sich ja von Agatha Christies Romanvorlage deutlich unterscheidet.

Tante Poldi also – denn erzählt wird aus der Perspektive ihres Neffen, eines arbeits- und erfolglosen Schriftsteller – beschließt zu ihrem 60. Geburtstag aus München nach Italien zu ziehen und sich dort „zu Tode zu saufen“. Denn die im breitesten Bayrisch palavernde, divenhafte, aber doch erdgebundene Poldi ist zwar voller Leben und ein sehr spannender Charakter (ehemalige Kostümbildnerin mit akuter Schwäche für uniformierte Polizisten und der Neigung zu optisch sehr dramatischen Auftritten von wallenden weißen Kaftans bis hin zu rotseidenenen, tiefdekolletierten Wallekleidern – stets gepaart mit schwarzhaariger Perücke), trägt aber auch ihre schwerdepressive Schwermut mit sich herum und ist dem Alkohol mehr als zugetan.

Da besteht das Frühstück eben aus einem Prosecco und Härterem. Wenn die Erinnerungen und das Scheitern sie ganz schwer treffen, dann versackt sie mit dem Wodka im Bett. Sie erfüllt sich also ihren Herzenswunsch: Sterben mit Meerblick (und italienischem Familienanschluss) und zieht mit ihrem Schwermut in ein verschnarchtes, aber charmantes Nest an der Ostküste Siziliens. Als Valentino, ein junger Mann, der für sie Einkäufe erledigte, verschwindet, meldet sich Poldis Bauchgefühl und stellt sich leider als richtig heraus, als sie seine Leiche mit weggeschossenem Gesicht findet.

Und da ihr Valentino leid tut und ihr das neugierige Kriminalisieren schon ein wenig im Blut liegt – schließlich war ihr Vater Hauptkommissar bei der Mordkommission in Augsburg – macht sie sich auf die Spur des Mörders. Hierbei lernt sie neben dem eidechsenäugigen Russo und einem fledermausohrigen Dobermann namens Hölderlin dann auch Commissario Montana kennen, der zwar keine Uniform trägt, dafür aber formidables Brusthaar besitzt…

Fazit: Kurzweilig und amüsant geschrieben. Ein sehr netter Krimi, der einen während der Sommertage unterhält und zwischendurch laut zum Lachen bringt – die perfekte Urlaubsbegleitung eben. Mario Giordano gelingt das Erstaunliche: Leichtigkeit zum Weglesen, gepaart mit vielschichtigen Charakteren. Natürlich überhöht, aber dennoch: Wer hat solche Gestalten wie die lebenslustige und gleichzeitig seelenschwere Tante Poldi oder den dozierenden Onkel Martino nicht irgendwo in der eigenen Familienchronik vergraben? Das Buch ist liebevoll und mit reichem Sprachwitz beschenkt – vor allem aber mit einer wirklich lebendigen und schönen Sprachgewalt, die einem trotz aller Komödie beim Lesen Bilder ins Gehirn malt und einen wirklich mit in das Italien des Buches nimmt.