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Die Rosa-Hellblau-Falle

Die Rosa-Hellblau-Falle

Titel: Die Rosa-Hellblau-Falle

Author: Almut Schnerring, Sascha Verlan

Verlag: Kunstmann

Preis: 16,95

ISBN: 978-3888979385

Link: Bestellen bei Lehmanns Fachbuchhandlung

Für eine Kindheit ohne Rollenklischees

Wie viele Möglichkeiten des Seins, wie viel Potenzial wird eigentlich schon dadurch begraben, dass Kindern unbarmherzig schon bei sanften Zeichen des Interesses eingetrichtert wird: „Das ist nichts für Mädchen!“ oder „Jungen machen das nicht, das ist mädchenhaft!“. Was wird durch diese anerzogenen Rollenklischees alles an schöpferischen Möglichkeiten für den erwachsenen Menschen verschenkt und schmerzhaft zubetoniert? Und dabei wird es in unserer aufgeklärten Zeit keineswegs leichter, sondern eher schlimmer. Seit einigen Jahren gibt es immer mehr gegenderte Produkte: Statt einem universellen Päckchen Saft für die Schulpause gibt es jetzt „Elfentrank“ nur für Mädchen und „Monster-Alarm“ für die Jungs.

Der Grund? Ganz simpel: Doppelter Umsatz. War früher eine Bücherserie für alle Kinder der Familie geeignet, gibt es jetzt eine Buchreihe speziell für Mädchen (Schwerpunkt Mode) und eine für Jungs. Voilà, durch geschicktes Gendermarketing wird die Gewinnspanne eines Verlages verdoppelt. Die Autoren, die gemeinsam drei Kinder erziehen, beschreiben die kindliche Welt zweigeteilt – egal ob beim Kleidungs-, Schulsachen- oder Spielzeugkauf: Die Demarkationslinie verläuft zwischen Rosa und Blau. Geschlechtsspezifische Waren sind das Stichwort. Ein Kind, das hier nicht hineinpasst, hat es schwer. Die neuen Generationen wachsen zu Gunsten des Marktes mit stereotypen Rollenzuschreibungen auf, die direkt aus den 1950er stammen könnten und eigentlich als überholt gelten. Nicht so schlimm, werden einige vielleicht denken, doch das Autorenpaar bringt es auf den Punkt: „Wenn Kinder aber ständig von Klischees umgeben sind, können wir dann wirklich behaupten, sie hätten eine freie Wahl?“ Welche Chancengleichheit existiert, wenn die Töchter eines Landes als stetige Vorbilder in jeder Lebenslage sanfte, pastellfarbene, weiche Prinzessinnen und die Söhne kampfbereite starke Monster in dunklen Farben, die Schwächlinge besiegen, als Vorbilder aufgezwungen bekommen? Mal ganz abgesehen von Kindern, die in diese sozialen Geschlechterschubladen sowieso nicht hineinpassen. Das Buch zeigt zudem auch auf, dass die Vorliebe für diese Farben nicht genetisch festgelegt ist, sondern sich nach der Mode richtet – Anfang des 20. Jahrhunderts war es nämlich noch so: Jungen trugen das mit Stärke und Leidenschaft assoziierte Rosa und Mädchen Himmelblau, nach dem blauen Mantel der Maria in der christlichen Ikonografie.

Fazit: Lesebefehl für Eltern und Menschen mit Kinderkontakt. Ein wunderbar geschriebenes, spannendes und wichtiges Buch, das informiert, ohne unangenehm mahnend zu klingen, das einerseits sensibilisiert und andererseits Eltern, die ihre Kinder nicht in überholte und mehr als verstaubte Geschlechterrollen gepresst sehen wollen, bestärkt – und so eben auch für starke Kinder sorgt.

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