Hrsg. von Katharina Gerhardt, Caterina Kirsten, Ariane Novel, Nikola Richter, Frank O. Rudkoffsky, Eva Siegmund: Willkommen! Blogger schreiben für Flüchtlinge

Titel: Willkommen! Blogger schreiben für Flüchtlinge

Author: Hrsg. von Katharina Gerhardt, Caterina Kirsten, Ariane Novel, Nikola Richter, Frank O. Rudkoffsky, Eva Siegmund

Verlag:  mikrotext, 2015

Preis:  E-Book, 289 Seiten, 4,99 Euro

ISBN: 

Von der Menschlichkeit

Im Herbst 2015 entwickelte sich die Idee unter dem Hashtag #BloggerfuerFluechtlinge Geld für Flüchtlinge zu sammeln und auf die Situation der hier strandenden Menschen aufmerksam zu machen. Die Reaktion war überwältigend, schnell kam mehr als das ursprünglich anvisierte Spendenziel zusammen. Inzwischen wurden über 130.000 Euro zusammengetragen, mit denen bisher sehr viele Hilfsprojekte für Geflüchtete in Deutschland finanziert wurden (einsehbar unter www.blogger-fuer-fluechtlinge.de). Das nun erschienene E-Book ist eine Sammlung von über 50 Texten, die jeweils auf ihre ganz eigene Art „Willkommen!“ sagen und das Thema „Flucht“ reflektieren.

Es sind unterschiedliche und sehr berührende Geschichten aus den verschiedensten Perspektiven. Mal erzählen sie frustriert von der unglaublichen Hilflosigkeit von Helfer/innen beim Kampf gegen bürokratische Windmühlen. Andere sind distanziertere Reportagen über Dörfler und ihren Umgang mit Flüchtlingen, lebensnahe, persönliche Berichte über privat aufgenommene Flüchtlinge oder den Horror, den das Berliner LaGeSo für Menschen bereithält, während andere wiederum ihre persönliche Familien- und Fluchtgeschichte mit Flüchtlingstrecks aus Pommern nach `45 aufarbeiten, undercover vom Albtraum im größten Flüchtlingscamp Europas in Kalabrien berichten oder sich mit dem alltäglich wiedergekäuten Rassismus beschäftigen.

Wer viel im Internet unterwegs ist und sich für dieses Thema interessiert, wird einige davon sicherlich schon kennen. Soweit möglich, wurden die Texte chronologisch nach ihrem Erscheinungsdatum geordnet.

Fazit: Eine beindruckende und durchaus auch bedrückende Sammlung, die sich in diesem rein ehrenamtlich entstandenen Buchprojekt wiederfindet. Autor/innen, Herausgeber/innen und Verlegerin haben ihre Arbeit kostenlos eingebracht, der gesamte Erlös des Buches geht an die Aktion „Blogger für Flüchtlinge“.

Dem Herausgeberteam ist es – gerade im Angesicht der Terroranschläge der letzten Monate – ein Anliegen, dass Hass und Angst nicht die Herzen regieren und sich gerade an den Menschen niederschlagen, die vor diesem Terror mit Kindern, Säuglingen und Alten auf die beschwerlichste Art flüchten.

Zu gerne vergessen wir hier im „sicheren“ Deutschland, dass wir eine überaus kostbare, seltene – und hoffentlich noch sehr lange anhaltende – Periode des Friedens und der Stabilität genießen. Gerade mal 70 Jahre, nicht ganz ein Menschenleben, ist es her, dass wir selbst millionenfach Flüchtende im eigenen Land waren. Genauso voller Angst, Leid und Beschwerlichkeit geflohen wie die Menschen heute. Jeglichen Besitz, Altbekanntes, Ahnenstätten, Geliebtes und geliebte Menschen zurücklassend – meist nur mit dem nackten Leben und dem Hemd am Leib. Allein Bayern nahm damals 2 Millionen Flüchtlinge auf. Der Empfang und die kaltherzigen Sprüche waren – bei den eigenen Landsleuten – die gleichen, wie manche sie heute aus Fremdenangst den Neuen entgegenschleudern. Die Erinnerung, oft auch an die eigene Familiengeschichte, täte da not.