Das Erwachen der Kunst 1. September 2005 Kultur Wer sich mit der Japanerin Meera auf eine Reise in die eigene Kreativität begibt, darf wieder zum Kind werden. Denn – so die Devise der Malerin – unbelastet von Ideen und Konzepten kommen wir mit unserer reinen Schöpferkraft in Berührung. Und das – so hört sie immer wieder von ehemaligen Gruppenteilnehmern – wirkt sich auf das gesamte Leben aus. Kreativer Ausdruck ist nichts anderes als deine eigene Lebensenergie – die deinen Körper durchströmt wie unsichtbares Blut. Kunst ist die Sehnsucht jedes Einzelnen, wieder zurückzufinden zur Gesamtheit des Lebens – sich mit dem Leben selbst zu verbinden und es zum Ausdruck zu bringen. Leider erlebe ich aber immer noch, dass viele Leute für alles Kreative nur Geringschätzung hegen. Wer das Abenteuer der Selbst-Erforschung sucht – ob durch Meditation oder Therapie oder Work-shops aller Art, setzt Kreativität häufig als Letztes auf seine Wunschliste: „Ich muss erst einmal tief in mich selbst eintauchen, die dunklen Ecken meines Wesens erforschen, meine Wunden und Ängste heilen, mein wahres Wesen finden … Später dann kann ich mir vielleicht mal erlauben, kreativ zu werden.” So etwas bekomme ich zum Thema Kreativität immer wieder zu hören . Ich dagegen behaupte, dass diese Einstellung falsch ist. Wer wirklich all seine dunklen Ecken erforschen möchte, der braucht dazu sehr viel Energie und vor allem viel inneres Licht. Denn du musst dich den Problemen, die dir da drinnen begegnen, ja auch gewachsen zeigen! Und genau das leistet die Kreativität: Sie fördert deine schöne Seite. Kaum hast du diese Seite bestärkt, gewinnst du auch die Kraft, in deine dunklen Ecken zu schauen – und zwar frohen, nicht bedrückten Herzens. Setze bei deiner Kreativität an, denn die hängt mit der Entdeckung deines inneren Kindes zusammen, mit Spontaneität und Sensibilität. Dann kann dich kein Dunkel erdrücken, du kannst vielmehr sagen: „Aha! Das ist es also, was ich mir anschauen muss, wenn ich innerlich reif werden will!” Dann gehst du dein Wachstum mit einer völlig anderen Einstellung an. Man kann natürlich die innere Reise von überall her antreten, egal wo man steht, im Licht oder im Schatten. Wer intelligent ist und aufrichtig sucht, wird seinen Weg schon finden. Aber es erstaunt mich, dass die meisten es als selbstverständlich betrachten, dass ein Weg der Freude und Kreativität weniger wert sei als der des Leidens. So nach dem Motto: „Sei hübsch ernst und traurig, und du bist auf dem rechten Weg. Sei fröhlich und spielerisch, und mit deiner Suche kann es nicht weit her sein!” Für mich ist Kreativität eine Brücke in unser Potenzial, in unsere Lebendigkeit. Sobald du mit deiner Kreativität in Kontakt kommst, verändert das dein Leben. Du hast eine Energiequelle, aus der du leben kannst, aus der heraus du Situationen begegnen kannst, die dir vollkommen unbekannt sind. Wenn du den Weg der Kreativität gehst, hast du mehr Raum im Inneren. Was wir also in den Trainings machen, ist: dem Reich der Unschuld in uns mehr Raum zu geben, sich zu entfalten. Verbindung zur Quelle Wir fangen in den Gruppen oft erst mal mit Tanzen an – zu einer fetzigen Musik. Eine meiner Hauptaufgaben ist es, die Teilnehmer aus ihrem Kopf heraus in ihr Herz hinunter zu holen – und vom Herzen dann zu einer noch tieferen Ebene ihres Inneren. Und der direkteste Weg dahin führt über den Körper. Oft bitte ich die Teilnehmer an-schließend, die Augen zu schließen, bequem dazusitzen und für eine Weile ihre Kindheit in Erinnerung zu rufen, besonders Augenblicke, die mit Kreativität zu tun haben – schöne wie traurige Erfahrungen. Vor allem aber bitte ich sie darum, sich an irgendeine Kindheitswunde zu erinnern, an ein spezifisches Problem, das mit ihrer Kreativität zu tun hatte. Meistens stellen sich diese Kindheitserinnerungen und -geschichten völlig problemlos ein. Die meisten Teilnehmer haben keinerlei Schwierigkeiten, sich an solche schmerzlichen Augenblicke zu erinnern. Denn so schlicht und kindisch diese auch klingen mögen – sie haben tiefe Spuren in ihrer Seele hinterlassen. Daran sieht man, wie verletzbar Kinder sind. Und wie leicht ihr kreativer Impuls Schaden erleidet. Jeder hat schon einmal beobachtet, wie kleine Kinder mit unscheinbarsten Dingen grenzenlos kreativ sein können – zum Beispiel am Strand, wo es nur Wasser und Sand gibt. Aber Winzigkeiten können einem empfänglichen jungen Gemüt unabsehbaren Schaden zufügen. Der Schmerz eines solchen Eindrucks kann so schockieren, dass er einfach die Verbindung zur eigenen Kreativität kappt. Mir kommt es deshalb darauf an, dem Malen wieder eine etwas organischere Qualität zu verleihen, damit es nicht mehr so von der übrigen Natur abgeschnitten ist – und von dir selbst, deinem wahren Selbst, das mehr umfasst als nur deinen Intellekt. Wahr ist nämlich: Alle Malerei, die nicht aus deinem Innersten, sozusagen „aus deinem Bauch” kommt, hat keinerlei Bedeutung – einfach weil du dann den Kontakt zu deiner Ursprünglichkeit verlierst. Ich habe nicht vor, die Teilnehmer zu einem bestimmten Malstil, zu einer Struktur oder Technik hinzuführen, denn das hieße Einmischung. Nur eines lege ich ihnen ans Herz: „Spürt in euch das Gefühl der Sehnsucht auf, vor allem der Sehnsucht nach Schönheit. Man mag noch so unreif, unvollkommen, malerisch unbegabt sein – wir alle haben die gleiche Sehnsucht: in unserem Leben irgend etwas Schönes hervorzubringen!” Und zu nichts anderem will ich sie bringen und ermutigen. Primäres Malen Dies ist etwas ganz Grundlegendes und Primäres in meinem Malverständnis – das innere, unschuldige Kind zu bestärken, das den kreativen Impuls hat, etwas zu tun und nicht darin behindert werden möchte. Erst wenn dieser Impuls befriedigt ist, wird das „innere Kind” bereit sein, sich für Struktur und Anleitung zu öffnen. Darum nenne ich den ersten Teil meines Trainings auch „Primäres Malen”; denn da tauchen wir zu den Ursprüngen hinab – zur Kindheit, zur Unschuld – und finden wieder Anschluss an einen verlorenen Impuls. Danach können wir ganz von vorn beginnen. Das Malen mit Wasser- und Acrylfarben auf dem Boden bringt uns in das Abenteuer von Chaos und Unerwartetem. Dabei entstehen Werke, denen eine enorme Ausdruckskraft innewohnt: Du kommst mit dem kreativen Potenzial deiner überfließenden Lebenskraft in Verbindung. Und wenn du erst einmal mit deinem natürlichen Schöpfertum in Berührung gekommen bist, entfaltet es sich einfach. Wenn du die Angst los bist, dass das, was du da machst, verkehrt sein könnte, geht das Abenteuer los. Oft bordet diese neue und aufregende Erfahrung, malen zu können, auch in andere Lebensbereiche über. Mit einem Wort: Bei mir dreht sich alles um primäres Malen – ein revolutionärer Ansatz. Damit habe ich schon Tausenden geholfen, die Kunst des abstrakten Malens zu erlernen, ohne sich erst Jahre auf Kunstakademien mit irgendwelchen Techniken herumschlagen zu müssen. Einfach indem sie zu der Unschuld ihrer Kindheit zurückkehren, entdecken sie die Verbindung zwischen Meditation und künstlerischem Ausdruck. Und wenn der Verstand leer ist, wird der Ausdruck zwangsläufig ursprünglich und schön. Man braucht kein “Talent”, um kreativ zu sein. Das ist eine völlig falsche Vorstellung. Aber durch schöpferische Tätigkeit kommt man mit dem Leben in Berührung. 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