Abb: © tomertu-stock.adobe.comDas Erwachen des Königs 27. Februar 2020 Wissen & Weisheit Wenn wir die Krisen unserer Zeit lösen wollen, brauchen wir mehr wache Männer am Tisch der Co-Creation! Ein Plädoyer für ein Erstarken des Mannes und den Wert männlicher Qualitäten von Veit Lindau… Wer heute achtsam mit seinem eigenen Lebensprozess verbunden ist und aufmerksam die Nachrichten verfolgt, stimmt mir wahrscheinlich zu, wenn ich sage: Viele von uns befinden sich persönlich und wir alle zusammen kollektiv an einem Tipping Point der Geschichte. So werden Phasen beschrieben, in denen bestimmte Entwicklungen abrupt ihre Richtung ändern, abbrechen oder sich beschleunigen können. Umweltkrise, Globalisierung, Flüchtlingsbewegungen, das ungeheure Tempo technologischer Innovationen… – all diese Faktoren erzeugen zusammen einen hochintensiven Schmelztiegel für die Zukunft der Menschheit. Wer pessimistisch veranlagt ist, sieht uns halbblind in eine existentielle Megakrise stolpern. Optimisten ahnen die Möglichkeit eines echten Quantensprungs im menschlichen Bewusstsein. Auf jeden Fall sind dies Zeiten, in denen wir alle schöpferischen Kräfte, die uns zur Verfügung stehen, vereint an den Tisch der Co-Creation einladen und sie für eine wünschenswerte Zukunft wirksam werden lassen sollten, anstatt sie weiterhin in der Gesellschaft, den Familien und in uns selbst Krieg führen zu lassen. Das Ringen zwischen Eros und Logos Mit einem der mächtigsten archetypischen Konflikte habe ich mich – privat und beruflich – in den letzten fünf Jahren intensiv beschäftigt: dem Ringen zwischen Eros und Logos. Hier an dieser Stelle eine wirklich nur kurze Gegenüberstellung. Falls du zum ersten Male davon hörst, ist es wichtig zu verstehen, dass diese zwei nicht nur eine Idee sind, sondern letztendlich die zwei Urkräfte der Schöpfung. Eros ist die bewahrende Kraft der Einheit. Mit ihr werden im Menschen die eher weiblichen Qualitäten assoziiert: Verbundenheit, Großzügigkeit, Miteinander, Teilen, Sinnlichkeit, Lieben… Logos ist die vorantreibende Kraft der Schöpfung. Mit ihr verbinden wir eher männliche Qualitäten: Trennen, Fortschritt, Erfolg, Erobern, Herausragen, Entwicklung… Wohlgemerkt existieren beide Energien in jedem Mann und jeder Frau, in einer individuellen, alchemistischen Zusammenstellung, die sich im Laufe unserer Entwicklung immer wieder verändern kann. Treffen Eros und Logos relativ unbewusst aufeinander, führt dies unweigerlich zu Machtkämpfen. Die Schauplätze sind unsere innere Psyche (das Ringen unserer weiblichen und männlichen Qualitäten miteinander), unsere Beziehungen (Machtkämpfe zwischen Mann und Frau), aber eben auch die Wirtschaft oder die Politik. Das Patriarchat ist auf einer seelischen Metaebene auch als eine Geschichte der Unterdrückung von Eros durch einen hyperaktiven, nicht bewusst integrierten Logos zu lesen. Geschlechterdiskussionen Wer in den letzten zehn bis zwanzig Jahren aufmerksam die Geschlechterdiskussionen verfolgt hat, weiß, dass die Zeiten massiv auf Umbruch stehen. Drei feministische Wellen haben viele völlig überkommene äußere Regeln und innere Überzeugungen aufgebrochen. Bei aller Anerkennung dafür muss uns jedoch klar sein, dass wir immer noch weit von einer wirklichen Gleichberechtigung in allen Bereichen und einem reifen Geschlechter-Dialog entfernt sind. In meinem Vortrag „Die Rückkehr der Königin“ (online verfügbar auf www.homodea.com) beleuchte ich ausführlich den immensen Schaden, den zehntausend Jahre Patriarchat uns allen und dem Planeten auf so vielen Ebenen zugefügt haben. Wer denkt, dies sei ein alter Hut oder gehe ihn nichts an, liegt falsch. Wir alle – egal ob Frau oder Mann – sind ein Ergebnis dieser Geschichte. Wir werden bestimmte Phänomene in unseren Beziehungen erst heilen können, wenn wir verstehen, dass jede*r von uns auch einen Zugang zu diesen gewaltigen geistigen Feldern kollektiver Menschheitserfahrung darstellt und dass Angst und Schmerz, auf die wir alle manchmal so stark reagieren, aus wesentlich älteren, unpersönlichen Wunden gespeist wird. Die uralte Wunde der zutiefst verletzten Weiblichkeit ist in den letzten Jahren, angetrieben zum Beispiel durch die #metoo-Debatte, endlich weltweit so stark aufgebrochen und ins Licht vorgedrungen, dass wir sie nicht mehr ignorieren können. Darüber ist bereits viel berichtet und diskutiert worden. Deshalb möchte ich mit diesem Artikel den Fokus auf ein Thema lenken, welches meines Erachtens immer noch viel zu kurz wegkommt: der verletzte Mann. Gesucht: Starke Männer und Frauen Wenn wir nicht aufpassen, dann schlägt das Pendel der Entwicklung einfach nur ins Gegenteil um – angetrieben durch emotional extrem aufgeheizte Diskussionen, die verzerrte Informationsdynamik des Internets und überzogene politische Korrektheit. Das kann niemand von uns wollen. Denn die Lösung für die komplexen Themen unserer Zeit werden nur starke Frauen und Männer gemeinsam empfangen und manifestieren. Ich übertreibe jetzt bewusst etwas: • Wenn vorherrschende Trends Männer kollektiv zu Sündenböcken einer eigentlich gemeinsamen Geschichte abstempeln, • wenn von Männern erwartet wird, sich weichzuspülen und im Schnelldurchlauf mehr weibliche Qualitäten zuzulegen, • wenn immer mehr kleine Jungs ohne echte, männliche, leuchtende Vorbilder aufwachsen, • wenn Eros gehypt und Logos belächelt bzw. sogar bekämpft wird, • wenn keine ruhigen, respektvollen Gespräche auf Augenhöhe möglich sind, sondern Mann damit rechnen muss, für jede politisch nicht ganz korrekte Formulierung sofort eins auf den Deckel zu bekommen, …dann werden wir die Männer in dieser so bedeutsamen Phase unserer Evolution verlieren. Wir werden sie nicht so begeistert und massenweise an den Tisch der Co-Creation bekommen, wie wir alle sie da tatsächlich brauchen. Ein neuer Blick aufs Mannsein Seit mindestens 10.000 Jahren nehmen sich Männer in ihren Rollen viel zu wichtig und gleichzeitig in ihrem wahren Wesen viel zu wenig ernst. Die Wahrheit über uns ist nicht in abgedroschenen Klischees – weder dem plumpen Macho, dem alten Patriarchen noch dem weichgespülten Softie – zu finden. Ja, Mann befindet sich in einer existentiellen Krise. Und ja, vielen Männern ist dies noch nicht einmal bewusst. Doch wenn wir weiter so auf ihnen herumhacken, fördern wir vor allem zwei Typen: den alten Tyrannen, der sich bockig jeder Entwicklung verweigert, und den eingeknickten Weichling. Beide haben keine echte schöpferische Potenz. Was wir tatsächlich brauchen, sind Könige! Nicht zu verwechseln mit Herrschern. Könige herrschen nicht, sie dienen. Sie befehlen nicht. Sie führen durch natürliche Autorität. Ein König ist ein Mann, der die Verantwortung für seine individuelle und unsere kollektive Vergangenheit voll und klar übernimmt, aber deswegen nicht schuldbewusst einknickt. Sein Königreich ist überall und seine Bestimmung ist es, Leben zu fördern und zu hüten. Du spürst es, wenn du vor einem König stehst. Er lebt auf eine einfache, natürliche Weise all das, was wir als edel bezeichnen. Ich glaube zutiefst daran, dass in den meisten Männern ein König schläft oder gerade am Erwachen ist. Wir haben uns viel zu lange verloren im Spiel dieser Welt, basierend auf Angst und Gier. Wir haben Männer dafür belohnt, zu erobern oder sich schwach wegzuducken. Wir haben sie darauf trainiert, zu funktionieren und die Maschinerie zu bedienen. Männer sind lost, haben sich verloren. Sie haben sich in vielen Bereichen in dieser Welt verlaufen und verraten, sind eingeschlafen. Doch weder unser Trotz noch das viel zu geduldige Warten bzw. die vorwurfsvollen Anklagen des weiblichen Geschlechtes helfen uns weiter. Wir brauchen eine Kultur, die das Erwachen von Männern auf eine positive Weise herausfordert. Wir brauchen eine weise Perspektive, die den wahren Wert von Logos von den Altlasten des Patriarchats befreit. Wir brauchen Felder, in denen Männer die Entwicklung ihres inneren Logos bewusst reflektieren und fördern können. Und ja, unsere Zeit braucht durchaus wesentlich mehr Eros. Doch die zwei Mächte wurden nicht umsonst gemeinsam aus dem Einen geboren. Sie brauchen sich. Die Liebe von Eros gibt Logos Tiefe und Sinn. Das Licht von Logos hilft Eros, sich selbst bewusster zu erkennen. Fragen, die sich aus der Auseinandersetzung mit dem Thema ergeben, sind: • Was sind die ursprünglichen Qualitäten dieser schöpferischen Power von Logos? • Was ist passiert, dass diese so korrumpiert wurde? • Was haben Männer und Frauen dazu beigetragen? • Wo stehe ich als Mann bezüglich der vier Entwicklungsstufen meines inneren Logos (Kraft – Tat – Wort – Sinn)? • Wie kann ich als Mann die Entwicklung/ Verfeinerung von Logos in mir anregen? • Welche Beziehung habe ich als Frau zu meinem eigenen Logos? Achte ich ihn? • Was kann ich als Frau dazu beitragen, wirklich das Gute und Edle in dem Mann vor mir zu fördern? Niemand hat etwas davon, wenn wir Männer uns aus Schuld, Angst oder Bedürftigkeit selbst kastrieren. Haben wir den Mut, den alten Stolz unseres männlichen Egos („Ich bin toll, wie ich bin“) loszulassen und uns neugierig neu zu entdecken? Sind wir bereit, uns nicht nur zu achten, wenn wir etwas leisten, sondern uns wirklich nach Hause zu lieben? Es ist Zeit, dass wir – unabhängig von Frauen – unsere ureigene Schönheit entdecken. Es ist Zeit, dass wir uns auf eine würdevolle Weise aufrichten und uns zu unserem ganz speziellen Potential bekennen. Es ist Zeit, dass wir unser Licht von sinnentleerten Baustellen abziehen, es läutern und hell erstrahlen lassen, um es dann voller Freude an den Tisch der Co-Creation zu bringen und mit allen Menschen zu teilen. Die Welt brennt. Es ist Zeit, dass der König erwacht! Tipps & Events „Das Erwachen des Königs“. Vortrag mit Veit Lindau. Ein Plädoyer für die Neuentdeckung von Männlichkeit. In jedem Menschen. 30.03., 20 Uhr, im CineStar CUBIX, Rathausstraße 1, 10178 Berlin. Vorverkauf über www.veitlindau.com Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar Antwort abbrechenDeine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.KommentarName* E-Mail* Meinen Namen, meine E-Mail-Adresse und meine Website in diesem Browser für die nächste Kommentierung speichern. 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