In seinem Artikel vom „60 Jahre Grundgesetz – Gibt es überhaupt was zu feiern?“ bei Telepolis warf Eckhard Kochte einige Fragen zum Grundgesetz auf, die SEIN auch schon in diversen Artikeln aufgegriffen hat (zum Beispiel hier, hier und hier). Es scheint, die Diskussion um die Rechtmäßigkeit unserer Nicht-Verfassung ist endlich in der Öffentlichkeit angekommen.

Der Artikel löste Erwartungsgemäß sowohl Entsetzen als auch offene Anfeindungen aus, auf die der Autor in einem zweiten Artikel reagierte. In diesem brachte er seine Kritik und Befürchtungen noch einmal in aller Deutlichkeit auf den Punkt:

„Das Grundgesetz, das sich ursprünglich ausdrücklich als Provisorium definierte, wird von der herrschende Klasse als „Verfassung“ bezeichnet, ist aber nur ein obrigkeitliches Regelwerk, das dem deutschen Volk 1949 auf Betreiben der West-Alliierten vor die Nase gestellt wurde. Das Volk hat sich mit dieser politischen Zwangsheirat arrangiert […] Die Gehirnwäsche der politischen Klasse besorgt dann den Rest, sodass die Unfähigkeit, Bestechlichkeit und Verantwortungslosigkeit der Politiker dumpf ertragen wird. Solange es genug Brot und Spiele gibt, hält das künstlich verdummte und eingeschüchterte Volk still. […]

Wer es immer noch nicht begriffen hat: Deutschland steht vor einer politischen und wirtschaftlichen Katastrophe, die zur allgemeinen Verarmung und Entrechtung der Mehrheit der Bevölkerung führen wird. Nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon wird Deutschland seinen Rest an Souveränität verlieren und zu einer bloßen Verwaltungsprovinz der Europäischen Union herabsinken. Die deutsche Wirtschaft wird dann noch mehr zum Spielball des globalen Kapitals, die Entindustrialisierung und die damit verbundene Arbeitslosigkeit werden zunehmen. Gleichzeitig wird der Sozialstaat abgebaut. Die darauf folgenden Unruhen geben den Machthabern genügend Handhabe, ihre Innenpolitik in Richtung auf einen Polizeistaat fortzusetzen.

Eine Änderung der Politik des Demokratieabbaus ist innerhalb der bestehenden Verfassungsordnung nicht möglich. Das Grundgesetz muss aus formalen wie praktischen Gründen durch eine Volksverfassung ersetzt werden, denn die politische Klasse benutzt das Grundgesetz, um ihren Machenschaften den Anschein der Rechtmäßigkeit zu geben.“

Aufgrund der Wichtigkeit des Themas hier eine Zusammenfassung einiger Argumente des ursprünglichen Artikels:

Die grundsätzliche Lüge

„Das Grundgesetz beginnt in seiner Präambel mit einer faustdicken Lüge, indem es behauptet, dass das deutsche Volk sich dieses Grundgesetz gegeben habe. Das Grundgesetz war weder in seiner ursprünglichen Form noch in seinen bisher 52 Änderungen ein Werk des Volkes, vielmehr wurde das Volk bisher daran gehindert, sich selbst eine Verfassung zu geben, wie es der Artikel 146 des Grundgesetzes ausdrücklich vorsieht. […] Die Staatsbemächtigten der BRD wissen, dass sie ihre Macht und vor allem ihre Pfründe verlieren, wenn sie sich auf direkte Demokratie einlassen, und sie werden vor nichts zurückschrecken, um dies zu verhindern.“

 

Das Grundgesetz hat versagt

Denn es konnte nicht verhindern, dass

… „die Gesellschaft wirtschaftlich gespalten ist in 20% Wohlhabende bis Superreiche, denen 80% des Volksvermögens gehören, und 80 % unterprivilegierte Menschen, die sich den Rest von 20% des Volksvermögens teilen müssen.“

… „sich eine Klasse von Funktionsaristokraten gebildet hat, die sich den Staat zur Beute machte und die Bürger von ihren demokratischen Rechten fernhält.“

… „die Staatsverschuldung mittlerweile eine nicht mehr rückzahlbare Höhe erreicht hat, wobei voraussichtlich in den nächsten Jahren die Staatsverschuldung regelrecht explodieren wird und entweder ein Staatsbankrott oder eine Hyperinflation wie 1923 droht.“

 

Die zweite große Lüge

Stimmzettel„Das Gebot im Artikel 20 des Grundgesetzes, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgehe, wird nicht einmal in der legislativen Staatsgewalt angemessen erfüllt. Die Wähler können ihr Kreuz machen, wo sie wollen, es hat keine politischen Folgen, die der Wahlentscheidung zuzurechnen wäre. Welche Regierung nach der Wahl gebildet wird und welche Politik sie betreibt, wird nach dem Bruch der Wahlversprechen entschieden. Wählen ist in der BRD mittlerweile so sinnlos geworden, wie Faltengehen in der ehemaligen DDR.“

„Das im Artikel 20 des Grundgesetzes festgelegte Demokratiegebot ist zweifellos die wichtigste Norm. Danach soll die Staatsgewalt vom Volk nicht nur durch Wahlen, sondern auch durch – noch nie stattgehabte – Abstimmungen ausgeübt werden. […] In Bezug auf die politische Teilhabe des Volkes durch Abstimmungen behaupten Systempolitiker, dass damit nur Abstimmungen über die Neugliederung des Bundesgebietes nach Artikel 29 gemeint seien, keinesfalls aber Abstimmungen über sonstige politische Belange. Um Volksabstimmungen einzuführen, bedürfe es daher einer Verfassungsänderung. Dies ist eine völlig willkürliche Interpretation, die nur dem Zweck dient, die Volksentmachtung aufrecht zu erhalten.“

 

… und so weiter

Die Liste der Verfehlungen lässt sich beliebig lange fortführen. Die Verflechtung von Wirtschaft und Politik, die Unrechtsmäßigkeit des Verfassungsgerichts, die mangelhafte Gewaltenteilung … und so weiter.

Da sich dieses Wissen und der Wunsch nach mehr politischer Teilhabe natürlich nicht langfristig unterdrücken lässt, haben die Mächtigen schon Vorsorge getroffen: Sollte der EU-Vertrag von Lissabon wie geplant in Kraft treten, haben unser Verfassungsgericht und unsere Politiker nämlich auch nichts mehr zu sagen – die Befehle kommen dann für alle EU-Staaten aus Brüssel. Und damit wäre die Macht noch weiter vom Volk weggerückt – dafür ist es für die Großkonzerne dann viel einfacher die Politik europaweit zu beeinflussen.

Informationen zum Vertrag von Lissabon gibt es hier.

 

 

 

 

Bilder

Grundgesetz: Bundesarchiv / Wikimedia
Stimmzettel: Public Domain

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