Als am 3. Februar 2005 die Berliner Regionalwährung auf dem Ökomarkt Kollwitzplatz eingeführt wurde, war das Echo in den Medien groß. Auch weil Wolfgang Thierse, damals noch Präsident des Deutschen Bundestages, dieses spektakuläre Ereignis unterstützte.
Nach dem erfolgreichen „Testlauf“ auf dem Umweltfestival am Brandenburger Tor im Juni 2004 hatten einige Leute den Verein „Berliner Regional“ gegründet, die Herstellung eigener Geldscheine bei der Bundesdruckerei in Auftrag gegeben und bei Geschäften im Prenzlauer Berg fleißig Klinken geputzt.
Weil das Bundesbankgesetz sagt: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben – der einzig zulässige Mammon in Deutschland heißt Euro! – gab man diesem Geld den Namen „Berliner“ Wertgutschein.

„Der „Berliner“ soll das Bewusstsein für den Erhalt gewerblicher und kultureller Vielfalt in unserer Stadt stärken, die Wiederbelebung regionaler Wirtschaftskreisläufe unterstützen und damit Arbeitsplätze erhalten sowie sozial und öko- logisch nachhaltige Strukturen etablieren,“ erläutert Susanne Thomas, Vorsitzende des Vereins „Berliner Regional“.

Waren zu Beginn 35 Geschäfte und Dienstleister bereit, diese Scheine als gleichwertiges Zahlungsmittel neben dem Euro anzunehmen, ist deren Zahl inzwischen auf über 170 angewachsen.
Bei den Verbrauchern kommt das Bewusstsein für die Vorteile einer regionalen Währung dagegen nur zögerlich in Gang. Die Menge der umlaufenden „Berliner“ ist seit einiger Zeit konstant. Dabei zahlt sich der Eintausch von Euro in „Berliner“ direkt aus: ab 50 Euro gibt es 51 „Berliner“, für 100 dann 102 usw.
Auch die Verfügbarkeit, also die Möglichkeit, diese Scheine zu erwerben, ist gestiegen. Nicht nur im Büro der Grünen Liga oder auf dem Ökomarkt am Kollwitzplatz erhält man sie, auch bei Coledampf’s CulturCentrum in der Wörther Str. 39 und in der Kreuzberger Kirchengemeinde St. Bonifatius, Yorckstr. 88c, im Weinladen „Alles fließt“, Lausitzer Straße 1, oder in der Waldorfschule Ritterstraße 78 werden „Berliner“ gegen Euro eingetauscht. In Köpenick wird noch vor den Sommerferien eine Ausgabestelle eröffnet, und in Wilmersdorf laufen ebenfalls entsprechende Vorbereitungen.

„Berliner“ unterstützt soziale Projekte

Der Ökospeicher Wulkow e.V. im östlichen Land Brandenburg hat bereits probeweise als Umtauschstelle fungiert, um die Vernetzung von Umland und Stadt zu aktivieren. Die Möglichkeit, sich in einigen Bezirken die Scheine mittels Abo nach Hause liefern zu lassen, bietet ebenfalls ein großes Potenzial, das Projekt und damit die Förderung regionaler Strukturen zu unterstützen.
Neben dem persönlichen Vorteil durch den Eintauschbonus und der Unterstützung  regionaler Strukturen bedeutet die Nutzung des „Berliner“ auch soziales Engagement. Von jedem eingetauschten „Berliner“ fließen drei Prozent an ein ge-meinnütziges Projekt. Der Abenteuerspielplatz „Kolle 37“ hat bereits davon profitiert, und von den in St. Bonifatius eingetauschten „Berlinern“ wird die Fazenda Gut Neuhof unterstützt, wo jugendliche Drogenabhängige und Obdachlose die Chance für ein neues Leben erhalten.

Der „Berliner“ – Alternative in einer Währungskrise?

Ein Team ausschließlich ehrenamtlicher MitarbeiterInnen sichert die Funktionsfähigkeit des Netzwerkes. Ehrenamtlich wurden auch die Rückseiten der aktuellen Scheine gestaltet. Ein Kunstkurs der 13. Klasse der Kurt-Schwitters-Gesamtschule Prenzlauer Berg hat die Grafiken „Kollwitzplatz“, „Helmholtzplatz“ und „Volkspark Prenzlauer Berg“ entworfen und damit den räumlichen Bezug zum Lebens- umfeld der Regionalwährung veranschaulicht.

Dass so viel ehrenamtliches Engagement für Regio und Sozio nicht nur auf reinem Gutmenschentum basiert, unterstreicht die Tatsache, dass Anfang Mai 2006 die Staatsverschuldung der Bundesrepublik Deutschland die Marke von 1,5 Billionen Euro überschritten hat. Selbst Verfechter neoliberaler Wirtschaftstheorien gestehen ein, dass diese Summe einschließlich des im Sekundentakt explodierenden Zins und Zinseszinses von den Deutschen Steuerzahlern unmöglich zurück gezahlt werden kann. Wird als logische Konsequenz ein Währungsschnitt mittelfristig immer wahrscheinlicher?

Wie auch immer, die inzwischen zahlreichen Regionalwährungen könnten wohl nebenbei als „Übungsplattform“ fungieren, den Austausch von Dienstleistungen und Waren – zumindest des täglichen Bedarfs – auch im Fall einer Währungskrise relativ reibungslos abzuwickeln.

Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.

*