Homöopathische Antworten am Puls der Zeit

von Werner Baumeister

 

Erwischt!

Keine 15 Minuten nach der ersten Einnahme des Schwarzen Nachtschattens: Fahrscheinkontrolle in der U-Bahn. Ich will gerade aussteigen. Der Kontrolleur, der eher wie ein Rocker aussieht, inspiziert kritisch meinen Fahrschein, etwas länger als gewöhnlich. Ich denke angestrengt nach. Ich habe doch gerade einen Fahrschein gekauft, habe ihn korrekt abgestempelt, es muss doch alles in Ordnung sein. „Kommen Sie bitte mal mit raus“, unterbricht der Rockerkontrolleur meine Gedankengänge. Obwohl ich genau weiß, dass es keinen Angriffspunkt gibt, fühle ich mich erwischt. Irgendetwas scheint der Kontrolleur entdeckt zu haben, was eine Strafe rechtfertigt. Wir stehen auf dem Bahnsteig, er zieht eine Brille auf und inspiziert jetzt noch genauer meinen Fahrschein. Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit: „Alles okay, danke schön.“ Auf meine erstaunte Frage, was das solle, antwortet er: „Ich konnte das ohne Brille nicht lesen.“ – „Geht das vielleicht auch etwas weniger spannend“, rufe ich ihm noch verärgert hinterher… Während ich das eine Stunde später im Regio sitzend aufschreibe, stellt sich jemand vor mich und sagt: „Fahrscheinkontrolle!“

Da war er also wieder, mein vertrauter Glaubenssatz: Selbst wenn ich alles richtig mache, gehöre ich bestraft, weil ich einfach grundsätzlich schuldig bin – und meinen Platz in der Gesellschaft als Arzt habe ich auch nicht verdient. Fuck, denke ich: Wenn ich das nicht aufgelöst kriege, konstruiere ich mir wahrscheinlich früher oder später noch etwas, was diesen Platz tatsächlich in Frage stellt.

Verbotene Wut

Homöopathisches Thema des Schwarzen Nachtschattens ist es, etwas Furchtbares getan zu haben und dafür eine Strafe verdient zu haben. Eine weitere homöopathische Gabe des schwarzen Nachtschattens zeigt mir noch klarer, wo er hinzielt: auf mein Grundtrauma. Als ich fünf Jahre alt war, brauchte mein kranker Bruder lange Zeit die gesamte Aufmerksamkeit meiner Mutter und ich wurde in eine andere Stadt zu den Großeltern gegeben. Mein Großvater, selbst als uneheliches Kind weggegeben von seiner Mutter, wuchs bei Stiefeltern auf, die ihn als „Bastard“ bezeichneten. Wahrscheinlich darum sanktionierte er meine wütende Enttäuschung darüber, dass für mich so gar nichts an Mutterliebe übrig blieb, immer wieder aufs Heftigste. Das endete für mich stets damit, dass ich in den dunklen Keller eingesperrt wurde, wo ich mich dann für meine egoistischen Gefühle zum Schaden meines Bruders schämen sollte. So fühlte sich meine Wut zunehmend schlecht und verboten an. Am Ende war es so, dass mein Bruder eine Herzoperation nicht überlebte, und für mich wurde meine Wut zur Ursache für seinen Tod.

Der Feind in uns

Auf Waldlichtungen im Grenzbereich zwischen Licht und Schatten trifft man sie in der Natur an, die Nachtschatten. Ihr homöopathisches Arzneibild zeigt den typischen inneren Kampf zwischen Hell und Dunkel. Wir müssen uns kontrollieren. Wenn wir unsere eigene aggressive Seite nicht unter Kontrolle halten, sind wir unser eigener schlimmster Feind. Wenn wir uns nicht selbst beherrschen, dann zerstören wir auch noch den Rest von Zuwendung, den wir von unserer Umgebung bekommen. In unserer subjektiven Wahrnehmung wird damit schon ein normaler Ausdruck eigener Aggression zur Katastrophe. So laufen wir also durchs Leben mit dem Gefühl, Strafe verdient zu haben, was sich dann in Form von autoaggressiven Erkrankungen oder Gewalt von außen manifestiert. Die homöopathischen Nachtschatten beleuchten unsere grundlegenden und fundamentalen Urinstinkte. Bei Kindern zeigen sich diese in Form von Wut noch unverfälscht. Wir als Erwachsene haben diese Gefühle schon in den Schatten verdrängt, präsentieren uns extrem kontrolliert und haben große Probleme, uns zu erlauben, Aggressionen rauszulassen. Wir sind vom wilden, freien Wolf zum domestizierten Schäferhund geworden, haben immer mehr Hemmungen gespeichert und gelernt, uns – den gesellschaftlichen Regeln entsprechend – zivilisiert zu benehmen. Die homöopathischen Nachtschatten erlauben es uns, mit dieser normalerweise extrem gedeckelten und „verbotenen“ dunklen Seite in uns in Kontakt zu treten, dabei zerstörerischen Gefühlen zu begegnen und diese ursächlich zu verstehen. Mit den Nachtschatten entschärfen wir eine Zeitbombe, die früher oder später explodieren würde, die aber viel häufiger noch in Form plötzlicher ernster Erkrankungen implodiert.

Homöopathischer Themenbereich

Die giftigen Nachtschatten Stechapfel, Tollkirsche, Bilsenkraut, Alraune und schwarzer Nachtschatten ermöglichen es homöopathisch, mit den tieferen Ursachen unserer Wut in Kontakt zu treten. Aus welchen biographischen Gründen auch immer ist es hier, als hätte man kein Recht auf seine Grundbedürfnisse und damit auf seine Existenz. In diesem ständigen Kampf gegen sich selbst ist unglaublich viel Lebensenergie gebunden. Diese Kraft setzen die Nachtschatten homöopathisch frei.

 

Schlagworte (mit Links zu weiteren Artikeln von Werner Baumeister):
Homöopathie NachtschattenSchattenSchuldTraumaWutLebensenergie 

 

Werner Baumeister

ist Arzt und bietet individuelle homöopathische Begleitung an.

30 Jahre Erfahrung in eigener Praxis in Berlin.

Einzeltermine nach Vereinbarung, Behandlungstermine zum Thema des Artikels jederzeit möglich.

Information zu aktuellen Workshops immer auf der Seite „Homöopathie am Puls der Zeit

(mit Themenregister aller Artikel) sowie unter Tel.: 0172 – 391 25 85 .

Oder Newsletter mit aktuellen Terminen abonnieren unter E-mail w.baumeister{at}gmx.net .

Die homöopathischen Arzneibilder von Werner Baumeister verstehen sich immer auch

als homöopathischer Spiegel aktuellen Zeitgeschehens.

 

 

Über den Autor

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Werner Baumeister ist Arzt und bietet individuelle homöopathische Begleitung an.

30 Jahre Erfahrung in eigener Praxis in Berlin. Einzeltermine nach Vereinbarung

Die im SEIN regelmäßig veröffentlichte Fortsetzungsserie „Homöopathie am Puls der Zeit“ versteht sich auch immer als homöopathischer Spiegel aktuellen Zeitgeschehens.

0172 – 391 25 85

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