Familienaufstellungen an geschichtsträchtigem Ort

Die ersten entstanden vor rund tausend Jahren. Die Gegend war ein wahres Paradies für Fische und Wasservögel. Wer kann sich heute noch vorstellen, dass bis vor dreihundert Jahren Sumpfschildkröten eine wichtige Nahrungsquelle für den Menschen waren?

1muehl3.jpgDie Orte, an denen diese ersten slawischen Siedlungen entstanden, haben bis heute etwas Magisches. Auf einem dieser Plätze steht seit knapp zweihundert Jahren der „Mühlenhof“ in Wilhelmsaue. Wo man auch gräbt, findet man alte Scherben und Reste alter Fundamente. Die Einheimischen sagen, der Hof läge auf dem „Berg“. Einem Besucher würde die kleine Erhebung nicht auffallen, aber bei Hochwasser können drei Meter Höhenunterschied eine entscheidende Rolle spielen. Diese leicht erhöhte Lage ließ den Ort im 19. Jahrhundert auch für den Bau einer hölzernen Bockwindmühle geeignet erscheinen. Kirchen und Mühlen sagt man nach, dass sie oft an „Kraftorten“ erbaut wurden. Und wer kann schon wissen, welche energetischen Strudel entstehen, wenn die hölzernen Windmühlenflügel den Himmel verwirbeln. Nachforschungen im Archiv ergaben, dass seit 1830 bis 1920 circa alle fünf Jahre der Besitzer der Hofstelle wechselte. Warum das so war, ist nicht überliefert.

 1945 erlebte die Gegend ihre Apokalypse. Die Schlacht um die Seelower Höhen hat auch hier ihre Spuren hinterlassen. Granatsplitter und Geschosse im alten Gebälk, noch vor wenigen Jahren wurden Turm und Kanone eines Panzers aus dem Feld gepflügt. Quer durch das Müllerhaus lief ein Schützengraben, die Mühle war schon vermint zur Sprengung, aber beherzte Bauern stahlen nachts die Sprengladungen. Unzählige Menschen sind auf diesen Feldern gestorben, bei eisiger Kälte, während die Front hin- und zurückwogte. Nach 1945 wurden Bretter vor die zerschlagenen Fenster genagelt, und im Haus lebten nun 16 Umsiedler auf engstem Raum. Trotz Kälte und Hunger war diese Zeit vermutlich, was das menschliche Miteinander betrifft, die beste Zeit, die das Haus bis dahin gesehen hatte. Für viele Jahre versank der Hof dann allmählich im Dornröschenschlaf.

Seminarbetrieb auf dem Mühlenhof

1muehl6.jpg1990 war der Hof in einem völlig verfallenen Zustand. Durch die Risse in den Tapeten schien die Sonne, die alten Fachwerkwände waren müde und gerade dabei, sich endlich hinzulegen. Aber dazu kam es nicht. Holm Andree Jochmann, eine seltene Mischung aus Restaurator und Heilpraktiker, war vom ersten Moment an von diesem Ort fasziniert. Der Hof wurde gekauft, der Wiederaufbau beschlossen. Der Bauherr ging behutsam vor, eine alte Scheune in der Nachbarschaft spendete Balken und Dachsteine, manch schönes historische Bauteil aus der Gegend wurde hier verbaut. In den beiden Wirtschaftsgebäuden entstanden ein Seminarraum und Zimmer für 16 Personen in einer gelungenen Mischung aus Komfort und historischem Flair. Seit 1999 leitet Jochmann auf dem Mühlenhof einmal im Monat ein Familienaufstellungs-Seminar. Als hätte der Hof sich die Zahl der Umsiedler gemerkt, besteht eine Gruppe meist aus 16 Teilnehmern. Vermutlich ist dieser geschichtsträchtige Ort für Aufstellungen ideal geeignet. Eine Aufstellung ist ja oft eine Reise in die Vergangenheit der Familie, da hat es eine besondere Wirkung, wenn abends 16 Menschen am blank gescheuerten Holztisch sitzen oder gemeinsam auf dem Hof ein großes Feuer entzünden.

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