Derzeit gibt es in Österreich keine flächendeckende alternative Bank, die sich dem Gemeinwohl verpflichtet hat und wirtschaftlich neue Wege geht. Dies will die kapitalismuskritische Organisation Attac nun mit der Gründung der Demokratischen Bank ändern. Bis 2013 soll die genossenschaftlich organisierte Bank ihr Geschäft aufnehmen, dazu werden nun Anteilseigner gesucht, die ein Startkapital von fünf bis zehn Millionen Euro zusammentragen.

Allen Menschen, die mit dem aktuellen System und dem Verhalten der großen Privatbanken unzufrieden sind, soll die Demokratische Bank eine Alternative bieten. Eigentümer der Bank ist im Idealfall das Volk – jeder kann Genossenschaftsanteile erwerben und in demokratischen Prozessen mitbestimmen, wie es mit der Bank weitergeht.

Das Konzept

Was bisher über das Konzept der Bank zu lesen ist, klingt im Rahmen des alten Wirtschaftssystems recht ansprechend. Die Bank sieht sich als reinen Vermittler, es wird kein Geld geschöpft, Zinsen werden weder gewährt noch verlangt. Die Einlagen sind garantiert, da die Bank mit einer 100-prozentigen Deckung arbeiten wird. Die Bank unterzieht außerdem alle Geschäfte einer Gemeinwohlprüfung und versucht „so weit wie möglich entkoppelt von den herkömmlichen Geld- und Kapitalmärkten“ zu arbeiten. Auch Regionalgeld soll Teil des Geschäfts werden, sofern dies gesetzlich möglich ist.

Da sich die Bank finanzieren muss, wird eine Gebühr erhoben, welche allein die real entstehenden Kosten deckt und keinen Gewinn erwirtschaftet – Girokonten sollen jedoch für alle Bürger kostenlos sein.

Bei Kunden, Mitarbeitern und Kreditvergaben wird auf soziale und ökologische Standards geachtet. Dabei wird auch an Kleinigkeiten gedacht: Innerhalb der Bank darf die Gehaltspanne zwischen Praktikant und Vorstand nicht weiter als in der Größenordnung 1:5 auseinanderliegen.

Die gesamte Bank soll demokratisch organisiert sein, alle Geschäfte völlig transparent offenlegen und ein größtmögliches Maß an Mitbestimmung möglich machen – so sollen Vorstand und Bankenrat basisdemokratisch gewählt werden – und zwar von Sparern, Schuldnern und Mitarbeitern gleichermaßen.

Auf ein Filialnetz im klassischen Sinne wird die Bank aller Wahrscheinlichkeit nach verzichten. Viele Geschäfte können über das Internet erledigt werden, der Rest soll entweder als „ambulante/mobile Bank“ erfolgen, die von einer Bezirksfiliale aus ins Haus/an den Hof/in den Betrieb kommt, oder durch die Nutzung schon bestehender Infrastruktur wie Cafés, Bibliotheken, Bio- und Eine-Welt-Läden, Kulturvereine und Ähnliches.

Große Ziele

„Die Demokratische Bank wird Geld zu einem Mittel für den Zweck des Gemeinwohls machen. Geld ist nicht nur ein privates Gut, sondern wird auch zu einem öffentlichen Gut. […] Sie hilft, die Gesellschaft als Organismus zu denken, von dem alle Teil und in dem alle miteinander verbunden und voneinander abhängig sind, woraus sich ergibt, dass die Lebensqualität am höchsten ist, wenn alle miteinander kooperieren. […] Die Demokratische Bank betreibt Gemeinwohlmaximierung und nicht Gewinnmaximierung“, schreibt Attac in einem 10-Punkte-Visionspapier – das wird man wohl in den Geschäftskonzepten der wenigsten Banken zu lesen bekommen. Das gesamte Konzept ist sehr an der „Gemeinwohl-Ökonomie“ nach Christian Felber orientiert, die als der „dritte Weg“ zwischen Kapitalismus und Kommunismus angesehen wird.

Wird die Bank eine echte Alternative sein? Oder wird sie wie die Raiffeisen- und Volksbanken vom System vereinnahmt werden? Ist eine solche Bank wirklich eine transformative Kraft oder nur Kosmetik an einem maroden System? Das Projekt zeigt zumindest, wie aktuell das Thema auch in der österreichischen Gesellschaft ist. Und der Erfolg von ähnlichen Banken in Deutschland (GLS, Tridos) beweist, das es durchaus auch wirtschaftlich funktionieren kann. Ob damit wirklich ein neues System geschaffen werden kann und ob dieser Ansatz tief genug geht, dürfte ein Diskussionspunkt bleiben. Aber gerade das ist sicherlich ein Hauptpunkt: Projekte wie dieses bringen stellen das System öffentlich in Frage und suchen nach neuen Antworten. In jedem Fall gibt es bald auch in Österreich keinen guten Grund mehr, sein Konto noch bei einer herkömmlichen Bank zu halten.

 

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Eine Antwort

  1. WellenbeobachterHH

    Dazu fällt mir nur eines ein…die Illusionen bezüglich Marktwirtschaft / Kapitalismus enden wohl nie…nur die Ansätze variieren. Gerade attac ist ein typische Beispiel – geradezu ein Sammelbecken für kleinbürgerliche Ideologien. In den Kommentaren zur „Gemeinwohl-Ökonomie“ ist auf die Beschränktheit der Logik dieses Ansatzes schon hingewiesen worden. Das bedeutet keineswegs, dass eine demokratische Bank nicht besser wäre als eine rein private. Natürlich kann das zeitweise positive Effekte haben. Langfristig bleibt es aber illusionär, weil es keine vollständig richtige Lösung darstellt. Das Geld wird (genau wie Regionalwährungen u.ä.) kaufmännisch genauso zur Mehrwertbildung eingesetzt, wie die „normalen Währungen“ auch. Enden die Wachstumsoptionen, endet auch der Erfolg so eines Bank- (bzw. analog Währungs-)modells.

    In der heute auf 3sat ausgestrahlten Doku „Der Schein trügt“ war das auch gut zu erkennen. Da freuten sich die Bürger einer brasilianischen Kleinstadt über die Erfolge ihrer demokratischen Bank mit zinsloser Regionalwährung „Palmas“ mit schnellem Umlauf dank Umlaufsicherung per Marke, die auf die Scheine geklebt wird (eigentlich nur ne Art regressiver Steuer).

    Da die Stadt vorher ein dreckiger Slum war, gab es offensichtlich genügend Wachstumspotential, um aus dem Dreckloch eine ansehnliche Stadt aufzubauen. Das hatte zunächst sehr positive Effekte. Man gab sich daher lautstark der Illusion hin, das würde auch weiterhin so sein. Zwischendurch sah man jedoch an Arbeitsplätzen Arbeiter an SINGER-Nähmaschinen sowie westlichen Computern. Die sind dort aber garantiert nicht mit „Palmas“ produziert worden, sondern mussten für harte Dollars eingekauft und importiert werden. Über die Kredite dazu hörte man kein Wort. Ebenso wenig darüber, was passiert, wenn die Kapitalmenge der „Palmas“ die eigenen Reproduktionsmöglichkeiten und Wachstumsgrenzen erreicht. Werden immer mehr Waren hergestellt, muss logischerweise auch die Nominalmenge der Währung steigen. Da die Umlaufgeschwindigkeit größer war als bei normalem Zinsgeld, wird dieser Zustand vielleicht zuerst langsamer eintreten, dann aber umso heftiger. Je größer die Gesamtgeldmenge ist, desto ähnlicher wird das Problem dem des Zinseszins, denn die wachsende Geldmenge erfordert immer schnelleren, extensiveren Konsum(rausch) um im Sinne der Zirkulation funktionieren zu können. Die Hamster in Rädern müssen zwangsweise immer schneller laufen, so wie im Turbokapitalismus mit Zinsgeld auch.

    Wie gesagt, die Illusionen sterben nicht aus…sie ändern nur die Farben und Formen.

    Antworten

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