Die Krise des Finanzsystems wird zur Vertrauenskrise.

Zeit, denjenigen das Vertrauen auszusprechen, die es auch wirklich verdienen.

 

 

Ein wirtschaftsliberal denkender Bankmanager wie Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, sucht Hilfe beim Staat, weil er nicht mehr an die Selbstheilungskraft der Märkte glaubt. Er lässt damit durchblicken, dass die internationalen Finanzmärkte am Rande des Abgrunds stehen. Die Bürger-Innen fragen sich nun, wie es zur Krise des Finanzsystems kommen konnte und wie dick es noch kommen wird.
Der Staat, und damit der Steuerzahler, soll den Banken jetzt aus deren selbst verschuldeter Krise helfen. Steckt ein System dahinter? Das System Verantwortungslosigkeit!

In Folge der Anschläge des 11. September 2001 drohte der amerikanischen Wirtschaft eine lange Rezession. Die private Notenbank Fed schleuste neues, billiges Geld zur Ankurbelung der Bauwirtschaft, einer Schlüsselindustrie der USA, in den Markt. Durch die im Geld schwimmenden Hypothekenfinanzierer und deren provisionsgesteuerte Vertriebsmannschaften wurden Menschen, die es sich eigentlich nicht leisten konnten, animiert, ein Haus zu kaufen oder zu bauen.

Die Wirtschaft erholte sich, die Immobilienpreise stiegen. Auch Besserverdiener erlagen dem Werben der Kreditverleiher und belasteten ihre Häuser mit zusätzlichen Hypotheken, um einen gehobenen Lebensstil, die Hochschulausbildung der Kinder oder den Urlaub zu finanzieren. Um die eigene Bilanz der Hypothekenfinanzierer zu entlasten, wurden hunderttausende dieser Hypothekendarlehen zu Paketen geschnürt und zunächst an amerikanische Investmentbanken weiterverkauft, die ihre Käufe ebenfalls mit Krediten finanzierten. Im nächsten Schritt wurden diese niedrigverzinsten Kredite zu hochlukrativen Spekulationsvehikeln mit Hebelwirkung (sog. Derivate – Wetten auf bestimmte Ereignisse) “veredelt”, die an besonders profitorientierte Spekulationsfonds (Bear Stearns) und gierige  Provinzbanker, z.B. an die Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB,  weiterverkauft wurden. Für die Käufer zunächst ein blendendes Geschäft, so lange, bis die amerikanische Wirtschaft erneut an Fahrt verlor, die Häuserpreise auf weniger als die Hälfte fielen, die kreditgebenden Institute in Folge zusätzliche Sicherheiten und höhere Zinsen forderten und mittlerweile 1,3 Millionen Amerikanern die Zwangsversteigerung ihres Eigenheims droht, weil sie ihre Kreditraten nicht mehr bedienen können.

Ende 2007 sitzt die gesamte Finanzbranche auf unverkäuflichen Krediten, die zum großen Teil über Schulden finanziert sind. Nun kommt der Moment der Wahrheit, da jede Bank die ausgegebenen Kredite in die eigenen Bücher nehmen und den Wertverlust der damit finanzierten Investition beziffern und berichtigen muss. Adieu ihr Milliarden, versenkt in schwarzen Löchern unbekannten Ausmaßes.

Da sich die Geschäftsbanken jetzt kaum noch gegenseitig Geld leihen, pumpen die Notenbanken (die “Geldmacher“) EZB 95 Mrd. Euro und die Fed 24 Mrd. $ in den Markt. Nicht genug. Am 12. Dezember 2007 verständigen sich die Währungshüter aus den USA, dem Euroraum, Großbritannien, Kanada und der Schweiz, den Markt in einer konzertierten Aktion mit Milliarden von Dollar zu überfluten. Wenige Tage später legt die EZB noch einmal nach und pumpt weitere 350 Mrd. Euro in den Markt. Mitte Januar verkündet US-Präsident George W. Bush ein 168-Mrd.-$-Konjunkturpaket und am 11. März schießt allein die Fed weitere 200 Mrd. $ ins klamme Bankensystem. Im Ergebnis fällt der Dollar seit sieben Jahren im Sturzflug, mit einer Inflationsrate von 4,3 Prozent und lächerlich günstigen Finanzierungskonditionen von 3,4 Prozent für geliehenes Geld ausländischer Investoren.

Wen wundert es, dass Amerika mittlerweile Schulden von 47 000 Mrd. Dollar angehäuft hat. Und täglich wächst die Geldmenge. Allein 2007 um 16 Prozent. Bis Mitte März um insgesamt 25 Prozent. Das nennt man Inflation, Entschuldung auf Kosten anderer und Entreicherung derjenigen, die dem Dollar vertrauten.

In der Europäischen Währungsunion sieht es nicht besser aus. Hat die Teuerung seit Einführung des Euro um 50 Prozent zugelegt, oder hat  der Euro um 50 Prozent an Wert verloren? Die Märkte haben nun begriffen, dass die Notenbanken nur das Schlimmste verhindern, aber die Ursachen der Finanzmisere nicht heilen können, denn die Gier seiner Akteure ist das eigentliche Problem. So erscheint es nur logisch, wenn z. B. Broker (Wertpapierhändler) extrem hohe Risiken eingehen, weil diese neben ihrem Festgehalt einen zusätzlichen Bonus (oft in Millionenhöhe) erhalten, der sich an ihrem Erfolg orientiert. Hohes Risiko, hoher Bonus! Spätestens hier bleibt die Verantwortung auf der Strecke.

Noch nie hat ein so hochbezahlter Stand wie der der Broker, Analysten, Fondsmanager und Banker so kläglich versagt, so viel verdient und so wenig zum Gemeinwohl beigetragen. Der Schaden, die Milliardenlöcher, werden nun mit Steuergeldern gestopft.

Was kommt als Nächstes? Der Eurodollar? Auf den Goldbeständen der amerikanischen Fed aufgebaut? Oder ein neues, auf ethischen Werten basierendes, sozialökologisches Geldsystem?


Das Wort Kredit stammt vom lateinischen credere ab – und bedeutet Vertrauen.

EZB – Europäische Zentralbank.

Fed – Federal Reserve Bank – Amerikanische Notenbank und einzige private Geldschöpfungmaschine.

Mit einem Eigenkapital von 12 Mrd. $ gelingt es der fünftgrößten Bank in den USA, Bear Stearns, eine Bilanz von 395 Mrd. $ darzustellen. Wie stehen Ihre Chancen, Ihrer Bank einen Kredit über dem 33-fachen Ihres Eigenkapitals zu entlocken?

265.000.000.000 Dollar sollen bisher im schwarzen Loch der Finanzkrise verschwunden sein. (Stand April 2008)

Über den Autor

Avatar of Aman
Autor

Geschäftsführer des One World Verlages und Herausgeber des SEIN-Magazins

Unterstütze SEIN

Vielen Dank an alle, die den Journalismus des SEIN bisher unterstützt haben.
Die Unterstützung unserer Leser trägt dazu bei, dass wir unsere redaktionelle Unabhängigkeit behalten und unsere eigene Meinung weiter äußern können. Wir sind sicher, dass unsere redaktionelle Arbeit und unsere Themenvielfalt und Tiefe den gesellschaftlichen Wandel beflügeln. Wir brauchen Deine Unterstützung, um weiterhin guten, kreativen "Lösungs-Journalismus" zu liefern und unsere Offenheit zu wahren. Jeder Leserbeitrag, ob groß oder klein, ist wertvoll. Wenn Du unsere Arbeit wertschätzt, unterstütze SEIN noch heute - es dauert nur wenige Minuten. Vielen Dank.
SEIN unterstützen





Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.

*