Weltweit versuchen Menschen, sich dem in den westlichen Medien verbreiteten Schönheitsideal anzupassen. Die Globalisierung der Schönheit.

 

Augen wie im Werbespot

In Korea hat sich in den letzten Jahren und mit der Verbreitung der Schönheitschirurgie ein Wandel des Schönheitsideals entwickelt, der erschreckende Ausmaße annimmt. Frauen lassen sich zunehmend ihre Augen nach westlichem Vorbild operieren, um diese optisch zu vergrößern und sich so dem europäischem Vorbild anzugleichen. Mittlerweile verbucht die Stadt Seoul eine recht große Anzahl an Schönheits- und Hautkliniken, die diesen Wandel nochmals verstärken.

Was dieser technisch eigentlich harmlosen Form der Schönheitsoperationen einen so fahlen Beigeschmack gibt, ist wohl, dass hier – anders als bei der Vergrößerung der Brüste oder dem Absaugen von Fett – versucht wird, ethnische Merkmale zu verändern.

 

Weiße Haut für indische Frauen

In Indien sieht es ähnlich aus. Dort sind es nicht die Augen, sondern die Hautfarbe, die durch Bleichmittel dem westlichen Vorbild angeglichen wird. Je weißer die Haut, desto schöner die Frau, lautet das Schönheitsideal, das in zahlreichen Werbespots verbreitet wird. Weißere Frauen haben inzwischen bessere Job- und sogar Heiratschancen – in Kontaktanzeigen suchen Männer vor allem nach der Angabe „fair skin“ (blasse Haut). Beobachter sprechen von einer regelrechten Besessenheit, weißer zu werden, die immer mehr Besorgnis erregt.

Diese Trends lassen lässt unweigerlich die Frage entstehen, ob durch die westlichen Medien weltweit eine Angleichung des Schönheitsideals geschieht – eine Globalisierung der Schönheit.

Kulturelle Globalisierung

Der Begriff Globalisierung wird aus vielerlei Perspektive verwendet – in erster Linie wohl in Hinblick auf die Wirtschaft. Aber auch aus gesellschaftlicher, kultureller Sicht sehen Wissenschaftler eine zunehmende Annäherung bzw. Implementierung unterschiedlicher Einflüsse. Neben der weltweiten Vernetzung der Wirtschaft zeigt sich auch eine zunehmende Angleichung von gesellschaftlichen Verhaltensweisen in ganz unterschiedlichen Nationen. In diesem Fall wird von einer kulturellen Globalisierung gesprochen, bei der die Vorstellungen über Entwürfe und Identitäten einzelner Gesellschaftsgruppen zunehmend voneinander beeinflusst und vermischt werden.

Im kulturellen Bereich wird diese Globalisierung besonders durch die Vereinfachung der Kommunikation über das Internet und neuerdings mobile Endgeräte begünstigt, die mehr und mehr zu internationalen Medien und teilweise ganz neuen, globalen Kommunikationsformen führen. Bestes Beispiel kann hierbei in der Verwendung von speziellen Icons in Unterhaltungen gesehen werden. So weiß weltweit jeder Internet-Nutzer, was ein Smiley bedeutet.

Dominiert wird diese Entwicklung zwar von den Trends, die in den USA geprägt werden, aber es gibt auch andere Beispiele. Die Emo-Ästhetik beispielsweise war auch geprägt von Einflüssen aus asiatischen Manga-Comics. Global gesehen ist es aber vor allem der Einfluss von Hollywood und der US-Unterhaltungsindustrie, welche die kulturelle Globalisierung formen.

 

Ideal von Schönheit ist kulturell geprägt

Historisch gesehen ist wohl kaum ein anderer Begriff ist von so viel Subjektivität geprägt wie der Begriff Schönheit. Kein Wunder also, dass es eine wirkliche Definition von Schönheit auch gar nicht gibt. Die einen sprechen von den idealen Proportionen, die anderen von Ausstrahlung.

Letztlich ist Schönheit aber doch kein subjektiver, sondern ein kultureller Begriff. Es wird immer das als schön angesehen, was das Umfeld, die Bezugsgruppe, oder die Masse bestimmt. Während dabei früher vor allem gesellschaftliche Aspekte eine Rolle spielten, wird die Schönheitsdefinition der Masse heute vor allem durch die Medien geformt.

Obwohl Schönheit grundsätzlich als subjektiv erscheinen mag, streben Menschen doch seit jeher nach der einen Schönheitsformel, nach dem Idealbild, welches durch Bezugsgruppe oder die Masse vorgegeben wird. Auch wenn die meisten Menschen überzeugt sind, sich ihr Bild von Schönheit selbst nach rein ästhetischen Merkmalen gebildet zu haben, wird schnell klar, dass dies eine Illusion ist. Schönheit ist ein soziales Konstrukt, was sich allein in ihrer Widersprüchlichkeit zeigt. Ein rein auf absoluten, ästhetischen Merkmalen beruhendes Schönheitsideal kann es wohl nicht geben – es ist das gesellschaftliche Miteinander, was das Schönheitsideal bestimmt.

 

Schönheitideal im Spiegel der Zeit

Insgesamt kann festgehalten werden, dass stets das Schönheitsideal als das angestrebte galt, was selten und schwer zu erreichen war. Meist das, was von den erfolgreichen und reichen Eliten vorgelebt wurde. In Zeiten von Hungersnot und Armut waren fülligere Frauen gefragt, in Zeiten des Überflusses, sind dünne Körper ideal.

In Zeiten der Feldarbeit war blasse Haut schön – daher auch der Begriff „blaues Blut“, der sich von den unter der bleichen Haut sichtbaren Adern herleitet. In Zeiten der Fabrik- und Büroarbeit hingegen ist Bräune das Ideal – die Hautfarbe der Reichen, die sich sonnen, während andere arbeiten.

Das Schönheitsideal ändert sich selbst innerhalb einer Kultur ständig und ist dabei extrem von den gesellschaftlichen Entwicklungen geprägt.

 

Bedeutung des Schönheitsideals für das gesellschaftliche Miteinander

Aus den geschichtlichen Entwicklungen heraus kann entnommen werden, dass Schönheit immer auch eine Form Kummunikation darstellt. Mit der aktuellen Mode und dem eigenen Aussehen soll gleichzeitig eine Information transportiert werden, wie zum Beispiel die Demonstration der Zugehörigkeit zu einer Gruppe von Menschen.

Aus diesem Grund verlängern in Burma beispielsweise Frauen mit Metallreifen ihre Hälse oder in anderen afrikanischen Stämmen stecken sich Männer und Frauen Gegenstände als Körperschmuck durch Nase und Ohren. All dies gilt innerhalb der Gruppe als schön.
Gleiches gilt für die Mode von Hippies, Punks und anderen Subkulturen, die meist durch klare Mode und spezielle Schönheitsideale gekennzeichnet sind. Schönheit spielt dabei für die Gruppenbildung eine nicht unerhebliche Rolle, da durch eine einheitliche Meinung mehrerer Menschen über Schönheit ein Wir-Gefühl entsteht.

Die Masse hingegen orientiert sich meist an den Idealen der reichen Eliten und großen Stars.

 

Schönheit aus Hollywood

Denn in puncto Mode und Schönheit spielen wohl vor allem Schauspieler, Sänger und andere Stars eine zentrale Rolle in der Herausbildung von globalen Trends, wobei diese Stars von den Medien und Modeherstellern auch gezielt eingesetzt werden, um Trends zu setzen. Stars aus dem internationalen Musik-Business oder dem Filmbereich haben einen zentralen Einfluss nicht nur auf junge Menschen.

Durch die gleichen Idole weltweit streben mehr und mehr Menschen ähnlichen Idealen nach, was ein nicht ganz unerheblicher Punkt für die Angleichung des Schönheitsideals ist. Sicherlich kann dieser Effekt nicht auf alle Kulturen und Menschen pauschalisiert, dennoch als Entwicklung erkannt werden.

 

Medien prägen das Schönheitsideal

Ganz klar sind es also vor allem die Medien, die das Bild von Schönheit prägen, sei es der perfekte Körper oder die modischen Trends. Vor allem im Fernsehen und in Magazinen scheinen vor allem in den westlichen Industriestaaten ausschließlich schlanke und attraktive Menschen positiv dargestellt zu werden.

Dass die Medien dabei Ideale zeigen, die für die meisten Menschen niemals von nicht erreichbar sein werden, zeigt sich schon dadurch, dass heute so gut wie alle Bilder per Bildbearbeitungsprogramm nachgebessert werden.Da den Medien zunehmend mehr Bedeutung beigemessen wird, kritisieren nicht nur Verbraucherschützer dieses Vorgehen.

Unabhängig von regionalen Schönheitstrends verbreiten sich durch die Internationalisierung der Medien, Ideale und Inhalte sehr schell weltweit. Dennoch kann nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass lediglich die westlichen Ideale sich durchsetzen werden. Forscher sehen vielmehr eine Vermischung unterschiedlicher kultureller Trends, wodurch es wohl eher zu neuen und aus unterschiedlichen Kulturen beeinflussten Schönheitstrends kommen wird.

 

Schönheit als Statussymbol

Dem Streben nach Schönheit kann man sich heute kaum entziehen. Sicherlich gibt es zahlreiche Frauen und noch mehr Männer, denen Äußerlichkeiten weniger bis gar nicht wichtig sind. Dennoch können sie sich kaum den Einflüssen der Umwelt entziehen. Die Medien, wie Filme, Serien, Werbung und andere Formate geben nicht nur vor, was schön ist. In diesen Medien sind auch fast ausschließlich attraktive Menschen erfolgreich und beliebt.

Diese Bilder suggerieren beim Konsumenten den Eindruck, dass Erfolg sowohl im Beruf als auch im sozialen Leben nur dann möglich ist, wenn die äußerlichen Gegebenheiten stimmen. Schönheit wird damit zum Statussymbol. Dies erzeugt einen Druck, der immerhin so weit geht, dass immer mehr Menschen Schönheitsoperationen über sich ergehen lassen, um dem westlichen Ideal eines attraktiven, jugendlichen, gesunden und sportlichen Menschen zu entsprechen.

Schönheit wird dabei nicht um ihrer selbst willen angestrebt, sondern als Weg gesehen, soziales Ansehen und beruflichen Erfolg zu erlangen – und so unrealistisch ist das heute leider nicht.

 

Schönheit für die Karriere

In Indien haben Frauen mit dunkler Haut heute kaum noch Chancen auf gut bezahlte Jobs. Aber auch hier bei uns, ist Schönheit gemäß dem Ideal der Massen ein wichtiges Kriterium bei der Karriere. So wird in einem Artikel der FAZ ganz deutlich, dass Schönheit bei der Entscheidung für einen neuen Mitarbeiter den gleichen Stellenwert hat wie die Berufserfahrung. So will ein Forscher der Universität Texas herausgefunden haben, dass ein gutes Aussehen auf das Gehalt sich genauso positiv auswirkt, wie anderthalb Jahre Berufserfahrung. Andere Studien geben an, dass schöne Menschen deutlich schneller einen Job finden als andere Bewerber.

Die jeweils gültige Definition von Schönheit bestimmt dabei oft, welche Jobs überhaupt erreichbar sind. Denn spezielle Vorstellungen von Schönheit und Mode verhelfen auch im beruflichen Bereich dazu, dass sich eine Person in einer beruflichen Gruppe integrieren kann, sei es durch das Tragen von Arbeitskleidung oder dem Business-Outfit. So zeigen Menschen zum einen also ihre berufliche Zugehörigkeit gegenüber anderen, zum anderen wird gleichzeitig ein gewisser Status bzw. Abgrenzung zu anderen Bevölkerungsgruppen kommuniziert. Bänker haben genauso ihre eigenen Schönheitsideale, wie Fahrradkuriere oder Yoga-Lehrer. Dies lässt sich besonders leicht an der Mode ablesen.

Schönheit und Mode

Kleidung, Schmuck und Mode haben zum Erzielen des jeweiligen Schönheitsideals immer eine zentrale Rolle gespielt. So gab und gibt Mode bzw. Kleidung nicht zuletzt die kulturelle Identität wieder, in der eine Person sich befindet.
Durch die Globalisierung verliert diese Funktion allerdings nach und nach an Bedeutung. Global agierende Unternehmen, die überall auf der Welt Textilien produzieren, vermarkten und erhältlich machen, prägen den Kleidungsmarkt. Jugendliche in Tokio sehen heute nicht anders aus als Jugendliche in New York. Menschen scheinen heute zunehmend nicht nur in der Typberatung genormt zu sein, sondern individuelle Unterschiede und kulturelle Unterschiede weichen zunehmend einer Einheitsmode, die global die jährlichen Trends vorschreibt.

Aus diesem Grund sehen zahlreiche Kulturwissenschaftler eine immer stärkere Angleichung der modischen Vorstellungen weltweit. Auch Mode findet heute vor allem im Internet statt. Neben sozialen Netzwerken existieren zahlreiche Portale und Blogs, die vermeintliche Trends kommunizieren.

Aber auch Online-Shops und die darin verfügbaren Angebote sind ein Ausdruck für wachsende Globalisierung. Schließlich müssen Konsumenten ihre Kleidung nicht mehr in einem regionalen Geschäft kaufen, sondern können national, europaweit oder sogar weltweit bei Versandhändlern bestellen. Nicht nur international, sondern auch national haben nicht nur die trendigen Modediscounter, sondern mittlerweile auch Traditionsunternehmen wie Klingel ihre Angebote auf den Onlinemarkt erweitert.

 

Angleichung weltweiter Ideale

So existieren durch die Globalisierung heute weltweit gleiche Einflussfaktoren, die sich auf ein einheitliches Schönheitsideal auswirken. Schönheit ist ein soziales Konstrukt und eine globale Gesellschaft führt wohl zwangsläufig zunehmend zu einer globalen Definition von Schönheit – fatal, wenn dadurch, wie in den Beispielen aus Indien und Korea alle Unterschiede einem Normierungswahn zum Opfer fallen und Menschen ihre kulturelle und ethnische Identität verlieren.

Die Annahme, dass sich das Schönheitsbild aufgrund der Globalisierung weltweit mehr und mehr angleicht, kann aber lediglich als Trend angenommen werden. Besonders Subkulturen entfernen sich heute bewusst von einem Massenschönheitsideal. Die Auswahl an solchen Subkulturen wird immer größer und diverser, wobei vor allem kulturelle Vermischungen eine große Rolle spielen. Damit kann entsprechend die weltweite Bevölkerung nicht pauschalisiert betrachtet werden, auch wenn sich das Massenschönheitsideal fast immer auch versteckt in diesen Subkulturen wiederfindet.

Kulturforscher gehen heute davon aus, dass unterschiedliche Einflüsse der Kulturen neue Ideale hervorrufen werden, so dass die Vorstellungen über Schönheit weniger von regionalen Gruppen oder einzelnen Kulturen vorgegeben werden, sondern eben aus der Kombination der Einflüsse aus verschiedensten Quellen entstehen. Somit gibt es zunehmend keinen klaren örtlichen Ursprung mehr.
Auch wenn durch die Massenmedien das westliche Schönheitsideal weltweit dominiert, wird es regional meist zusammen mit anderen Einflüssen in bereits vorhandene Vorstellungen integriert, wodurch sich neue Ideale bilden.

Die offene Frage ist, ob sich am Ende dieses Prozesses eine globale normierte Vorstellung von Schönheit steht, oder eine Palette der unterschiedlichsten Ästhetiken. Entwicklungen wie in Korea und Indien lassen befürchten, dass kulturelle und ethnische Unterschiede zunehmend negiert werden.

Das mag aus unserer Sicht verrückt erscheinen, ist aber wohl nicht weniger verrückt, als dem Schönheitsideal auf andere Weise nachzueifern, weil man zufällig schon die richtige Hautfarbe und Augen hat. Der soziale Druck ist in allen Fällen der gleiche.

 

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Bild: Ajuk cc-by-sa

 

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