Du bist was ganz Besonderes! 28. Februar 2020 Zeitansage Wer hat ihn nicht schon mal gehört, diesen Satz: „Du bist was ganz Besonderes“. Er passt zwar nie zu den Erlebnissen im Alltag, ist aber doch tief in uns irgendwo „in Resonanz gegangen“. Das Wissen über unser eigenes Ganz-besonders-Sein bekam dann durch die jeweiligen Gaben und Begabungen eine gewisse Eigendynamik und strebte fortan nach Verwirklichung. Lag die Vermutung doch nahe, dass sich durch das Ausleben dieses einzigartigen Schicksals auch Gefühle wie Glück und Erfüllung einstellen würden. So versucht jedes Ich, sich von der Masse abzuheben und ganz besonders, ganz individuell, ganz einzigartig zu werden und zu sein. Jeder besitzt eine Gabe, eine Auf-Gabe und dort, wo die Bedürfnisse der Welt und die ur-eigene besondere Gabe sich kreuzen, liegt der Erfolg – sagt man. Bei einigen bleibt von einzig-artig nur noch das angepasste artig übrig, bei anderen drängt der Besonders-sein-Wunsch in die machtvollen politischen oder wirtschaftlichen Positionen, in die unendlichen Weiten der Wissenschaft, in die körperlich-sportlichen Höchstleistungen, in kreative künstlerische Ausbrüche oder in spirituelle Omnipotenz-Phantasien von Heilung, Licht und Liebe – je nachdem, was erfahren werden soll. All diese Ichs haben jedoch gemeinsam, dass sie sich innerlich niemals wirklich erfüllt fühlen, selbst wenn sie erfolgreich und/oder berühmt geworden sind. Der Wunsch nach diesem ach so Besonderen hat den darunter liegenden existenziellen Mangel nur überlagert, aber nicht gelöscht. Dieser Basis- Mangel ist durch das falsche Denken entstanden, von der Quelle getrennt zu sein. Das Ende der Verstandes-Show Durch das Erwachen fällt nicht nur der „Ich“- Gedanke, das „Es-gibt-mich“, weg, sondern mit ihm auch absolut alles andere – es gibt weder die Möglichkeit noch Notwendigkeit dafür, besonders zu sein. Paradoxerweise wird gerade das vom geneigten Umfeld als das Besondere wahrgenommen. Da ist jemand „echt“, zieht keine Show ab, zeigt sich so, wie er ist, ganz klar und einfach. Ja, das Einfache, das ganz Natürliche ist das Besondere in unserer Welt. Bei meinen regelmäßigen Satsang-Abenden hatte ich mal einen unangemeldeten Besucher, der etwas später kam. Als ich die Tür öffnete, kniete da ein älterer Mann förmlich vor mir. Mit seinen Händen in betender Namasté-Haltung vor der Stirn, den Kopf tief geneigt, sah ich nur seinen Hinterkopf und seine Schultern. Er murmelte mit zutiefst untertäniger Stimme, welch Ehre es für ihn doch sei, dass ich ihn empfangen würde. Meine spontane Reaktion „Was machst du denn da unten? Komm hoch! Hast du was verloren? Kann ich dir helfen?“ irritierte ihn sichtbar. Später erzählte er, dass er jahrzehntelang der Haus-&-Hof-Kameramann eines berühmten indischen Gurus gewesen war und sich nun verwundert zeigte über mein unspektakuläres Verhalten ohne Personenkult und schein-heiliges Getue. Ja, die Wahrheit, die allem zu Grunde liegt, ist ganz einfach. Noch viel einfacher, als es für den Verstand vorstellbar ist. Es gibt keinen essentiellen Unterschied zwischen einem Bäcker, einem Arzt, einem Obdachlosen, einem Politiker, einem Flüchtling, einer alleinerziehenden Mutter, einem Guru, etc., etc. Niemand ist besonders. Es gibt nichts Besonderes, denn es ist alles eins – und wenn überhaupt, dann ist das das Besondere. Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar Antwort abbrechenDeine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.KommentarName* E-Mail* Meinen Namen, meine E-Mail-Adresse und meine Website in diesem Browser für die nächste Kommentierung speichern. Überschrift E-Mail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren.Auch möglich: Abo ohne Kommentar. Durch Deinen Klick auf "SENDEN" bestätigst Du Dein Einverständnis mit unseren aktuellen Kommentarregeln.