Durch Bewegung zur besseren Kommunikation 1. September 2008 Atem & Bewegung Der Mensch ist genetisch dazu veranlagt, zu kommunizieren. Offenbar hat aber – wie der Zustand unserer Welt nahe legt –unsere bisherige, antagonistische Art der Kommunikation ausgedient, und es ist an der Zeit, dass wir friedlichere Formen finden. Otto Richter zeigt eine verblüffende Möglichkeit dazu auf: mit Körperarbeit und Bewegung. Wir altgedienten Körperarbeiter sagen gern: „Der Körper lügt nicht.“ Damit meinen wir, dass die physische Ebene tendenziell das widerspiegelt, was sich auf der psychischen, emotionalen und spirituellen Ebene eines Menschen abspielt. Und zwar spiegeln sich Gedanken, Gefühle und Allgemeinzustand nicht nur im Aussehen des Körpers, sondern besonders in seinen Bewegungen. Ein bekanntes Beispiel dafür: Wenn wir sehen, dass sich der Körper starr und unflexibel bewegt, dann könnte das durchaus mit starren Denkweisen, eingeschränktem Ausdruck von Emotionen und vielleicht dem Gefühl eines grundlegenden Mangels an Freiheit verbunden sein. Wenn man sich genau anschaut, wie man sich bewegt, kann man sehr viel über sich erkennen und besser verstehen, was in einem vorgeht. Genauso kann man sehr viel über andere erfahren, indem man sie beobachtet, über ihre Gedanken und Gefühle, einfach aus der Art, wie sie in ihrem Körper sind und wie sie mit ihm umgehen. Die Erkenntnis, dass „Körpersprache“ so viel verrät, ist nicht neu, aber in unserem Alltagsleben vergessen wir diese wertvolle Tatsache oft. Besonders gilt das für Kommunikationssituationen mit anderen Menschen. Manchmal sind wir so fokussiert auf das, was wir sagen wollen, dass wir die Signale von dem anderen verpassen, die uns helfen könnten, effektiver zu kommunizieren. Wir könnten durchaus lernen, nicht nur mit den Ohren besser zuzuhören, sondern auch mit den Augen. Die Sache funktioniert natürlich auch umgekehrt. Die Art, wie man seinen Körper bewegt, kann den inneren Zustand total verändern. Wenn du z.B. merkst, dass du ein eher starrer Mensch bist, dann kann, wenn du bewusst übst, dich auf flexiblere, fließendere Art zu bewegen, dein inneres Selbst auch lockerer werden und entspannen. Nicht nur das – in der Kommunikation mit anderen kannst du lernen, klarer zu fokussieren und dich freier auszudrücken, wenn du anfängst, dasselbe auf der Ebene des Atems und der Bewegungen zu tun. Der natürliche Zustand In den 25 Jahren meiner professionellen Arbeit mit therapeutischer Bewegung und Tanz habe ich mich weitgehend auf den energetischen Austausch zwischen zwei Leuten fokussiert, die sich frei zusammen bewegen. In einer Symphonie aus Gedanken, Gefühlen, pulsierenden Rhythmen, Gesten, Tränen, Gesichtsausdruck und jeder Menge Schweiß geschieht etwas Magisches. Ein alchemisches Hochgefühl breitet sich aus, das beiden ermöglicht, über ihre Getrenntheit hin- auszuwachsen. Dieser Bewusstseinszustand scheint viel natürlicher für uns zu sein als der normale Zustand selbstzentrierter Individualität. Es entspricht offenbar unserem eigentlichen Wesen eher, offen zu sein statt verborgen, verletzlich statt gepanzert, verbunden statt isoliert. Aber häufig bringen uns kulturelle Gewohnheiten, familiäre Prägungen und die „harten Schläge“ im Leben dazu, die „Hauptstraße der Natürlichkeit“ zu verlassen und uns auf den Pfad der Angst zu begeben. Und das kann man an vielen Körpern auf der Straße sehen, der Kopf beschäftigt mit dem Getrenntsein, das Herz verstrickt in das Opferspiel, die Seele voller Verlangen nach Befreiung aus dem persönlichen Gefängnis der Vergangenheit! Was also kann man tun? Ich erinnere mich an eine Situation in einer meiner Gruppen, in der ich beobachtete, wie sich zwei weiße Männer mittleren Alters, gradlinige Manager, in Jogginganzügen (schweißgebadet, aber ganz entspannt) in außergewöhnlicher Harmonie zusammen bewegten und dabei dieselbe Art von Energie ausstrahlten wie Delphine, die zusammen schwimmen, oder zwei Vögel im gemeinsamen Flug. Ich sagte mir: „Wenn das hier möglich ist, dann muss es überall möglich sein“ – auch dann, wenn die beiden am Montagmorgen wieder in Anzug und Krawatte an den Schreibtisch zurückkehren. Also beschäftigte ich mich näher mit dem Phänomen. Was bringt jemanden, der normalerweise egozentrisch ist (und wer ist das nicht?), dazu, ganz schnell die starke Fixierung auf sein Selbstbild loszulassen? Sicherlich geht das mit Drogen und Alkohol – und das ist bestimmt ein Hauptgrund dafür, dass unsere Gesellschaft mit diesem Zeug überschwemmt ist. Aufgrund meines Hintergrundwissens vermutete ich – und fand auch schnell wissenschaftliche Bestätigung dafür –, dass bei diesen zwei Managern etwas Ähnliches vor sich ging. Sie verhielten sich sicherlich nicht wie Betrunkene. Dennoch waren sie in einen anderen Bewusstseinszustand eingetreten, der durch chemische Stoffe herbeigeführt worden war. Aber das waren keine Substanzen, die man kaufen oder trinken konnte – diese chemischen Stoffe wurden direkt in ihrem Körper produziert! Drogen aus dem eigenen Gehirn Es ist schon längere Zeit bekannt, dass länger andauernde körperliche Bewegung dazu führt, dass das Gehirn die stimmungsaufhellenden Neurotransmitter Serotonin und Norepinephrin freisetzt. Körperliche Betätigung setzt auch Endorphine frei, chemische Stoffe aus dem Gehirn, die Zufriedenheit, Euphorie und eine hohe Schmerztoleranz fördern. In einer Studie an der Universität von London wurde entdeckt, dass Tanzen nicht nur Ängste reduziert, sondern – mehr als bloße körperliche Übungen – auch der Stimmung Auftrieb gibt. Man kann jetzt sagen, dass ganz generell Bewegung zu Musik die „Schaltkreise des Vergnügens“ im Gehirn aktiviert und dazu beiträgt, dass zwischen Menschen, die zu- sammen tanzen, eine Bindung entsteht. Fitnesstraining für eine bessere Kommunikation O.K. – aber heißt das, wenn man diese zwei Manager dazu kriegen will, dass sie im Job genauso gut kommunizieren wie auf der Tanzfläche, dass man sie mit ihren eigenen Gehirnstoffen „high“ kriegen muss? Antwort: Ja! Und wie soll das gehen? Mit einem regelmäßigen „Communications Workout“, also einem Fitnesstraining für die Kommunikation, um so stark zu sein, dass man nicht in die Falle der Gewohnheit tappt. Ein „Communications Workout“, wie ich es genannt habe, enthält eine Reihe kraftvoller körperlicher Bewegungsübungen (die oft mit anderen zusammen ausgeführt werden), mit denen der Teilnehmer übt, einen Zustand natürlicher Einheit und Harmonie zu erlangen, und gleichzeitig die Fähigkeit stärkt, diese Qualitäten effektiv in den Alltag mitzunehmen. Dieser Ansatz soll eine greifbare Erfahrung von Kommunikation mit Hilfe des von mir so genannten „Observer View“, der Beobachterperspektive, liefern. Nicht mehr damit identifiziert und daran gebunden, entweder der „Sender“ oder der „Empfänger“ zu sein, beobachtet man die Kommunikation von einem losgelösten, dritten Blickwinkel. Das bringt einen in einen Zustand körperlicher Entspannung, geistiger Klarheit und emotionaler Intelligenz – der Schlüssel zu größerem Einfallsreichtum, größerer Kreativität und Produktivität. Indem immer mehr Menschen in die Lage kommen, Empathie und Natürlichkeit im Umgang mit anderen praktizieren zu können, wird unsere Welt sich entsprechend verändern. In der Masse bewegt sich der Mensch – langsam, aber sicher – zunehmend in den Tanz einer neuen Ära der überpersönlichen Einheit hinein, nicht nur miteinander, sondern auch mit unserer kostbaren Umwelt. Endlich fangen wir an zu verstehen, dass wir nicht getrennt sind, sondern mit dem Ganzen eng verbunden. Was du jetzt gleich tun kannst Wenn du also tanzt oder dich bewegst oder läufst – achte darauf, ob du Mutter Erde unter deinen Füßen spüren kannst, und vernimm ihren alten Ruf an dich: „Wir sind eins“. Die Art deiner Bewegung entspricht deiner Art zu sein, also bewege dich mit Achtung und Ehrfurcht. An jeder deiner Handlungen ist deine Motivation erkennbar. Jeder Tanz, den du tanzt, ist ein heiliges und heilendes Gebet. So sicher, wie ein Computer programmiert ist, erschaffst du deinen Seinszustand durch die Art, wie du atmest und wie du dich bewegst. Das zu erkennen, ist ein größerer Sprung zur Selbst-Bewusstheit, und es bewusst zu praktizieren, ein großer Schritt in die „Beobachterperspektive“. Damit wird es immer leichter werden, mit anderen Menschen und mit der Welt um dich herum auf eine bedingungslosere Art zu kommunizieren. Das bedeutet, auf natürliche Weise zu geben, ohne immer etwas zurückzuerwarten, und zu empfangen ohne so viel zu analysieren und zu hinterfragen. Anfangs mag einem das lächerlich oder gar unmöglich erscheinen, aber es gibt einen Grund, warum das das praktischste und nützlichste Mittel ist, das dir in allen Beziehungen hilft, sei es privat oder beruflich: Wenn du nichts zurück erwartest, bist du freier in deinem eigenen Selbstausdruck, gibst ehrlicher, kreativer und intuitiver. Indem du weniger urteilst und weniger in der Abwehrhaltung bist, wirst du entspannter und empfänglicher. Das Wunderbarste daran ist: Wenn du dich so verhältst, lädst du unbewusst deine Kommunikationspartner dazu ein, dasselbe zu tun. Und meistens tun sie das dann auch! Am besten fängt man damit auf der Tanzfläche an, in einer geschützten und sicheren Umgebung. Wenn du nicht auf diese Weise durch rein physische Bewegungen gegeben und empfangen hast, ist zweifelhaft, dass du es jemals durch mentale oder emotionale Bewegung tun wirst. Mit anderen Worten, sobald du einen festen Bezugspunkt dafür hast, was es bedeutet, Energie mit deinem Körper frei auszutauschen, ist es relativ naheliegend, das auch mit deinem Verstand und deinem Herzen zu tun. Indem wir gelernt haben, durch Bewegung tiefer zu kommunizieren, sind wir jetzt bereit, das Gelernte zum Dienst am Ganzen einzusetzen, zum Wohl aller Beteiligten. So sei es. Wenn du es nicht ohnehin schon tust, lade ich dich von Herzen ein, dich uns göttlichen Erdlingen auf dem Tanzwege anzuschließen, und entbiete meine tiefempfundenen Segenswünsche für deine Reise. Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar Antwort abbrechenDeine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.KommentarName* E-Mail* Meinen Namen, meine E-Mail-Adresse und meine Website in diesem Browser für die nächste Kommentierung speichern. Überschrift E-Mail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren.Auch möglich: Abo ohne Kommentar. Durch Deinen Klick auf "SENDEN" bestätigst Du Dein Einverständnis mit unseren aktuellen Kommentarregeln.