Viele Menschen, darunter auch Autoren in diesem Heft, sind der Überzeugung, dass wir uns in einer kollektiven Wandlungsphase befinden. Solche Phasen sind lange Zeit davon gekennzeichnet, dass das Neue noch nicht zu sehen ist, während sich das alte Gesellschaftssystem mit all seinen Verdrehungen, Verstrickungen und morschen tragenden Elementen noch einmal mit aller Kraft gegen den Evolutionsimpuls aufbäumt, der es irgendwann nur noch Geschichte sein lässt. Eine zentrale Säule einer neuen Gesellschaft ist ihre Organisationsform, vor allem ihre politische und rechtliche Ordnung. Welche Rechte und Pflichten hat der Einzelne darin und was erhält er dafür im Gegenzug?

Ein gutes Gleichgewicht schien in diesem Zusammenhang die Demokratie zu sein, bei der die Herrschaft vom Staatsvolk ausgeht, wie es das Wort aus dem Altgriechischen ja besagt. Doch leider hat sich in den letzten zweieinhalbtausend Jahren gezeigt, dass viele Menschen vor allen Dingen Schlupflöcher in den demokratischen Gesetzen und Verfassungen gesucht haben, um sich/ihrer Gruppe Vorteile auf Kosten der Allgemeinheit zu verschaffen. Um die Basis für eine komplett neue Gesellschaftsform zu legen, müssen daher all die damit zusammenhängenden Verstrickungen aufgedeckt werden. Ansonsten werden sich die früheren Seilschaften auch im neuen System wieder ihr Plätzchen sichern und den guten Willen der Reformer untergraben. Echte Veränderung beruht daher immer auf Wahrheit. Ansonsten trägt sie nicht. Das gilt persönlich wie kollektiv, im Innen wie im Außen.

Wenn ich im Innen mit meinen alten Traumata nicht wirklich aufgeräumt, sondern sie nur oberflächlich berührt habe, werden sie irgendwann wieder auf der Matte stehen und mich sehr unangenehm an ihre Existenz erinnern. Ich kann dann noch so tolle Projekte haben und wollen und tun: Ich werde nicht wirklich vorwärts kommen und mich mehr oder weniger um mich selbst drehen – bis ich mich endlich noch einmal den verdrängten Gefühlen in mir auf einer tiefen energetischen Ebene zugewandt und Frieden mit ihnen geschlossen habe. Solange wir diesen Job nicht auf allen Ebenen erledigt und Licht ins Dunkel gebracht haben, so dass Liebe und Mitgefühl zum Leitstern unseres Handelns geworden sind, so lange bleibt die Zukunft unserer Demokratie im Ungewissen. Darum: Trauen wir uns. Schauen wir mutig und genau hin – statt die von anderen und unserem Ego vorgesetzten Wahrheiten einfach und bequem zu schlucken.

Jörg Engelsing

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Innenweltreisender, Redakteur der SEIN.

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