Sind wir offen und entspannt, fließen wir mit dem Leben und das Leben fließt durch uns. Grundhaltung: Ja. Erfahrung: Liebe und Freude. Widerstände und Blockaden entstehen, wenn uns bestimmte Erfahrungen – vor allem als Kind – überfordern oder wir sie später – aufgrund vorangegangener Erfahrungen, die unschön waren – nicht haben wollen und wir uns ihnen verschließen.

Grundhaltung: Nein. Erfahrung: Verspannung, Angst, Schmerz. Im Laufe des Lebens sammeln wir immer mehr Neins an, werden immer verspannter und fühlen uns unwohl. Um die in den Widerständen festgehaltene Energie wieder in Bewegung zu bringen und schließlich aufzulösen, gilt als probater Weg, dass wir diese ganzen liegengebliebenen, verdrängten Erfahrungen (= Gefühle) wieder fühlen müssen. Immer wieder sehe ich dann Menschen, die verzweifelt sagen: Ja, aber ich fühle ja nichts. Wie soll ich da denn wieder drankommen? Das Gute ist: Wir müssen nicht unbedingt graben, künstlich Energie zuführen und sie dadurch aktivieren.

Das Leben selbst unterstützt uns ständig, den Fluss wieder herzustellen. Wir müssen die Einladung dazu nur verstehen. Wie oft sind wir genervt, verärgert, peinlich berührt, fühlen (oder eher denken) uns schuldig, verantwortlich, abgelehnt – und führen endlose Diskussionen in unserem Kopf, die zu keiner echten Lösung führen. Sie dienen nur dazu, unser durch die Situation verloren gegangenes Gefühl von Sicherheit wieder einigermaßen zu rekonstruieren. Dabei ist eine wirkliche Lösung ganz nah. Es geht einfach darum, für kurze Zeit dem Palaver im Kopf die Aufmerksamkeit zu entziehen und statt dessen den Körper zu spüren.

Die Falle ist, Gefühle zu erwarten. Die finden wir oft nicht. Was immer da ist, ist eine – oft sehr unangenehme – Körperempfindung, die genau die Spannung ausdrückt, die sich in unserem Kopf als Gedankenterror ausgetobt hat. Diese Spannung, Verknotung, Verdrehung, was auch immer – auch wenn es die Empfindung völligen Unlebendigseins ist – einfach mehrere Minuten ohne Wertung zu fühlen, löst das aktuelle Problem, und – wir empfinden wieder mehr Ruhe und können klarer sehen, was zu tun ist.

Jedes Problem ist aus dieser Perspektive eine Einladung des Lebens, Stück für Stück wieder lebendig zu werden, indem wir nicht denken, sondern den Körper fühlen. Einfach ausprobieren – immer wieder.

Über den Autor

Avatar of Jörg Engelsing

Innenweltreisender, Redakteur der SEIN.

Unterstütze SEIN

Vielen Dank an alle, die den Journalismus des SEIN bisher unterstützt haben.
Die Unterstützung unserer Leser trägt dazu bei, dass wir unsere redaktionelle Unabhängigkeit behalten und unsere eigene Meinung weiter äußern können. Wir sind sicher, dass unsere redaktionelle Arbeit und unsere Themenvielfalt und Tiefe den gesellschaftlichen Wandel beflügeln. Wir brauchen Deine Unterstützung, um weiterhin guten, kreativen "Lösungs-Journalismus" zu liefern und unsere Offenheit zu wahren. Jeder Leserbeitrag, ob groß oder klein, ist wertvoll. Wenn Du unsere Arbeit wertschätzt, unterstütze SEIN noch heute - es dauert nur wenige Minuten. Vielen Dank.
SEIN unterstützen





2 Responses

  1. shumil

    „Was immer da ist, ist eine – oft sehr unangenehme – Körperempfindung, die genau die Spannung ausdrückt, die sich in unserem Kopf als Gedankenterror ausgetobt hat. Diese Spannung, Verknotung, Verdrehung, was auch immer – […] – einfach mehrere Minuten ohne Wertung zu fühlen, löst das aktuelle Problem, …“

    Wohl gesprochen – DA steht mehr zu dieser einfachen Art, uns selbst zu erlösen!

    sein.de/das-spiel-der-aufmerksamkeit/

    Alles Liebe!

    Antworten
  2. Manuela Matthies
    Ich lese Ihre Beiträge immer sehr gerne!

    Lieber Herr Engelsing,
    ich lese Ihre Beiträge immer sehr gerne, und interessanterweise kommen diese immer zum passenden Zeitpunkt.

    Antworten

Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.

*