Zugänge zu erweiterten Bewusstseinsfähigkeiten und damit der Kontakt zu tieferen Aspekten des eigenen Selbst – und gleichzeitig auch zur evolutionären Intelligenz – sind nicht nur eine Bereicherung für den einzelnen Menschen. Der Blick über den normalen Verstand hinaus könnte für das Überleben der Menschheit auf Dauer unerlässlich sein. In den Worten Waldo Emersons:
Was hinter und was vor uns liegt, ist winzig verglichen mit dem, was in uns liegt.

 

Wer sich mit persönlichem Wachstum befasst, strebt meist die Erweiterung seines Bewusstseins und entsprechender Fähigkeiten an: verfeinertes Wahrnehmen von (feinstofflichen) Energien, Erkennen von Blockaden, Präsenz, Mitfühlen – bis hin zum Erleben kosmischer Einheit. Einige Ziele sind Heilung, das Verringern von Leid, Erwachen – Erleuchtet-Sein.

Welche Rolle spielen erweiterte Fähigkeiten im Licht „evolutionärer Intelligenz“? Hört man sich im Universum um, kommt Mensch nicht so gut weg: „Warum geht´s dir so schlecht?“ fragt die Venus die Erde. „Ich hab homo sapiens…!“ – „Mach dir nichts draus, das geht schnell vorbei!“

Der Spiegel konstatierte im Mai 2008 zu dem heute 100 mal schnelleren Artensterben durch Menschenhand: „Homo sapiens – der „einsichtige Mensch“ hat auf ganzer Linie versagt, die biologische Vielfalt der Erde zu sichern.“

 

Wertmarke der Zukunft

„Evolutionäre Intelligenz“ nenne ich eine für mich zukunftsweisende Wertmarke anzustrebender Fähigkeiten: Ergänzend zu den Intelligenzen wie sprachlich, logisch, musikalisch, bildlich, körperlich, intra- und interpersonell und spirituell umfasst sie für mich die Fähigkeiten, das Überleben allen Lebens dauerhaft zu ermöglichen UND erfüllt = glücklich zu leben.

In diesem Sinne braucht es für unser Überleben als Spezies eine Intelligenz, die mehr als Technikentwicklung und Bequemlichkeit auf höchstem Niveau ermöglicht. Bewusstseinsentwicklung verlöre dann ihr immer noch vor-verurteiltes Ansehen als Hobby von Exoten, bei denen es mit dem Geldverdienen nicht geklappt hat. Stattdessen würde Bewusstseinsentwicklung zu einem für die Gesellschaft überlebensnotwendigen und unerlässlichen Bildungsschwerpunkt!

Nur: Wie kann ich womöglich in mir angelegte Fähigkeiten erweiterter Wahrnehmung wachrufen? Wo fange ich an? Zunächst scheint das Anfangen bei eigenen Wahrnehmungsfiltern sinnvoll – bestimmen sie doch, wie sehr oder wie wenig ich die Möglichkeiten meines Wesens nutze. Doch wie lüfte ich die Vorhänge vor meinen Augen/Ohren/ meinem Herzen bis hin zur „durchlässigen“ Person (lat. personare = hindurchtönen), die das Ego beiseite stellen kann, um „das Göttliche“ durch sich hindurch wirken zu lassen? Und: Gibt es angesichts unüberschaubarer Angebote einen Übungsweg, den ich ohne die Hürden kulturferner Traditionen oder allzu weit aus meinem Erfahrungshorizont ragender „Weltneuerklärungen“ gehen kann?

 

 

Spontane geistige Bilder

Ich schaue bei genialen Wissenschaftlern und Experten verfeinerter Wahrnehmungen und Heilkunst und finde eine Anwort, die sich sogar in Schulen einsetzen lässt:

Es ist der Zugang zu Wissen durch spontane geistige Bilder im Zusammenspiel mit Zuständen erweiterter Wahrnehmung und offenem Bewusstsein. Albert Einstein schaute als Schüler im Matheunterricht gelangweilt aus dem Fenster. Da sah er sich selbst auf einem Lichtstrahl durchs Universum rasen – der seltsamerweise gekrümmt erschien…. Dieses vielleicht vom Lehrer als „Tagträumen“ abgetane Abschweifen erscheint im Licht der Tiefen-Imagination als ein Geschenk aus den Schatzkammern der geistigen Bilder, deren Quelle in der Reichhaltigkeit des Universums selbst liegt. Für Albert Einstein waren diese geistigen Bilder die Basis für die Entwicklung der Relativitätstheorie, die das Verständnis von Raum und Zeit revolutionieren sollten.
Mit entscheidend für das Anzapfen dieser Quelle ist der Bewusstseinszustand – in diesem Fall die Entspannung, die bei dem jungen Albert, im Zusammenspiel mit seinem innersten Interesse, die Öffnung seines Bewusstseins für die spontan auftretenden geistigen Bilder bewirkte. Im Unterschied zu Tagträumen oder gelenkten Imaginationen, die dem persönlichen Wunschdenken oder vom Verstand vorgegebenen Bahnen folgen, verbinden die geistigen Bilder den dorthin „Reisenden“ mit einer ihm innewohnenden tieferen Dimension – einer Intelligenz, die scheinbar dem Wissen um Ganzheit und dem Ursprung der Lebendigkeit entspringt und die ihr Wissen bereitwillig mit uns teilt. Wenn wir bereit sind, zuzuhören.

 

 

Kultur ohne spirituelle Anbindung

Zugehört haben dieser Dimension eigentlich alle – außer unsere westliche Kultur: Über 90 Prozent von 488 im Jahre 1973 untersuchten Kulturen (in einer vergleichende Studie in verschiedenen Erdteilen von der österreichischen Ethnologin Erika Bourguignon) verfügten über mindestens einen institutionalisierten, kulturell geformten Weg zur Erfahrung veränderter Bewusstseinszustände – wie zum Beispiel durch rhythmische Musik begleitete Tanzrituale, in denen die Stammesgemeinschaft um Fruchtbarkeit bittet, oder zu festgelegten Feiertagen den Kräften der Natur zu danken. Im westafrikanischen Ghana habe ich 1992 einem Fest beigewohnt, in dessen Verlauf beim stundenlangen Tanzen – zu speziellen den Göttern gewidmeten Rhythmen – immer wieder Zuschauer aus den Reihen der Dorfbewohner in Trance fielen und Gottheiten verkörperten, als die sie dann die anderen Festteilnehmer begrüßten. Derartige Reisen in andere Wirklichkeiten dienten den Experten – den Schamanen – auch, um zu heilen und durch visionäre Bilderschau wichtige politische Entscheidungen zu unterstützen.

Der Ethnobotaniker Terence McKenna hielt gar die Entwicklung von Sprache und die Fähigkeiten unseres Selbstbewusstseins und der Selbstreflexion für Ergebnisse bewusstseinsveränderter Zustände unserer frühen Vorfahren. Ich teile mit ihm die Ansicht, dass bewusstseinsveränderte Zustände gerade in der heutigen Zeit Schlüssel für die Ausbalancierung des Menschen in sich und des Menschen mit seinem Heimatplaneten sind:

„ … Der Zugang zu schamanischer Ekstase verbindet uns mit dem erfrischenden Wasser der Emotionen, die einer tief eingebundenen und fast symbiotischen Beziehung zur Erde entströmen.
Ihre Nutzung kann den mit der Entfremdung einhergehenden Auswirkungen wie Überbevölkerung, Umweltvergiftung und Raubbau von Ressourcen entgegenwirken.

… Da warten unvorstellbare Einsichten und Möglichkeiten der Selbsterforschung, Stärkung und Hoffnung für das Unternehmen Mensch. … Es bedeutet, sich aufzuladen, seinen Geist zu erforschen als ein Werkzeug für persönliche und gesellschaftliche Transformation.

 

… Es ist höchste Zeit – die Uhr tickt – wir werden sehr hart verurteilt, wenn wir den Ball verspielen. Wir sind die Erben von Millionen von Jahren erfolgreich gelebten Lebens und erfolgreicher Anpassung an veränderte Umweltbedingungen. Nun haben wir die Herausforderung anzunehmen, … Hüter und Hüterin zu sein, uns zu ermächtigen und eine Zukunft erschaffen, die die Vergangenheit, den Planeten und die Kraft menschlicher Vorstellungskraft ehrt.“ (Terence McKenna)   

 

Enspannung macht es leichter

Erweiterte Bewusstseinsfähigkeiten wie Hell-Sehen/-Fühlen/-Hören und damit einhergehendes tieferes Verbundensein sind umso leichter verfügbar, je freier mein Körper und Verstand von Spannungen ist und je mehr kontrollierendes Denken zur Ruhe kommt.
Aktive Trancen wie der Trancetanz nutzen die Kraft der Ekstase wie eine reinigende Welle, Spannungen und Blockaden zu lösen. Die Schwester der Trance, der Rhythmus, hilft, die Gedankenkontrolle zu lockern, und körpereigene Opiate (Endorphine) lösen Glücksgefühle aus.

Damit sind die Voraussetzungen erfüllt, dass das latent im Menschen angelegte Potenzial zum Vorschein kommt. Durch die körperliche Entspannung entsteht Frei-Raum in den Zellen des Körpers – die Lebensenergie kann wieder ungehindert fließen. Mentale Entspannung öffnet und weitet ebenfalls den inneren Raum: JETZT, befreit von (Denken an) Vergangenheit und Zukunft kann noch nie Dagewesenes einfallen – Einsichten, Erkenntnisse, Ideen, – und zwar umfassend mit allen Sinnen wahrnehmbar.
Die Anthropologin Felicitas Goodman sprach aufgrund der psychohygienischen Wirkungen von Trance-Erleben als menschlichem Grundbedürfnis, dessen Fehlen Ursache depressiver Zustände und psychosomatischer Erkrankungen sei. Auch Drogenmissbrauch sei für sie Symptom fehlender Trance-Erfahrungen.

 

 

Passive Trancen

In der Tiefen-Imagination, als einem Beispiel für eine passive Trance, wird der Zugang zum eigenen vollen Potenzial – mit den damit verbundenen erweiterten Fähigkeiten – über Entspannung in Ruhe geöffnet. Tiefen-Imagination ist ein therapeutisch begleiteter Prozess, in dem Menschen in der Einzelbegleitung und in der Gruppe sowohl mit abgetrennten Aspekten ihres Wesens als auch mit ihrer vollen Lebendigkeit in Kontakt gebracht werden. Dabei erscheinen innere Bilder – meist in Form von Tieren – mit denen der Reisende sprechen kann und die ihn auf seiner Reise unterstützen und begleiten. Der Klient wird eingeladen, innere Bilder zu dem aktuellen Thema auftauchen zu lassen. Diese erscheinen meist in Form von Tieren, die Humor, Weisheit und sicheres Gespür für das Wiederverbinden abgetrennter Aspekte der Gesamtpersönlichkeit haben.

„Ich war tief bewegt … Sie [die Tiere] schienen die inneren Dimensionen des Menschen zu kennen, hatten Zugang zu Informationen, die weder ich noch meine Klienten kannten. Sie wussten, in welchem Tempo die Therapie ablaufen musste … Sie waren die geschicktesten Therapeuten, die mir je begegnet waren. Sie kümmerten sich nicht nur darum, dass die Klientin geheilt wurde, sondern auch, dass sie ihre Ganzheit erlangte“, sagt der Begründer der Tiefen-Imagination, der Psychologe Professor Dr. Eligio Stephen Gallegos. 

Dem passiven wie dem aktiven Zugang gemeinsam ist die Entwicklungshilfe von innen: Über den Körper und den Kontakt zu einer tieferen Dimension in uns können wir eine umfassendere Intelligenz anzapfen. 

 

 

Anwendung in Bildung & Wissenschaft

Seit einigen Jahren arbeite ich über die Tiefen-Imagination auch mit Kindern. Sie haben noch einen sehr direkten Bezug zu ihrer Innenwelt, und zu Tieren sowieso. Die Tiere helfen ihnen, mit ihrer inneren Stärke in Kontakt zu kommen und sind spürbar bei ihnen, wenn sie sie brauchen – in der Schule oder bei Ärger mit Spielkameraden. Auch bei körperlichen Beschwerden gibt es oft erstaunliche Hilfe: Nach zwei Wochen verschwand zum Beispiel eine schmerzhafte Dornwarze, nachdem Schildkröte dort regelmäßig mit ihrem Besen gefegt hatte. Derzeit begleiten meine Partnerin und ich in Kooperation mit einem Klinikum Geschwister krebskranker Kinder. In einem Projekt an einer Oberschule setze ich die Tiefen-Imagination bei konzentrationsschwachen 12- bis 14-jährigen Schülern ein.

„Der göttliche Funke“ – von Trance zur Kunst – war der Titel eines Lehrauftrages von mir an der Hochschule Merseburg. Zwanzig StudentInnen, die sich fast durchweg für malerische Analphabeten hielten, ließen sich auf verschiedene Trancetechniken – hauptsächlich Tanzen – ein, um aus diesem Raum heraus zu malen: „Ich … verschmolz mit der Musik… verlor mein Raum- und Zeitgefühl, fühlte mich völlig schwerelos und spürte ein unerklärliches Glücksgefühl. Vor meinem geistigen Auge entstanden bunte geometrische Figuren…“

„… während ich malte, hatte ich richtig Lust, die restliche Farbe, die noch auf meinem Teller war, auf der Leinwand zu verteilen; also legte ich den Teller mit der Farbe auf die Leinwand und bewegte den Teller auf derselben. Die Musik, die wir hörten, steuerte mich und bestimmte in gewisser Weise die Bewegungen, die der Pinsel und der Teller machten.…“

„Trance ist eine einzigartige Erfahrung, die mich den Kontakt zu meinem Unbewussten aufnehmen ließ“.

 

 

Ausblick

Im Sinne evolutionärer Intelligenz lockt mich der Einsatz der Tiefen-Imagination besonders in den Bereichen, wo zukunftsweisende Lösungen gebraucht werden. 

Hätten mehr Wissenschaftler, politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger bewussten Zugang zum Wissen der geistigen Bilder, stünde eine unerschöpfliche und wertvolle Quelle für Lösungen und geniale Ideen zur Verfügung.

Für entscheidend dabei halte ich, dass dieses Wissen sowohl die Zusammenführung aller getrennten Aspekte im Menschen als auch das Vernetztsein und die Balance allen Lebens berücksichtigt. Es gibt also gute Gründe, der tieferen Dimension in uns wieder zuzuhören, und sogar konkret ansprechbare Entwicklungshelfer in uns, die nur darauf warten, dass wir anklopfen.

 


Trancetanz: aktiver Weg in erweiterte Bewusstseinszustände, die Kontakt zu „höheren“ Ebenen des Bewusstseins schaffen.
Abb: © Maren Beßler – pixelio.de
Abb 2: © S.-Hofschlaeger – pixelio.de
Abb 3: © Maren Beßler – pixelio.de

 

12. und 13.6. Workshop in Berlin:
„Inspiration & Trance“ – aktive & passive Trancetechniken öffnen den Raum für neue Inspirationen.
 
Regelmäßige Chakren-Tier-Trance-Tänze in Berlin (nächster am 6.6.)

Ausbildung in Trance Arbeit ab September
Infos unter www.in-balance-kommen.de
Infos zur Tiefen-Imagination mit Kindern unter www.multivision-ev.de/tiefen-imagination.phtml
 
Coaching:
www.juergenbolz.net
Kontakt unter Tel.: 0331 – 273 34 74

Über den Autor

Avatar of Jürgen Bolz

ist Coach & Trainer, Dozent, Dipl. Pädagoge, Filmemacher und hat schamanische Ausbildungen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit Trancearbeit und evolutionärer Intelligenz. Workshop-Leitungen in Europa. Gründung von MultiVision e.V., DVD-Produktion „Jetzt erst Recht auf Rausch?“.

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Eine Antwort

  1. Tanzen ist neben Psycedelischen Drogen ein hervorragender Weg zur Bewusstseinserweiterung. 2 mal in meinem Leben hatte ich beim Tanzen Visionen. Ich fing an als Schlange, die über den Wüstenboden gekrochen ist, verwandelte mich dann in eine Eidechse, danach in eine Ratte, dann in einen Löwen und zuletzt in einen Greifvogel der vom Boden abhob und mich in die Lüfte trug.
    Die 2. Vision entstand beim Didgeridoo spielem, irgendwann nach 1h blickte mich von Boden eine Schildkröte an, ab da an war ich auf „Sendung“, ganz ohne Drogen. In Extase habe ich den Rest des Abends mit tanzen zugebracht. Mit geschlossen Augen konnte ich sehen.

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