Ad astra!

Ab und an gibt es dieses Phänomen: Filme, die vor ihrem Start oder während der Laufzeit schlechtgeredet werden, obwohl sie ganz großes Kino sind. Umso schöner, wenn anfängliche Skepsis von Erstaunen über die Qualität abgelöst wird.

Die Wachowski- Geschwister, bekannt für unvergängliche Klassiker wie „Matrix“ oder „V wie Vendetta“, liefern mit diesem in 3D gedrehten Film eine große Space Opera ab. Die Halbwaise Jupiter Jones (Mila Kunis) lebt beengt zusammen mit dem russischen Teil ihrer Familie in Chicago und verdient sich ihr Geld damit, zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Tante reichen Leuten hinterherzuputzen.

Plötzlich häufen sich seltsame Geschehnisse und außerirdische Jäger sind ihr auf der Spur und wollen sie entführen oder wahlweise gleich direkt umbringen. Allen voran der genetisch manipulierte (halb Mensch, halb Wolf) Ex-Soldat Cane Wise (Channing Tatum – 2012 zum sexiest man alive gewählt), der sich dann aber, zusammen mit seinem ehemaligen Vorgesetzten Stinger Apini (Sean Bean – Spoiler: Seine Figur erlebt tatsächlich das Ende des Films.), auf Jupiters Seite schlägt.

Nach und nach entfaltet sich eine große Geschichte, voller Intrigen, Spiele um Macht und die Herrschaft über Welten. Hauptspieler: Die sich gegenseitig belauernden Mitglieder des – große Teile des Universums beherrschenden – Familienkonzerns Abrasax, die interstellare Polizeitruppe Aegis und mittendrin plötzlich Jupiter, eine wunderbar menschliche Antiheldin ohne spezielle Superkräfte, die die Blutung von Caines Wunde auch schon mal ganz pragmatisch mit einer monströsen Damenbinde erstversorgt.

Um das ganze abzurunden ist auch noch etwas Liebe eingewebt. Eine wirklich gute, komplexe Story, ergänzt durch unglaublich bildgewaltige und brillant entworfene Welten (!), garniert mit sehr vielen hochqualitativen (in ihrer Menge schon wieder fast eintönigen) Actionszenen und genialen Special Effects. In Bilderwelten, genialen Kostümen, transportierter Dekadenz und Reichtum finden sich Anleihen von der alten Dune-Verfilmung über Star Wars, dem alten Flash Gordon bis hin zu Comic-Elementen – was der Originalität aber keinen Abbruch tut. Die Wachowskis bringen sogar in der unerbittlichen interstellaren Bürokratie noch eine Prise Steampunk unter. Inspiration zum Film war laut den Filmemacher/ innen unter anderem Dorothy und der Zauberer von Oz: Ein normales Mädchen dort, hier eine junge Frau, die es in ein unvorstellbar magisches Land verschlägt. Und ja, auch Channing Tatum mit seinen eingezüchteten Wolfsgenen hat sein Vorbild im getreuen, vierpfotigen Gefährten Toto.

Fazit: Wahrscheinlich einer der unterschätztesten Filme der letzten Jahrzehnte. Der Film der Wachowski-Geschwister hat etliche Verrisse einstecken müssen, die ihm Unrecht tun. Vielleicht liegt es daran, dass Jupiter Ascending zwar opulent und für den großen Markt produziert ist, aber mit seiner ungewöhnlichen Heldin und der feinsinnigen Selbstironie eben doch kein reiner Mainstream-Film für die breite Masse ist. Wer gute Sci-Fi, starke Frauenfiguren abseits der plattgelatschen Gender- Rollen, große Geschichten und fantastische Welten liebt, wird hier fündig. Jupiter Ascending hat überraschenderweise das Zeug zum Klassiker. Unbedingt ansehen.


Andy Wachowski, Lana Wachowski
Jupiter Ascending
Warner Home Video, 2015
DVD & Blu-ray, 127 Minuten, 12,99 Euro

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