Während sich die Filme und Bücher über gute und vor allem die richtige Ernährung und unseren Umgang mit den Lebensmittelbergen (Stichwort Verschwendung) quasi stapeln, beschäftigen sich nur wenige Medien damit, unter welchen Bedingungen diese Produkte überhaupt hergestellt werden.  Der unter anderem von dem Fernsehstar Eva Longoria und dem Journalisten und Autor des Buches „Fast Food Nation“, Eric Schlosser, produzierte Dokumentarstreifen beschäftigt sich ausgiebig mit der prekären Lage der Landarbeiter/innen in den USA.

Menschen, die 8–12 Stunden hart arbeiten, aber sich dennoch kein Dach über dem Kopf leisten können. Ihre schwierige Lage ist keine Neuheit, die Geschichte der Landarbeiter in Amerika ist eine Geschichte der Armut und der Ausbeutung, während die Politik dafür sorgt, dass eine Organisation und Zusammenschlüsse erschwert werden. Das System funktioniert nach diesem Prinzip seit der Kolonialisierung, heute arbeiten sich hauptsächlich mexikanische Immigranten als moderne Sklaven auf den Feldern halb tot. „Food chain“, also Nahrungskette: Der Originaltitel des Dokumentarfilms nimmt Bezug auf das komplexe System der Versorgungskette. „Fair Food“ ist allerdings der Name der von den Arbeitern gegründeten Organisation, die für eine fairere Entlohnung kämpft.

Der Film begleitet als einen Kernpunkt den Hungerstreik der Arbeiter/innen vor der Firmenzentrale von „Publix“ – einer der bekanntesten Supermarktketten in Florida. Ihre Forderung: Ein schlichter Cent mehr pro Pfund Tomaten, die direkt an die Arbeiter gehen sollen. Die momentane Bezahlung liegt gerade mal bei unter zwei Cent pro Kilo! Die Firma gibt sich in ihrem Image sonst sehr kunden- und mitarbeiterfreundlich, ignoriert aber jegliche Gesprächsversuche seitens der Organisation der Feldarbeiter/innen.

Aber man sieht auch, dass die Farmer nicht die Alleinschuldigen an diesem würdelosen Leben sind. Trotz inzwischen dreimal so hoher Produktionskosten zwingen die Supermärkte die Farmer dazu, die Preise zu halten und sogar zu senken.

Fazit: Eindringlicher Dokumentarfilm, der die Verflechtungen der Lebensmittelproduktion entlarvt. (Allerdings bleibt auch nach dem Sehen des gut gemachten Films unklar, was die beiden halbnackten Grazien auf dem Cover verloren haben…) Beim nächsten Griff ins Gemüseregal sollte man sich klar machen, was sich da demnächst auf dem eigenen Teller tummelt.

Wir Verbraucher sind Teil dieses ausbeuterischen Systems und unterstützen es. Eingedenk der (fast noch schrecklicheren) Berichte über moderne Sklaven in den spanischen Pflanzungen, die durch die Medien gingen, sollten wir ja nicht wagen zu glauben, dass das in Europa/Deutschland großartig anders wäre.

 

Eva Longoria, Eric Schlosser
Fair Food. Genuss mit Verantwortung
Tiberius Film, 2015
DVD & Blu-ray, 79 Minuten, 12,99 Euro

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