Im Kino: Blick in den Abgrund

Unter die Haut

Der Film handelt von Opfern, von Tätern und den Personen, die sich beruflich in sie hineinversetzen und tief in die menschlichen Abgründe blicken: Profiler. Die aus Österreich stammende Regisseurin Barbara Eder präsentiert hier aber keinen Schocker, sondern beobachtet die forensischen Psychologen relativ zurückhaltend bei der Arbeit. Wie sie sich herantasten, wie sie vorgehen, was sie denken, wie sie damit umgehen. Allerdings: Der rote Faden fehlt ein wenig. Es geht ihr nicht darum, eine Fallgeschichte zu erzählen, sondern darum, Menschen zur portraitieren, die sich freiwillig diesen traurigen Balast auf ihre Seele bürden und für immer mit sich herumschleppen.

Man fragt sich: Was treibt einen Menschen dazu, bewusst diesen Weg einzuschlagen? Gezeigt werden sechs sehr unterschiedliche Menschen aus den USA, Deutschland, Finnland und Südafrika. Verschiedene Psychogramme, geboren aus ähnlichen Jobs. Allerdings tun sich einige der Profiler (interessanterweise gerade die älteren Personen) mit Ansichten hervor, die einem selbst ein wenig viktorianische Schauer über den Rücken hauchen.

Die Regisseurin hat ein gutes Auge für Szenen, die auch ohne Worte sprechen. Die Dokumentation überzeugt mit exzellenter Bildqualität und starken Blickwinkeln, die sich kein Drehbuchschreiber realer hätte ausdenken können. Und gerade der ruhige und alltägliche Charakter des Dokumentarfilms sorgt dafür, dass er so unter die Haut geht.

Fazit: Zuschauer/innen, die sich selbst für die delikate Funktionsweise der menschlichen Psyche interessieren, werden hier fündig. Es ist erstaunlich und faszinierend, wie sehr sich manche Profiler Barbara Eder öffnen. Gewagt auch, dass einige sich mit ihren Familien zeigen und die Namen der Partner im Nachspann aufgeführt sind.

 

Barbara Eder
Blick in den Abgrund
Prisma Film/belle epoque films, 2013
Jetzt im Kino, 90 Minuten

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