Im Kino: Bottled Life

Abgegrabenes Leben

Wasser ist Leben. Das lernen wir schon in der Schule. Doch es gibt Firmen, die Menschen bewusst das Wasser abgraben. Wer erinnert sich nicht an postapokalyptische Spielfilme, in der für einen halben Liter der wertvollen Ressource Wasser Menschen sterben? Klingt nach einer unwirklichen Dystopie? Könnte aber unsere nahe Zukunft sein. Schon jetzt laufen Menschen auf diesem Planeten kilometerweit, um etwas Trinkwasser (von zweifelhafter Qualität) zu ihren Familien zu bringen. In anderen Ländern betteln Menschen tatsächlich um Wasser. Ein Gut, dessen Zugang eigentlich ein grundlegendes Menschenrecht sein sollte.

Die erschreckende und für uns in Deutschland – einem Land, wo Städte wie Berlin fast in Grundwasser ersaufen und Trinkwasser unsere Toiletten spült – so unglaublich absurd erscheinende Realität ist nämlich, dass jedes Jahr mehr Kinder an verschmutztem Trinkwasser sterben als an Aids, Kriegen und Verkehrsunfällen zusammen. Der UN-Wasserreport bezeichnet diese Situation als globale Wasserkrise. Denn eben längst nicht jeder Mensch hat Zugang zu sauberem Trinkwasser und die Reservoirs auf unserem blauen Planeten nehmen die großen Konzerne gewinnbringend an sich. Allen voran Nestlé – der mächtigste Lebensmittelkonzern der Welt mit Hauptsitz in der Schweiz hat allein 70 Marken Trinkwasser in seinem Besitz und sieht seine verdienstreiche Zukunft vor allem in der immens wachstumsreichen Trinkwassersparte.

Der Film „Bottled Life“, der gerade in den Kinos läuft, macht dieses dreckige Geschäft mit dem klaren, lebensspendenden Nass transparent und deckt (Marketing-) Strategien auf. Dass große Konzerne Gemeinden ihr Leitungswasser fast komplett abpumpen, damit den Grundwasserspiegel senken, verschmutztes Wasser zurücklassen und das nach Empfinden der Menschen mehr oder minder gestohlene Gut als teures Flaschenwasser verkaufen, ist auch schon seit der Dokumentation „Abgefüllt“ von Stephanie Soechtig und Jason Lindsey dem interessierten Publikum bekannt. Das passiert auch dort, wo Nestlé auftaucht. Hier fällt jetzt noch etwas mehr Licht auf die erschütternd-prekäre Situation der hilflosen Bevölkerung in Pakistan und auf US-amerikanische Gemeinden (zum Beispiel Fryeburg in Maine) und ­Organisationen, wovon Letztere sich ­inzwischen auch gerichtlich gegen Nestlé wehren.

Fazit: Eine interessante Doku mit einem wichtigen Thema – Wasser geht schließlich uns alle an –, die sich stark auf Nestlé und seine mehr als unschöne Vorgehensweise  und nach außen kolportierte Bigotterie konzentriert. Stellenweise plätschert es aber ein wenig sehr ruhig und teils konzeptlos vor sich hin, ein wenig wie ein ambitionierter Enthüllungsfilm, der nicht so ganz weiß, was er mit sich anfangen soll. Der Biss fehlt. Der drei Jahre ältere Film „Abgefüllt“ hatte das Thema zwar weiter, aber durchaus mitreißender und spannender gefasst.

 

Urs Schnell, Res Gehriger
Bottled Life
W-film Distribution, 2012
97 Minuten,  Jetzt im Kino
www.bottledlifefilm.com

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