Im Kino: Secret Sunshine

Während bei uns das Christentum in langem Siechtum vor sich hin stirbt, floriert es in anderen Teilen der Welt, z. B. in Südkorea. Die großen Kirchen in Seoul bieten drei, vier Gottesdienste pro Sonntag an, um des Ansturms Herr zu werden. Wie es derzeit in der koreanischen Provinz, in einer ganz gewöhnlichen Gemeinde zugeht, davon erfährt man einiges aus dem Film „Secret Sunshine“, der dieser Tage in die Kinos kommt.

Im Kern geht es um eine junge Frau, die erst ihren Mann, dann ihren Sohn verliert. In einer Kirchengemeinde findet sie Anschluss und Trost und die Kraft zu einer großmütigen Geste: Sie will den Mörder ihres Sohnes besuchen und ihm seine Tat verzeihen. Doch bei diesem Mann kommt sie zu spät: Auch er hat inzwischen zu Gott gefunden – und sich dort bereits entschuldet. Er ist im Reinen mit sich – und geradezu schön geworden.
Die große Geste der jungen Frau geht ins Leere; sie beginnt zu taumeln, verfällt einer gelinden Verrücktheit. Ihre Gemeinde vermag ihr nicht zu helfen: Implizit billigt sie dem Mörder gleiche Rechte auf Entschuldung zu. Christentum, so wird den Koreanern offenbar gerade deutlich, ist schwieriger zu praktizieren als es aussieht.

Die Gottesdienste laufen offenbar nach den überaus erfolgreichen amerikanischen Vorbildern ab: statt der begräbnishaft starren Liturgie wie bei uns ein buntes Fest, muntere Lebendigkeit um eine Bühnenshow, mit einem Vor-Sänger und seiner Verdopplung als Videoprojektion. Auch das ‚Nachgespräch‘, wie so etwas bei uns heißt, ist von vitaler Innigkeit: eher ein Küchenkabinett wacher Frauen. Es tut gut, das zu sehen, mitzufühlen; mehr davon möchte man unseren Kirchen-Gemeinden wünschen.
[ab 16. April 2009 im Kino]

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