„We Shall Overcome“ – Abschiedstournee

Joan Baez, im Alter von fast 80 Jahren. Aber es ist kein Musikfilm. Auch wenn er eine Reihe ganz verschiedener Aufnahmen enthält, die ihre eindrucksvolle Stimme und ihre Entwicklung über die Jahrzehnte zeigen – inklusive der Beziehung zu Bob Dylan. Es ist kein Film über Politik, auch wenn wir sehen, wie sie an der Seite von Martin Luther King, bei Demonstrationen gegen den Krieg und der Proklamation von Gewaltfreiheit ihren Mund aufmacht. Es ist nicht einmal ein Film über das Berühmtsein, auch wenn genau das die Beziehung zu ihren Schwestern und zu ihrem Sohn ungemein belastete. Die Sängerin will darüber sprechen, was „ihren Kern“ ausmacht.

Vorsichtig sind wir bereits am Anfang des Films vorbereitet worden: Panikattacken und Ängste, eine Ahnung: Sich gut fühlen und zusammenbrechen, sich gut fühlen und zusammenbrechen … Ihre Schwierigkeit, sich mehr auf einen nahestehenden Menschen zu konzentrieren als auf ihr großes Publikum. Was steckt dahinter? Wir bekommen die Antwort im Film erst spät, genauso wie Joan Baez ihre Antworten erst spät bekommen hat. Dazu nimmt sie uns mit in eine Art Tresorraum, wo Zeichnungen, Tagebücher, Briefe und Bänder aus Therapien lagern.

Fazit: Ein intimer Film über einen Bewusstseins- und Heilungsprozess, der Verbundenheit zum Thema hat: zwischen Schwarz und Weiß, privat und öffentlich, Anklage und Liebe, der Vergangenheit und Heute.

(Renate Graßtat, www.worteinbewegung.de)

 

Joan Baez: I Am a Noise
USA, 2023, 113 min,
Engl. mit dtsch. Untertiteln
DVD: ab 10.05.24

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