Homöopathische Antworten am Puls der Zeit

von Werner Baumeister

 

Bei der Recherche zur weißen Rose bin ich als erstes auf Begriffe wie „rein“ und „unschuldig“ gestoßen.
Doch erst in einer Online-Yogastunde fiel der entscheidende Satz, der etwas in mir zum Klingen brachte, was sich später thematisch im Selbstversuch bestätigte: „Purifikation auf allen Ebenen“! Die weiße Rose hat etwas zu tun mit absoluter Treue zu mir selbst, zu meinem puren Wesen. Das kann völlig mit den ethisch-moralischen Vorstellungen meiner Umgebung konstrastieren und – wie im Mittelalter – auch schon mal auf den Scheiterhaufen gesellschaftlicher Ausgrenzung führen. Fragilität und Zerbrechlichkeit auf der einen Seite, aber auch unglaubliche Kraft und unbeugsame Wesenstreue auf der anderen.

In diesem Sinne war die weiße Rose auch das Symbol für den gewaltlosen Widerstand im Dritten Reich. Wenn ich ganz ich selbst sein will – und das hat mir diese Arznei gezeigt –, muss ich mich dem traumatisierten Kind in mir stellen. Ich habe in der letzten Ausgabe von SEIN beschrieben, wie homöopathischer Meteor unseren inneren Traumaraum aufschließen kann. Und in diesem Traumaraum, irgendwo, in einer ganz dunklen Ecke, fast nicht mehr wahrnehmbar, treffen wir auf unser inneres Kind, das lange kein Licht mehr gesehen hat und vielleicht völlig verwahrlost und abgemagert ist.

Diesem abgeschobenen inneren Kind begegnen wir mit der weißen Rose.
Der Kontakt mit ihr fiel ganz anders aus, als ich dachte. Die weiße Rose hat mir sowohl beruflich als auch partnerschaftlich schmerzhaft gezeigt, wo ich noch in symbiotischen Abhängigkeiten stecke und mich wie ein liebesbedürftiges und total ängstliches Kind verhalte. Das zu fühlen, kollidiert natürlich mit der Erwartungshaltung an mich selbst als erwachsenen Mann. Ich habe in der Begegnung mit der weißen Rose mehrfach erlebt, dass ich schwach war, eingeknickt bin und feige – mir eben selbst nicht treu war. Dafür hätte ich mich früher verurteilt und auf mich eingeprügelt. Mir all das verzeihen zu können, das ist für mich persönlich die wohl größte Heilwirkung der weißen Rose. Diese Erfahrung ist Teil eines kontinuierlichen Prozesses, der uns letztendlich in die Kraft führt, uns selbst wirklich treu zu sein. Doch der Weg dorthin ist nicht einfach, denn er führt über die Begegnung mit dem abhängigen Kind, das alles tun würde – um nur wenigstens ein kleines bisschen Liebe zu bekommen.

Was bedeutet das? Es geht der weißen Rose darum, dass ich meine Zerbrechlichkeit wiederfinde – und dafür braucht es Stärke. Die Stärke, die verkrusteten Vorstellungen meiner selbst los- und mich stattdessen von mir selbst überraschen zu lassen. Vom Standpunkt der weißen Rose betrachtet sind wir noch eine sehr kindliche Gesellschaft. Das Problem sind nicht die Bösen da oben, sondern ein kindliches Kollektiv, das nicht selbstverantwortlich handeln kann und sich immer noch an dem orientieren möchte, was die Eltern sagen. Sich daraus zu befreien, ist alles andere als lustig, aber dieser Prozess hilft uns, ein Stück erwachsener zu werden – als Einzelne und damit auch als ganze Gesellschaft.

Weiße Rose ist das akute Natrium (Salz)

Natrium, Salz, ist die am tiefsten wirkende homöopathische Arznei. Sie thematisiert die erste frühe Wunde des Verlassenseins. Jeder von uns hat diese Natrium-Gefängniszelle in seinem Inneren. Dort sitzen wir Jahrzehnte lang eingesperrt. Tief in uns selbst zurückgezogen und emotional zur Salzsäule erstarrt trocknen wir aus und werden hart. Aber Salz will wieder zurück ins Meer, will sich auflösen im Wasser. Diese Ansammlung von Salzkörnchen, die wir geworden sind, dieser Schmerz, der uns hat verkrusten lassen, sehnt sich unbewusst zutiefst danach, ins Meer geworfen zu werden, um sich dort in der Einheit wieder auflösen zu können. Zugleich ist das unsere größte Angst. Deshalb halten wir fest an unserer Verletzung und pflegen den Blick zurück im Zorn.

Das verzeih´ ich dir nie! Natrium kann nicht verzeihen, nimmt seine Kränkung mit ins Grab. Dieser chronische Natriumzustand kann niemals direkt in Heilung übergehen. Er muss erst noch einmal ein akutes Stadium durchlaufen. Hier kommt die weiße Rose ins Spiel. Im Kontakt mit ihren Dornen reißt unsere vernarbte Natriumwunde auf und beginnt wieder zu bluten. Mit dem fließenden Blut kommt auch der alte verkrustete Schmerz wieder in Fluss. Das tut zwar weh, aber macht uns auch endlich wieder lebendig. Wir lernen, dem Leben und den Menschen, an deren Dornen wir uns verletzt haben, endlich zu verzeihen, und damit erlösen wir uns selbst. Wir lösen uns aus der Erstarrung, die wie ein Gift auf unseren Körper gewirkt hat. Weiße Rose, das ist Verzeihen-Können und wieder mit dem Leben fließen. Heilung pur!

 

Schlagworte (mit Links zu weiteren Artikeln von Werner Baumeister):
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Werner Baumeister

ist Arzt und bietet individuelle homöopathische Begleitung an.

30 Jahre Erfahrung in eigener Praxis in Berlin.

Einzeltermine nach Vereinbarung, Behandlungstermine zum Thema des Artikels jederzeit möglich.

Information zu aktuellen Workshops immer auf der Seite „Homöopathie am Puls der Zeit

(mit Themenregister aller Artikel) sowie unter Tel.: 0172 – 391 25 85 .

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Die homöopathischen Arzneibilder von Werner Baumeister verstehen sich immer auch

als homöopathischer Spiegel aktuellen Zeitgeschehens.

 

 

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