ayurvedisches Butterfett

In Indien ist Ghee schon seit Jahrtausenden bekannt, wie Berichte auf alten Palmblättern und in klassischen Texten beweisen. Auch im Kamasutra (vermutlich 200 n. Chr. von Vatsyayana verfasst) wird Ghee bereits erwähnt. Es wird auch als das Juwel der altindischen Medizin bezeichnet. Im Ayurveda hat Ghee fast schon den Stellenwert eines Wundermittels und gehört zu den zehn Lebensmitteln, die nach dem Charak Samhita täglich verzehrt werden sollten.

 

In alten vedischen Texten steht, dass Ghee dasjenige Produkt ist, welches in seiner Qualität der Muttermilch am nächsten kommt. Die Liebe der Mutter überträgt sich über die Milch auf das Baby. Insbesondere das Ojas (feinste Lebensenergie) ist in der Milch enthalten und schützt den Körper vor Krankheiten, stärkt das Immunsystem, gibt Ausstrahlung und fördert die spirituelle Erfahrung. In der Milch einer glücklichen und gesunden Kuh stecken nahezu die gleichen wertvollen Aufbaustoffe wie in der Muttermilch. Um diese Qualität zu konzentrieren und haltbar zu machen, stellt man aus dem Rahm der Milch Butter her und bereitet daraus Butterschmalz (Ghee) zu. Deshalb hat Ghee von allen Lebensmitteln den höchsten Anteil an Ojas.

Jedes Nahrungsmittel, das mit Ghee zubereitet wird, wird besser vom Körper angenommen und leichter verdaut. Ghee unterstützt als Katalysator die Nahrungsaufnahme. Damit aus der Nahrung Energie gewonnen werden kann und die verschiedenen Gewebe aufgebaut werden können, muss die Nahrung aufgespalten, umgewandelt, “verbrannt” werden. Aber genauso müssen Eindrücke, Wahrnehmungen und sonstige Reize, die wir aufnehmen, verarbeitet und umgewandelt werden. Dazu bringt Ghee die optimalen Vorraussetzungen mit. Es stärkt das Agni (die Verdauungskraft) und hilft den Verbrennungsvorgang und damit die Umwandlungsvorgänge in Körper und Geist aufrecht zu erhalten. Besonders wichtig ist dabei, dass es Pitta nicht erhöht, sondern besänftigend auf die Körperfunktionen wirkt.

 

Ghee in der ayurvedischen Küche

Ghee kann zum Kochen, Braten, Dünsten und Frittieren verwendet werden. Gewürze werden in der Regel, bevor sie zu dem Gericht gegeben werden, in Ghee leicht angeröstet. Dadurch entfalten die Gewürze ihr typisches Aroma. Wegen seines feinen Geschmacks wird Ghee in der ayurvedischen Küche herkömmlicher Butter und Pflanzenölen vorgezogen. Speisen, die mit Ghee zubereitet werden, schmecken nicht nur besonders lecker, sie werden auch leichter und vollständiger vom menschlichen Körper aufgenommen und können ihr innewohnendes Energiepotential besser entfalten. 

Durch die Verdauung wird Ghee noch einmal so verfeinert, dass es selbst die feinsten Zellebenen durchdringt, nährt und reinigt. Es gelangt als Informationsträger in alle Körperzellen. In der ayurvedischen Medizin dient Ghee deshalb als Transportmittel (Vahana), um Wirksubstanzen der Kräuterpräparate in die Körperzellen zu bringen, wo sie ihre Wirkung optimal entfalten können.
Ghee werden verschiedene Wirkungen zugeschrieben, so soll es die Konzentration steigern und den Körper entgiften. Es hilft bei Fieber, wirkt bei Blutarmut, fördert die Wundheilung, bessert Verstopfungsprobleme und löst Krampfhusten. Es soll verjüngen, zellregenerierend, reinigend, kräftigend, entzündungshemmend und allgemein heilend wirken, den Gewebestoffwechsel anregen und die Immunabwehr stärken. Ghee übt eine positive Wirkung auf die Leistung des Gehirns aus, es verbessert Erinnerungsvermögen, Lernkapazität und Gedächtnis. Ghee wirkt wegen seiner nährenden und zugleich harmonisierenden und kühlenden Eigenschaften ausgleichend auf Vata-Pitta-Störungen.

 

Flexible Wirkung: heiß und kalt

Ghee kann aber auch äußerlich angewandt werden. Massagen mit warmen Ghee sollen eine positive Wirkung auf die Haut haben und trockener und rauer Haut entgegenwirken. Massieren der Füße mit Ghee kann beruhigenden Einfluss auf Schlafstörungen und Kopfschmerzen haben sowie Nervosität und Erschöpfung bekämpfen. Körperwarmes Ghee, auf die Augen gegossen, wirkt positiv auf rote und gereizte Augen. Die ayurvedische Schönheitspflege schwört auf die vielfachen hautfreundlichen Eigenschaften von Ghee. So wie Aloe auf Verbrennungen wirkt, kann zum Beispiel auch Ghee die Entstehung von hässlichen Narben und Blasen verhindern oder reduzieren.

Ghee wirkt zwar erhitzend und fördert die Verbrennung, hat aber gleichzeitig kühlende und besänftigende Qualitäten (=Pitta-reduzierend). Wegen dieser Einzigartigkeit wird Ghee in Opferzeremonien eingesetzt. Indische Öllampen werden in Tempeln bei Hochzeiten, Begräbniszeremonien und allen religiösen Riten mit flüssigem Ghee betrieben. Die transformierenden Qualitäten von Ghee verbrennen alle negativen Einflüsse in der Atmosphäre. Ghee wirkt als Katalysator, um fein- und grobstoffliche Energien in spirituelle Dimensionen zu transformieren. Eines der bedeutendsten Feste in Indien ist Divali, das Lichterfest, das der Muttergöttin Lakshmi gewidmet ist (Dieses Jahr am dritten November). Das durch Ghee entfachte Feuer (Agni) wirkt als Quelle zur Erschaffung von Liebe, Glück, Reichtum, Wohlstand und Freude – die Eigenschaften, für die Lakshmi steht.

Über den Autor

Avatar of Hartmut Föller

ist Diplom-Biologe, ehemaliger Redakteur des Ayurveda-Journals und Mitarbeiter bei Cosmoveda

Anleitungen zum Selbermachen von Ghee gibt es im Internet

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Kontakt über Tel.:030-46 79 65 60

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2 Responses

  1. béatrice

    Hallo Herr Föller,

    eine Frage noch zu Ghee: wo kann ich es am besten kaufen, wenn ich es nicht online erwerden möchte?
    vielen Dank,
    Béatrice

    Antworten
    • Inga
      Ghee selbst gemacht

      Ghee kann man auch leicht selbst aus Butter herstellen – so geht man auch sicher, dass die nach ayurvedischen Standards richtige Zubereitungsform gewählt wird (was bei gekauftem Ghee nicht immer sicher ist). Und günstiger ist es dazu. Z. B. hier gibt’s eine Anleitung dazu: http://www.kochwerte.de/artikel/ghee-selbst-herstellen

      Antworten

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