SPD-Politiker Wolfgang Clement nennt sie „Parasiten“, Guido Westerwelle will härter durchgreifen: „Es gibt kein Recht auf staatlich bezahlte Faulheit“ – die Propaganda gegen Hartz-4-Empfänger prasselt von allen Seiten auf uns ein. In der Bild-Zeitung Lesen wir „Noch schlimmer als Florida-Rolf: So frech zockt uns Mallorca-Karin ab“ und am Stammtisch wird aufgeregt über die „Schmarotzer“ gelästert.

Wie haben die das geschafft? Wie haben sie es geschafft, dass in diesem völlig wahnsinnigen Wirtschaftssystem auch noch diejenigen als soziales Übel gelten, die am Meisten darunter leiden? Und dass wir das auch noch glauben?

Die Wahrheit sieht anders aus. Um überhaupt weiter existieren zu können, braucht unser System einen Niedriglohn-Sektor, einen Bereich, in dem Menschen für Sklaven-Gehälter arbeiten, die kaum zum Überleben reichen. Denn irgendjemand muss die Wertschöpfung für diejenigen betreiben, die sich an der Börse und anderswo mit heißer Luft die Taschen vollmachen. Man sieht es an den Zahlen:

„Seit 2005 hat sich in Deutschland die Armut, die Kinderarmut und die Anzahl der Tafeln verdoppelt. Der Niedriglohnsektor hat sich innerhalb der letzten zwanzig Jahre gleichfalls verdoppelt. Während Einkommen aus Gewinnen und Vermögen um 36 Prozent zugenommen haben“, fasst Reinhard Jellen die Entwicklung auf Telepolis zusammen.

2005 – ja genau, das ist das Jahr der Hartz-4-Reformen. Lustiger Zufall, dass sich die Armut seitdem verdoppelt hat.

Zwangsarbeit oder Sanktionen

Wer Hartz 4 will muss „dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen“ – und zwar auch einem Arbeitsmarkt, den es eigentlich gar nicht geben dürfte. Welche Arbeit man annehmen muss, ist in den „Zumutbarkeitskriterien“ geregelt – und die sind hart an der Grenze zur Zwangsarbeit. Da kann es schon mal sein, dass ein 58 Jahre alter Ingenieur mit gesundheitlichen Problemen für 1,50 Euro die Stunde im Auftrag der Gemeinde Bäumchen mit einer Wildschutzfolie umwickeln muss – sechs Stunden am Tag. „Fordern und Fördern“ heißt das im Amtsdeutsch. Epileptiker sollen auf Baugerüsten arbeiten, Frauen werden zur Prostitution angehalten. Endlose Praktika ohne Bezahlung und die Pflicht zur Annahme von Arbeit auch bei Stundenlöhnen unter 5 Euro sind ebenfalls Realität.

Wer bei diesem Wahnsinn nicht mitmacht, oder sonst irgendwie unangenehm auffällt, bekommt die Zahlungen gekürzt – auch komplett. Diese Menschen leben dann zum Teil ohne Geld und medizinische Versorgung, müssen betteln oder hungern. Nicht vorstellbar in Deutschland? Trotzdem Realität: 780.000 Sanktionen wurden 2008 verhängt – der Großteil davon (etwa 65%) auch noch rechtwidrig. Aber wer nichts zu Essen hat, reicht auch keine Klage ein.

Der Agentur ausgeliefert

Hauptgrund der Sanktionen sind Verstöße gegen die Eingliederungsvereinbarung. Die müsste man allerdings von Rechts wegen überhaupt nicht unterschreiben – tut man es aber nicht, streicht die Arbeitsagentur trotzdem die kompletten Bezüge. Das ist zwar grundgesetzwidrig, aber wen kümmert das schon. Reicht der Betroffene dagegen Widerspruch oder Klage ein, wird die Sanktion dennoch fortgesetzt – eine sonderbare Rechtslage, denn normalerweise haben Widersprüche bei Sanktionen eine „aufschiebende Wirkung“ – das heißt, die Bestrafung wird solange ausgesetzt, bis ihre Rechtmäßigkeit bewiesen ist. Hier muss der Antragsteller aber erst in monatelangen Gerichtsverfahren seine Unschuld beweisen (dass er nämlich die Vereinbarung von Rechts wegen nicht unterschreiben muss) – und während dieser gesamten Zeit, hat er keinerlei Bezüge. Schon deshalb werden kaum Klagen gegen die Arbeitsagenturen eingereicht – das existenzielle Risiko ist zu groß, Recht hin- oder her, denn oftmals verzögern die Arbeitsagenturen aus Bilanzgründen die Zahlungen auch nach positiven Gerichtsentscheiden noch einige Monate.

Zuspätkommen, Kranksein, nicht genügend Bewerbungen – all dies führt zu Sanktionen. Und die gehen für die Betroffenen oftmals an die Substanz – physisch wie psychisch.

„Als besonders belastend wurden von den Befragten auch Ohnmachtsgefühle genannt: Das Gefühl, dieser Behörde ausgeliefert zu sein, von ihr in Not gebracht zu werden und daran selbst nichts ändern zu können. […] Unsere Umfrageergebnisse zeugen davon, dass zum Teil große materielle Not entsteht, die bis hin zu Todesangst führt, weil der Zugang zu Nahrung und Medikamenten versperrt ist“, berichtet Claudia Daseking im Telepolis-Interview.

So werden Menschen für den Niedriglohn-Sektor „zugerichtet“. Denn die Angst vor den Sanktionen der Arbeitsagenturen ist bei vielen so groß, dass sie wahllos irgendeine Arbeit annehmen, egal um welchen Preis.

Mythos Sozialschmarotzer

Der Mythos des Sozialschmarotzers hält sich trotz alledem hartnäckig. Es gibt zweifellos auch tatsächlich einige arbeitsunwillige Menschen (was man ihnen, nebenbei bemerkt, bei der entfremdeten Arbeitswelt, die wir heute haben auch kaum verdenken kann). Der Großteil der Armut ist aber nur das Gegengewicht zu dem horten von Reichtum an anderen Stellen der Gesellschaft. „Armut entsteht nicht trotz, sondern durch Reichtum“ stellt Christoph Butterwegge dazu fest – genau wie der Reichtum der Industrienationen, zwingend die Armut der Dritten Welt braucht, damit wir deren Arbeitskraft ausbeuten können.

Mythos Vollbeschäftigung

Überhaupt ist Arbeitslosigkeit im neoliberalen Kapitalismus gar nicht zu vermeiden (ausgenommen man baut gerade zufällig ein völlig zerbombtes Nachkriegs-Deutschland wieder auf). Vollbeschäftigung am normalen Arbeitsmarkt wäre heute nur möglich, wenn die Arbeitszeit für alle auf maximal 25 Stunden begrenzt und entsprechend gut bezahlt würde. Es gibt einfach dank fortschreitender Technik immer weniger Arbeit und es ist nur unserem kranken System zu verdanken, dass dies kein Segen, sondern ein Fluch für die Gesellschaft ist.

Die menschenverachtende Praxis der Arbeitsagenturen

Einen guten Einblick in die Praxis der Arbeitsagenturen gibt die Broschüre „Wer nicht spurt, kriegt kein Geld – Sanktionen gegen Hartz-IV-Beziehende – Erfahrungen, Analysen, Schlussfolgerungen“ (PDF), und das Interview mit den Herausgebern auf Telepolis:

Aushungern und Fordern (Teil 1)
Materielle Not bis hin zur Todesangst (Teil 2)

 


Weitere Artikel zum Thema „Hartz 4“:

Sozialschmarotzer sind ein Mythos
Hartz-4-Sklavenhandel in Deutschland

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Söhne Mannheims – Kraft unsres Amtes

7 Responses

  1. Heifi50
    Sexsklave für den Stasi Merkel Staat.

    In dieser Stasi Merkel Dicktartur geht der Staat
    Unter da ist man nur noch Sklave oder Sklavin.
    Immer mehr Deutsche Obdachlose. Merkel Fickt.
    Männer und Frauen in den Arsch.Die sich nicht
    Aufregen dürfen.

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  2. Heifi50
    Sklave für Deutschland

    Ich lebe selber von Harz4 und fühle mich von Staat in den Arsch Gefickt.
    Und von einer verlogenen Frau 4 Jahre Unschuldig in den Knast geschickt
    Zu werden erzeugt nur noch hass.

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    • Die Vergangenheit
      Verlogen?

      Für alles was du getan hast, bist du selber verantwortlich!

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  3. Kornelia Berger

    Als Hartz IV Empfänger bist Du nur noch Mensch “ Dritter Klasse“ . Es hatte schon seinen Grund die Arbeitsagenturen aufzuteilen (Jobcenter und Arge).
    Das Jobcenter wird dann in einen Stadtteil untergebracht, der nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist, denn ein eigenes Fahrzeug darf man ja nicht besitzen.

    HÖRT AUF ZU KLAGEN; FANGT AN ZU KÄMPFEN !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

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  4. Anonymous

    Man muß umgehend diese Form der Sklaverei zum Zwang von 1-Euro-Jobs unterbinden und anprangern.Das Strafgesetzbuch § 232 und § 233 bietet in seinen Absätzen 1-5 genügend gelegenheit,eine Massenklage gegen Deutschland vor dem EUGH für Menschenrechte/Human Rights zu starten.Mein Sohn und ich wurden regelrecht Folteropfer der Bundesagentur für Arbeit/Hartz 4.Die Beweise zum Zwang der Sklaverei haben wir sichergestellt.Wir beabsichtigen eine Klage.Hinweis zur Massenklage und erster Schritt:E-Mail an Human Rights senden.-Habe ich gerade vor einer Stunde gemacht !

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  5. bruns

    irgendwie ist es schon tatsächlich wie in mittelalter wer krank und alt ist bekommt nur noch was zu trinken und zu essen ,aber kein fisches wasser und eine decke über.eine ursache ist die burgerliche gesselchaft die wieder verdrenkt und ignuriert!,obwohl wir in einer mitgesellschaft mehr leisten könnten.da sitzen die beamten in den amten ohne leistungsdruck und lohnforderungen nach eigenen ermessen,also tatsechlich eine unkuntbarkeit bie immer sicherren geld !;DIE ANDERE SEITE DIE PROLTTEN ;ARBEITER SOLEN WEITER VERHEITZ WERDEN MIT DEM ZWAGSAPPARAT DIESER BÜRKRATIE FÜR GESÄFT UND UNTERNEHMENSGEWINNE;ALSO EINE HERACHIE IMMER NOCH WIE IM MITTELALTER UND IM TIEREICH: SCHLUSS DAMIT WIR WOLLEN DOCH ME§NSCHEN SEIN;UND SO MÜSSEEN WIR DEN SOZIALISSMUSS NOCH MAL ERFORSCHEN !!!

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  6. Gudrun Wolf

    Gut, daß dieses Thema aufgegriffen wird. Der Grundsatz „Fördern und Fordern“ kann ja nur unterstützt werden, wenn er denn in der Realität immer stattfinden würde. Tatsächlich hat die Trennung von Arbeitsämtern und Jobcentern – in Berlin – dazu geführt, daß arme Menschen und Langzeitarbeitslose stigmatisiert, ausgegrenzt und massiv bevormundet werden. Mit Hilfe solcher Regelungen, daß man seine zuständigen Bearbeiter nicht direkt anrufen kann, daß man nicht selbst entscheiden darf, ob man sich selbständig macht, eine Weiterbildung benötigt oder unbedingt arbeiten will, daß man gezwungen wird, sinnlose Bewerbungsaktivitäten zu dokumentieren, und vor allem mit diesen unglaublich unverständlichen, sich überschneidenden oder widersprechenden und angsteinflößenden Bescheiden, Belehrungen und ständigen Strafandrohungen.
    Ausweg? Der kann für mich nur darin bestehen, daß alle wieder mehr Verantwortung für sich, ihr Leben und ihre Arbeit tragen müssen. Die Bezahlung in den Jobcentern und Arbeitsämtern muß zu einem bestimmten Teil von der Zufriedenheit und dem Erfolg der betreuten Kunden abhängig werden. Die Mitarbeiter in den Jobcentern müssen gleichzeitig wirkliche Unterstützung für Krisensituationen und schwierige Kunden haben.
    Und Eingliederungsvereinbarungen müssen als erstes die Arbeitssuchenden selbst vorschlagen. Manchmal macht es Sinn, für 1,50 die Stunde arbeiten zu gehen. Wenn ich weiß, was ich dabei lernen oder wiederfinden will. Und vor allem benötigen Langzeitarbeitslose einen klaren und verbindlichen Anspruch auf Förderung.

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