Homöopathische Antworten am Puls der Zeit

von Werner Baumeister

 

Ich habe mich in meinem Leben nie wirklich als Teil einer Gemeinschaft gefühlt.
Wölfe und Hunde dagegen, ihres Zeichens Spurensucher mit guter Witterung, waren mir immer sehr vertraut. Meine Artikel im SEIN etwa basieren genau auf dieser Fähigkeit, Zeit-Themen etwas früher als das Kollektiv zu „wittern“. Oft habe ich mich allerdings auch wie ein „dreckiger Hund“ gefühlt, irgendwie schmutzig, befleckt, sündig und daher nicht berechtigt, (zum Rudel) dazuzugehören. Diesen Glaubenssatz habe ich mir in meinem Leben immer wieder neu manifestiert. Homöopathische Hunde-/ Wolfsmilch hat das Potential, diesen leidvollen Glaubenssatz und ähnliche selbst auferlegte Lebensstempel an der Wurzel zu heilen.

Ich habe keine Kinder. Vielleicht, weil ich mit dem Schmerz meiner Eltern über den sehr frühen Tod meines Bruders aufgewachsen bin. Jedenfalls hat mich der folgende Traum, der zu diesem Artikel geführt hat, tief berührt: Ein Golden Retriever kommt zu mir und bellt mich an, signalisiert mir damit: „Sorge, kümmere dich um mich. Ich vertraue mich dir an. Ich traue dir zu, dass du für mich sorgen kannst, und lege mein Leben in deine Hände.“ Dieses Wirklich-voll-verantwortlich-für-ein-Wesen-Sein, wie für ein eigenes Kind, war das, was mich im Traum zunächst mit unglaublicher Freude erfüllt und dann aber auch genauso unerträglich geschmerzt hat, als der Hund wieder weglief.

Die Milch vom Golden Retriever wäre ohne diesen Traum – ehrlich gesagt – meine allerletzte Wahl eines homöopathischen Mittels gewesen, mit dem ich mich intensiv beschäftigen will. Dann lieber noch Rauhhaardackelmilch, wo wenigstens noch ein bisschen wilder Wolf drin ist.

Konflikt zwischen Zahmheit und Instinkt

Das Wolfsprogramm ist in jedem Hund drin, denn der Hund ist sowohl domestizierter Wolf als auch bester Freund des Menschen. Er ist ein domestiziertes Raubtier, das ursprünglich in Wolfsrudeln lebt. Als Raubtier muss er einen starken Aggressionstrieb besitzen, um überleben zu können. Doch er ist auch ein extrem soziales Tier, braucht den Austausch mit den Rudelmitgliedern und die Führung des Leittieres (Lob und Zuneigung). Wenn er vom Menschen gezähmt, domestiziert wird, müssen diese Aggressionen unterdrückt werden. Dennoch wohnt tief im Innern auch jeder homöopathischen Hundemilch eine „bestialische“ Aggression (Hundemilch-Leitsymptome: Verlangen, zu töten; bösartig, Wutanfälle aus geringstem Anlass, rachsüchtig, grob, unbeherrscht, Freiheitsdrang). Äußerlich dagegen sieht man Domestizierung, übermäßige Anpassung und Abhängigkeit. Denn da der Hund ein Rudeltier ist, muss er einen Sinn für Hierarchie haben.

Underdog gehorcht Topdog

Sobald ein unterlegenes Tier die Augen abwendet, gibt es seine Niederlage zu und der Anführer des Rudels steht fest. Diese Fähigkeit, sich anzupassen, zu gehorchen und seine Aggression zu unterdrücken, ist durch Domestizierung in hohem Maße verstärkt worden. Ein sehr stark domestiziertes Tier ist der Retriever, dem man die ganze Palette des Wolfes nicht mehr unbedingt zutraut. Schon der Name Retriever ist ja Programm. ‚To retrieve‘ (engl.) heißt apportieren! Der Retriever ist selektiv dafür gezüchtet worden, einer Beute nachzujagen – also den Jagdinstinkt zwar zu haben, doch der Instinkt, selber die Beute zu fressen, wurde ihm weggezüchtet.

Der egoistische Teil des Wolfes, also die natürliche Aggression des „Das nehm ich mir jetzt“, ist hier komplett wegmanipuliert. Das macht den Retriever für uns Menschen zu einem beliebten Gefährten und Familienhund, weil zusätzlich auch das Thema Treue und Unterwürfigkeit selektiv hervorgezüchtet wurde. Der Retriever bezahlt dafür mit weichen Knochen, Hüftschäden, Wirbelsäulenerweichung und ausfallenden Zähnen, weil der „Biss“ fehlt. Homöopathisch also eine für uns hochbrisante Arznei, da sie bei uns genau mit obigen Themen in Resonanz geht.

Milch schenkt uns Wurzeln

Am Anfang ist der Schrei nach Milch, nach Mutterliebe. Diese erste Verbindung zur Mutter vermittelt uns das Gefühl von Schutz und Geborgenheit, dass wir in diese Welt hineingehören, in ihr leben und überleben können. Bleibt dieser Schrei ungehört, setzen sich Hunger, Angst und Schmerz in uns fest. Wir sind hilflos angesichts einer feindlichen Umwelt und fühlen uns alleingelassen im Kampf ums Überleben. Innerlich und äußerlich heimatlos, bleibt die Welt fremd, ein unsicherer Ort. Leben wird zu einem Kampf ums Überleben, einer ständigen Notlage, weil mir jeden Moment etwas zustoßen kann.

Habe ich überhaupt das Recht zu existieren?

Zentrale Essenz homöopathischer Hundemilche ist der starke Mangel an Selbstwertgefühl, was sich darin ausdrückt, dass man seine Daseinsberechtigung in Frage stellt! Die Vernichtungsangst somatisiert sich dabei häufig im Nacken (Leitsymptom: steifer Nacken und Schmerzen im Schulter-Hals-Bereich). Das verletzliche, verwundbare Kind muss mit Hilfe der Milch wachsen, gedeihen und stark werden. Milch gibt dem Kind Heimat, Geborgenheit und das Gefühl, geliebt zu werden, ohne etwas dafür tun zu müssen. Vertrauen in die Mutter, in das Leben und in uns selbst sind nicht voneinander trennbar, sondern ein und dasselbe!

Hundemilchthemen wie Gefühle des Verlassen-/ Im-Stich-gelassen-Seins, extrem geringe Selbstachtung bis hin zu Selbstverachtung und Selbstunterschätzung haben hier ihre Geburtsstunde. Ich persönlich spüre unter Hundemilch eine verzweifelte Wut und ein radikales Bedürfnis, mich endlich ohne meine vorgeschalteten Filter, die mir jegliche Spontanität nehmen und deren Aufrechterhaltung ungeheure Kraft kostet, ins Leben hineinzuwerfen. Ich habe es so satt, das Leben immer nur als zutiefst bedrohlich-angreifend wahrzunehmen, und in mir existiert eine unendliche Sehnsucht, mich dem Leben aus – zusetzen und anzuvertrauen. Mir wird bewusst, dass ich alles, was neu auf mich zukommt, von allen Seiten prüfe, ob es eine potentielle Gefahr darstellen könnte. Wenn ich mich aber vom Leben nicht mehr an-greifen, er-greifen lasse, dann kann mich das Leben auch nicht beschenken.

Es ist, als hätte die Hundemilch mein Urvertrauen auf eine neue Basis gestellt, wozu erstaunlicherweise gehört, Erfahrungen nicht mehr als positiv und negativ bewerten zu müssen und oft mit ihnen zu hadern, sondern in dem Vertrauen zu sein, dass das, was mir passiert, die optimalen Zutaten für meine Entwicklung beinhaltet.

Nieder-geschlagen

Hundemilch ist auch eine Arznei für die lebenslangen Folgen von (sexuellem) Missbrauch und Gewalt.
Die Signatur eines missbrauchten Menschen und die Signatur des Arzneimittelbildes von Lac caninum sind identisch. In unseren aktuellen Beziehungen wird die frühe Wunde der Ablehnung und des Missbrauchs immer wieder aufgerissen. Der geprügelte Hund/ Mensch, aus dem alle Aggression und damit auch alles Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen im Laufe der Erziehung herausgeprügelt wurden, biedert sich an, um zu überleben. Er kommt immer wieder angekrochen. Für ein bisschen Freundlichkeit leckt er die Hand, die die Schläge austeilt!

Warum tut er das? Das Hündische hat als oberstes Ziel „Dazugehören!“ Beziehung geht über alles, ist lebensnotwendig und Beziehungsabbruch gefühlt wie Selbstmord. Das Selbstvertrauen, alleine zu überleben, fehlt hier komplett. So geht es dem missbrauchten Kind in seiner familiären Struktur auch. Alles – nur nicht aus dem Rudel verstoßen werden! Der Zorn über das Erlittene aber bleibt in unserem Inneren. Wer nur wertloser Dreck und Abfall ist, der hat kein Recht, seinen Zorn zu äußern, und ist nicht fähig, aggressive und feindselige Gefühle unverhüllt zum Ausdruck zu bringen. Stattdessen empfinden wir Schuld und Scham (Lac-caninum– Leitsymptom: Unfallneigung, Selbstverwahrlosung, Selbstsabotage).

Hundemilch wirkt hier wie Balsam für unsere Seele, weil es hilft, dieses tiefe Gefühl der Wertlosigkeit biographisch verstehen zu lernen, sich zu verzeihen, statt sich weiter niederzumachen, sowie Schuld, Scham und Selbstdestruktion zu verabschieden! Mit Hundemilch entsteht hier überhaupt erstmalig eine Ich-Struktur. Das Selbstwertgefühl wächst und wir kommen endlich wirklich in unsere authentische Kraft!

Ur-Vertrauens-Stärkung mit Hundemilch & Wolfsmilch

Alle Milche in der Homöopathie thematisieren einen grundsätzlichen Mangel an Vertrauen ins Leben. Ausgesetzt und mutterlos wurden Romulus und Remus (laut Sage) gesäugt und aufgezogen von der pontinischen Wölfin. Durch ihre Milch fließt nicht nur animalische Mutterliebe, sondern auch unglaubliche Triebhaftigkeit und unvermittelte Aggressivität. So werden die Brüder und späteren Begründer Roms ausgestattet mit dem Instinkt zu überleben, mutig und intelligent zu kämpfen – auch unter extremen Bedingungen.

Wie steht es nun um unsere Aggression, unser„aggredi“, also unsere Fähigkeit, auf das Leben zuzugehen, das Leben anzupacken?

Charakteristische Hundemilche: Retrievermilch für den, der sich im komplett aggressionskastrierten Familienhund wiederfindet. Rottweilermilch für den, der sich mehr im geprügelten Hund erkennt, Wolfsmilch für den verhinderten Alpharüden, der noch nicht so richtig in seine Kraft geht, weil das natürlich oft mit gesellschaftlicher „Gegenwehr“ und entspechenden Restriktionen verbunden ist.

 

Schlagworte (mit Links zu weiteren Artikeln von Werner Baumeister):
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Werner Baumeister

ist Arzt und bietet individuelle homöopathische Begleitung an.

30 Jahre Erfahrung in eigener Praxis in Berlin.

Einzeltermine nach Vereinbarung, Behandlungstermine zum Thema des Artikels jederzeit möglich.

Information zu aktuellen Workshops immer auf der Seite „Homöopathie am Puls der Zeit

(mit Themenregister aller Artikel) sowie unter Tel.: 0172 – 391 25 85 .

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Die homöopathischen Arzneibilder von Werner Baumeister verstehen sich immer auch

als homöopathischer Spiegel aktuellen Zeitgeschehens.

 

 

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