Illusion & Wirklichkeit: Durch das Abstreifen des persönlichen Egos und der Selbstwichtigkeit die Vielschichtigkeit der Wirklichkeit erfassen.

 

In der schamanischen Welt umfasst die Wirklichkeit weit mehr Ebenen, als uns im alltäglichen Gebrauch dieses Begriffes zugänglich sind. In den spärlich gesäten indigenen schamanischen Kulturen, die bis heute überleben konnten, finden wir unabhängig von ihren unterschiedlichen kosmologischen Vorstellungen überall eine komplexe belebte Welt. Diese vielschichtige Welt ist nur erfahrbar, wenn wir weit über die normale Alltagswahrnehmung hinausgehen, das Anhaften am persönlichen Ego und die eigene Selbstwichtigkeit abstreifen und das gesamte Spektrum des menschlichen Bewusstseins nutzen. Die Hilfsmittel, um diese erweiterte Wahrnehmung zu erreichen, sind vielzählig und sehr unterschiedlich – sie reichen von einfachen Mentaltechniken über Trance- und Ekstasetechniken bis hin zum Gebrauch sakraler Substanzen. Um die Wahrnehmung und den persönlichen Wirklichkeitshorizont nachhaltig zu erweitern, ist die tiefgreifende Erfahrung eines authentischen schamanischen Rituals oder einer Zeremonie unerlässlich.

Im Nordwesten Mexikos lebt in der unwegsamen Hochgebirgswüste der Sierra Madre Occidental das Naturvolk der Wixárika (span. los Huicholes). Sie zählen zu den wenigen noch lebenden schamanischen Gemeinschaften auf unserer Erde, die seit Jahrtausenden ihre authentische spirituelle Lebensweise bewahrt haben. Sie verfügen über ein magisches Wissen, das über Generationen weitergegeben wird und das ihnen tiefe Einblicke in die Anfänge der Schöpfung und in die Zusammenhänge allen Lebens ermöglicht. Ihre spirituellen Führer werden Marakamés genannt. In jahrelangen schamanischen Ausbildungen erweitern sie durch eine makellose spirituelle Lebensführung ihre magischen Kräfte. Das Leben der Marakamés ist geprägt durch die Erfüllung verantwortungsvoller Aufgaben, welche dem spirituellen Gleichgewicht zwischen der Gemeinschaft der Menschen und der Natur dienen. Durch das Anfertigen aufwendiger Opfergaben und durch das Durchführen hingebungsvoller Pilgerreisen leisten sie ihren Beitrag stellvertretend für die gesamte Menschheit, um das energetische Gleichgewicht zwischen Mutter Erde, dem Kosmos und dem Menschen aufrechtzuerhalten.

 

Wirklich ist das, was wirklich wirkt

Im Laufe ihrer jahrzehntelangen magischen Reifung entwickeln sich die Marakamés zu ausgezeichneten Heilern. Sie verfügen über Heilungstechniken, die es ihnen unter anderem ermöglichen, krankheitsverursachende Einflüsse in Kristallen zu materialisieren oder negativ wirkende Einflüsse in Form von kleinen lebenden schwarzen Fremdkörpern aus dem Körper zu saugen.

Für das Wixárika-Volk ist die Welt zusammengesetzt aus materiellen, geistigen und spirituellen Erscheinungen, mit denen alle Menschen verbunden sind. Wirklich ist nur das, was wirklich wirkt. Die schamanische Welt definiert sich stets durch das Zusammenwirken unterschiedlicher elementarer Kräfte in Verbindung mit dem eigenen Tun oder Nicht-Tun. Eine andere Wirklichkeit oder eine nichtalltägliche Wirklichkeit gibt es nicht. Es existiert keine Trennung von diesseitiger und jenseitiger Welt. Die Wirklichkeit ist immer präsent, umfasst alles und ist jederzeit interaktiv. Wie viel von der gesamten Wirklichkeit wahrgenommen werden kann, hängt davon ab, über wie viel persönliche Energie und Kraft jemand verfügt.

Will der Mensch die Wirklichkeit begreifen, bleibt ihm nur eine Möglichkeit: Er muss den radikalen Weg der Freiheit gehen, ein Marakamé werden, sich aus allen persönlichen Verstrickungen, Definitionen und Bewertungen lösen und genügend Energie sammeln, um die gesamte Wirklichkeit erfassen zu können.

Was ist die Wirklichkeit, die Realität letztendlich? Ein Konstrukt unserer Gedanken und unserer Erklärungen, wie die Welt funktioniert und zusammengesetzt ist? Eine Erzählung, die uns seit dem Augenblick unserer Geburt erzählt wird? Eine Illusion? Wenn all diese Konstruktionen und Beschreibungen wegfallen, was bleibt übrig? Nur du und die Welt? Was verbindet dich mit der Welt? Ist die Wirklichkeit ein Gefühl, das du erspüren kannst, wenn du über die Sinne deines Körpers hinausgehst? Welche Bedeutung können die erweiterten schamanischen Dimensionen der Wirklichkeit für dein Leben haben?

Für die Marakamés der Wixárika sind diese Fragen nicht wichtig. Die Gesamtheit der Wirklichkeit kann sich ihrer Wahrnehmung nicht entziehen. Sie „sehen“ die Welt, wie sie wirklich ist. Das bedeutet, sie zu erkennen und verändern zu können. Die dafür notwendige persönliche Kraft gewinnen sie in ihren Zeremonien, in Heilritualen und auf ihren jährlichen Pilgerreisen zu jahrtausendealten heiligen Orten der Kraft, wo die Pforten der Wahrnehmung aufgestoßen und der Zugang in eine archetypische Welt geöffnet wird, welche zeitlos existiert.

Wer mehr über die Wixárika erfahren, an Projekten mitwirken oder an ihren Ritualen und Pilgerreisen teilnehmen möchte, wende sich an das Mother Earth Institute e.V., erreichbar über die Webseite des Mother Earth Project.

Marius Enrico Hannig  erforscht seit zwanzig Jahren westliche ­Naturmagie und indigenes authentisches Schamanentum. ­Seine Studien führten ihn dabei unter anderem nach Mexiko zu den Wixárika, den toltekischen Zauberern der Huicholes,
zu den Schamanen, Nomaden und Höömii-Meistern in die Mongolei und in den Himalaya zu Kirati-, Tamang und Sherpa-Schamanen. Als schamanisch praktizierender Lehrer vermittelt er in Vorträgen, Schwitzhütten und Workshops auf anschauliche Weise ein umfassendes Wissen und eröffnet einen praktischen Zugang zu den Techniken der Schamanen. Er organisiert u.a. Studien- und Ausbildungs­reisen, Retreats und Pilgerreisen zu den Himalaya-Schamanen nach Nepal und zusammen mit den Wixárika (Los Huicholes) der Sierra Madre Occidental in Mexiko Pilgerreisen nach Wirikuta. Er ist Gründer des Mother Earth Project und unterstützt Projekte zur Bewahrung schamanischer Traditionen und Kulturen.

 

Eine Antwort

  1. Schmalfuss

    Mein Lieber Marius,
    wir kennen uns nun schon so lange. ich glaube, es sind ~ 20 spannende Jahre. Eine tolle Arbeit machst Du.
    Ich bin dabei, beim nächsten mal in Mexico oder hier in Peru Marcahuasi (san Pedro de casta) in 4000m nahe Lima, wo auch der haluzigene Kaktus wächst.

    https://plus.google.com/u/0/photos/114106954186836590505/albums/5166229554331928945

    https://plus.google.com/photos/108294797816614171900/albums/5786750795342956113?banner=pwa

    Liebe Grüße Dieter

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