Pünktlich zum Frühlingsanfang letzten Jahres hatten wir uns mit zwei Dutzend Menschen zu einem Gang aufs Land zusammengefunden, um gemeinsam einen Garten Eden zu gründen. Die Wahl fiel auf Schloss Tornow in der Nähe von Gransee, 70 km nördlich von Berlin und Sitz des Ökowerks Brandenburg.

Das imposante schlossähnliche Gutshaus aus dem Ende des 19. Jahrhunderts bietet heute Raum für Seminare und Wildnis-Coaching und dient unserem Projekt als Standort und Erdbotschaft im Norden. Neben dem Schlossgelände gibt es zusätzlich eine Farm, wo Jugendgruppen mit Permakultur und nachhaltiger Landwirtschaft vertraut gemacht werden. Die urwüchsige Fließlandschaft an der Oberhavel beherbergt Biber und seltene Vogelarten. Lothar Semsch, der langjährige Vereinsvorstand, stellte uns am Eingangsbereich zwischen Schloss und historischer Dorfkirche ein Areal zur freien Gartengestaltung zur Verfügung. Das freigelegte Gelände wurde von uns ausgemessen, und schon bald war die Struktur für einen kosmischen Garten in Form eines Oktogons gelegt. Oktogonale Gestaltungselemente spiegeln sich auch in der sakralen Backsteingotik der Schlossfassade und geben der heiligen Geometrie ihre historische Tiefe.

Garten Eden

Tornow-MoehrenUnser Garten Eden wurde – den Grundsätzen der Permakultur gemäß – aus vorgefundenen Naturmaterialien gestaltet: Weide für den Zaun, Granitsteine für die Beeteinfassung und Stroh für das achteckige Wegesystem. Im Zentrum des Gartens wurde eine mit Granitsteinen bestückte Erdpyramide mit Kräutern bepflanzt, aus der die Pappelstange als Sonnenuhr hervorragt. Bepflanzt wurden die acht Beetsegmente mit einer Vielzahl von Gemüsesorten.

Unser Garten Eden steht nun der Bevölkerung Tornows sowie den Gästen des Schlosses zur freien Nutzung zur Verfügung – ob als Ort der Stille und Besinnung oder auch als Nutzgarten im Sinne des „social gardenings“. Und er kann ständig weitergestaltet werden.

Ab Sommer 2015 bieten wir auf Schloss Tornow und auch an anderen Orten unser nachhaltiges und zertifiziertes Schulungsprogramm „Erdbotschafter sein“ an, das auf der Erd-Charta basiert. Diese Absichtserklärung wurde im Jahr 2000 von vielen Staaten der Welt unterzeichnet und verfolgt vier globale Ziele: Ökologische Ganzheit, soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Frieden.

Luisengarten

Tornow-LuiseDie Gründung eines für die Allgemeinheit zugänglichen Garten Edens ist als ein Akupunkturpunkt zur Heilung der Erde zu sehen und gibt der Erd-Charta ein regional erfahrbares Gesicht. Wir haben den Garten in Tornow der legendären Königin Luise von Preußen (1776-1810) gewidmet. Luise war eine überaus beliebte Regentin und als Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz ist sie humanistische Leitfigur und Erdbotschafterin gleichermaßen. Denkmäler im nahe gelegenen Gransee und Dannenwalde erinnern an ihr Wirken.

Als reformpädagogisch erzogene Prinzessin hatte Luise ein besonderes Faible für Gartenkultur. In einem Brief an ihre Kinder, allesamt spätere Könige, Kaiser und Zarinnen, schreibt sie am 9. September 1801: „Lieber Fritz! Lieber Wilhelm! Liebes Charlottchen! Guten Morgen, liebe Kinderchen! Papa küßt Euch alle in Gedanken mit mir, und trägt mir auf, Euch zu sagen, daß ihm wie mir die Mohrrüben, Erbsen, Kerbel, Petersilie, Bohnen, Kohl und Salat aus Eurem Garten außerordentlich viel Vergnügen gemacht haben. Das sind recht fleißige Kinder! Hat Papa gesagt, ich will alles auf ihre Gesundheit essen; und ich sagte, die guten Kinder haben es so gerne gegeben, es macht ihnen so viel Freude, es zu schicken, weil sie wußten, Papa und Mama würden sich recht freuen, und das tat ihren kleinen Herzen wohl! Heute mittag essen wir ein Gericht Mohrrüben, das Ihr gepflanzt und gezogen habt. Das wird schmecken!“

Unser Dank gilt all den Menschen, die im Laufe des letzten Jahres beim Aufbau des Luisengartens mitgewirkt haben: vor allem Mika Casutt, Marcel Scherreiks, Matthias Reul, Frauke Banz, Christina Maaßen, Grit Hallal, Annika Vogt, Eduard Aman, Tashina Kohler und dem Schloss-Team um Lothar Semsch.

Tornow-ReulOh ja, endlich etwas zum Mitmachen und ganz in der Nähe, dachte ich, als als ich mich im März den Erdbotschaftern auf Schloss Tornow anschloss. Das Thema „nachhaltig sein“ war für mich der Grund, mich mit einigen anderen ins Brandenburgische zu begeben und auf dem Gelände einer abgebrannten Scheune einen Garten anzulegen. Dann wurde gegraben und beräumt, gemessen und geschätzt, übers Jahr gesät, gepflanzt und später auch geerntet. An diesen Wochenenden konnten wir die Möglichkeiten der Selbstversorgung einer Gruppe erproben, denn kein Versorgungsweg ist kürzer als der vom eigenen Garten auf den Tisch. Matthias Reul


 

Spendenmöglichkeit:
www.betterplace.org/de/projects/21048-wego-paradise-die-weltist-ein-garten-nah-naturlich-und-nachhaltig

 

Über den Autor

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ist Naturphilosoph und Naturpädagoge

Kontakt
Tel.: 0152-291 505 50

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