Kommunikation dient der authentischen Begegnung und der gegenseitigen Anregung. Sie wird allerdings auch oft dazu benutzt, authentische Begegnung zu vermeiden oder dem Gegenüber Energie in Form seiner Aufmerksamkeit „abzusaugen“. Bestimmte Gewohnheiten oder Muster in der Kommunikation (Kommunikationsmuster) dienen dazu, der Konfrontation mit einem Thema, einer Idee oder einer Erkenntnis auszuweichen. Wer sich das bewusst macht, hebt sein Gesprächsniveau an und verliert keine Energie mehr durch ungesunde Kommunikation.

Es gibt viele Kommunikationsmuster, die Unklarheit erzeugen und der Ablenkung dienen. Viele Muster sind auch dazu gedacht, den Gesprächspartner in ein Rollenspiel zu verwickeln, um ihn einzuschüchtern und zu kontrollieren. Zudem werden unangenehme Verhaltensweisen dazu eingesetzt, um anderen Energie zu rauben. Kommunikation ist immer ein Energieaustausch – ist dieser nicht lebendig und für alle belebend, so verliert derjenige, der sich in der Kommunikation anstrengt, dabei seine Energie. Vielleicht sind dir etwa folgende Muster schon begegnet:

Einsilbigkeit und Unerreichbarkeit

Der Gesprächspartner wirkt tendenziell unansprechbar. Er meidet Blickkontakt und tut vielleicht so, als sei er innerlich zu sehr beschäftigt, um zuhören zu können. Er antwortet so knapp wie möglich oder gar nicht. Manche Menschen weichen so dem Kontakt und dem Gefühlsaustausch mit anderen aus. Lass dich durch solches Verhalten auf keinen Fall einschüchtern. Sag dem Betreffenden, dass du gern über ein bestimmtes Thema mit ihm sprechen möchtest, sobald er ausgeruht und dafür offen ist. Dann lass ihn stehen, bis er von sich aus Gesprächsbereitschaft zeigt.

Hin- und Her-Springen, Wortklauberei und Haarspalterei

Manche Leute verwickeln andere in lebhafte Diskussionen, weichen aber immer dann, wenn etwas konkret wird und nicht in ihre Argumentation passt, durch perfide Schachzüge aus: Sie springen etwa plötzlich zu einem anderen Thema oder einer anderen Argumentationskette, um die Schlussfolgerungen des Gesprächspartners zu durchkreuzen. Oder sie „drehen ihm das Wort im Munde um“, indem sie es anders auslegen, als es gemeint war. Wenn du bemerkst, dass jemand solche Verwirrspiele treibt, beende die Diskussion. Es geht nicht ums Rechthaben, sondern um fruchtbaren Austausch. Wo dieser boykottiert wird, verlierst du nur deine Zeit und Energie. Dein Gesprächspartner wird schnell merken, welches Niveau er dir entgegenbringen muss, wenn du dein Niveau konsequent ausstrahlst. Das gilt insbesondere auch für Gespräche mit scheinbar Hilfe Suchenden, die nicht wirklich für neue Ideen offen sind, sondern nur Mitleid und Energie bekommen wollen.

Unverständnis vortäuschen

Manche Leute täuschen anderen vor, sie nicht richtig zu verstehen, um sie zu verunsichern. Wenn du Angst hast, dich nicht gut genug verständlich machen zu können, ziehst du wahrscheinlich oft solche Leute an, was deine Befürchtungen dann scheinbar bestätigt. Schau also genau hin, ob der andere dich auch wirklich verstehen will. Mach dir die Gründe bewusst, die hinter seinem scheinbaren Unverständnis stecken. Anstatt dich immer mehr anzustrengen, um deine Botschaft richtig „rüberzubringen“, werde innerlich ruhig und beobachte den anderen. Er will vielleicht einfach nur sein Weltbild behalten und sich nicht von neuen Sichtweisen berühren lassen.

Angriff als Verschleierungstaktik

Manche Menschen sind sehr angriffslustig. Sie benutzen Angriffe auch gern, um von sich selbst abzulenken und ihre eigenen – vermeintlichen oder tatsächlichen – Fehler und Schwächen zu verschleiern. Indem sie den anderen angreifen, bringen sie ihn in Bedrängnis, lenken seine Aufmerksamkeit auf Dinge, die ihn verunsichern, und gewinnen dadurch scheinbar die Kontrolle. Lass dich nicht von solchen Leuten kontrollieren, sondern entziehe ihnen deine Aufmerksamkeit. Wenn du selbst ein Muster hast, dich stets gegen Kritik verteidigen zu müssen, ziehst du wahrscheinlich oft solche Angreifer an. Verteidige dich nicht, denn dann lässt du dich nur auf ihre negative Energie ein und nimmst sie in dich auf. Lass die Angreifer abblitzen, indem du ihr Verhalten nicht ernst nimmst.

Gekränktheit vortäuschen

Eine ähnliche, aber passivere Taktik ist das Vortäuschen von Gekränktheit. Jemand macht im Gespräch einen beleidigten Eindruck und verunsichert dadurch den Gesprächspartner, der nun ständig sein eigenes Verhalten hinterfragt. So will der Scheingekränkte ihn vielleicht daran hindern, berechtigte Ansprüche geltend zu machen. Oder er will ihn dazu bringen, seine Ego-Wünsche zu erfüllen. Achte darauf, dass du dir in Gegenwart solcher Leute keine Selbstzweifel oder Schuldgefühle machst. Frage sie stattdessen ganz offen, ob irgendetwas nicht stimmt. Du brauchst ihnen nicht zu beweisen, dass sie sich komisch benehmen – es genügt, wenn du selbst deinen eigenen Gefühlen vertraust. Dann werden sie schnell damit aufhören, weil du sie durchschaust.

Vereinnahmende Kommunikationsmuster

Es gibt Menschen, die etwas sehr Vereinnahmendes haben, wenn man ihnen nicht Grenzen setzt. Sie behandeln den Gesprächspartner so, als sei er ihr Leibeigener und dazu verpflichtet, ihnen zuzuhören und ihnen zur Verfügung zu stehen. Wenn jemand dieses Muster auslebt, hast du das Gefühl, dass deine eigenen Bedürfnisse nicht zählen und selbstverständlich zurückgestellt werden müssen. Der andere lässt dich wahrscheinlich nicht ausreden oder überschüttet dich mit einem Redeschwall. So verhindert er den Kontakt auf Augenhöhe und die Verunsicherung, die er spüren würde, wenn er wirklich auf dich eingehen müsste. Unterbrich sofort das Gespräch, wenn du in so eine Situation gerätst, und geh dem anderen aus dem Weg, anstatt um seine Aufmerksamkeit und um Gleichberechtigung zu kämpfen. Nur so besteht die Chance, dass er zur Einsicht kommt.

Erniedrigende Kommunikationsmuster

Manche Leute benutzen bestimmte Kommunikationsmuster, die subtil oder offen erniedrigend für den Gesprächspartner sind. Sie gehen nicht auf ihn ein, erlauben ihm etwa nicht, Fragen oder Einwände zu haben, nehmen seine Meinung nicht ernst, interessieren sich nicht für seine Ideen, schneiden ihm das Wort ab, schreien ihn an oder bügeln ihn nieder, äußern sich verächtlich über ihn oder machen sich über ihn lustig und dergleichen mehr. Hier wird eine Überlegenheit suggeriert, die den anderen verunsichern und einschüchtern und ihn in der Kommunikation beherrschbar machen soll. Wenn du es mit solchen Verhaltensweisen zu tun bekommst, achte darauf, dich selbst wertzuschätzen und zu würdigen. Denn der andere erkennt an deiner Ausstrahlung, was du mit dir machen lässt und was nicht. Vertraue auf deine Wahrnehmung, dann brauchst du nicht nach objektiven Beweisen zu suchen, wenn jemand dich respektlos behandelt. Beende das Gespräch und teile ihm mit – verbal oder nonverbal –, dass du dich so nicht behandeln lässt.

Energieraubende Gesprächsführung

Wo lebendige Liebe fließt, lädt sie alle auf und weitet ihren Geist. Wo ohne Liebe und Freude kommuniziert wird, wird innerlich nichts bewegt und es kommt zum Energieverlust. In solchen Gesprächen versuchen Menschen oft, sich gegenseitig Energie zu rauben. Dabei kommt es darauf an, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das ist sowohl in der Rolle des Sprechers als auch in der Rolle des Zuhörers möglich – vorausgesetzt, man findet ein geeignetes „Opfer“, das bereit ist, sich für die Kommunikation anzustrengen. Eine beliebte Methode besteht darin, so leise zu sprechen, dass der andere sich anstrengen muss, also viel Aufmerksamkeit aufwenden muss, um das Gesagte zu verstehen. Ebenso ist es möglich, unnatürlich langsam zu sprechen, denn auch das strengt die Zuhörer an. Manche Leute sprechen unangenehm laut und „bombardieren“ ihre Zuhörer, so dass diese zusammen mit der Information die disharmonische Energie des Sprechers aufnehmen müssen, wobei sie einen Teil ihrer Energie verlieren. Meist geschieht all dies unbewusst – denn die Menschen, die so sprechen, fühlen sich einfach gerade energielos und verfallen dann automatisch in diese Muster, weil sie gelernt haben, dass sie sich dann wieder besser fühlen. Dennoch wissen sie unterschwellig durchaus, was vor sich geht, und sollten deshalb durch ein deutliches Feedback darauf aufmerksam gemacht werden.

Wenn du jemandem deutlich sagst, dass seine Vortragsweise dich anstrengt, und er sie dennoch scheinbar nicht ändern kann, ist es Zeit, ihm den Rücken zu kehren. Das gilt auch für Leute, die ein anstrengendes Zuhör-Verhalten an den Tag legen. Sie behaupten vielleicht, sich für deine Meinung, deinen Rat oder deine Erlebnisse zu interessieren, aber dennoch fühlst du dich angestrengt, sobald du sprichst. Das liegt daran, dass sie nicht wirklich zuhören, sondern nur deine Energie aufnehmen wollen. Da du spürst, dass deine Botschaften nicht angekommen sind, strengst du dich automatisch an. In dieser Situation solltest du dich fragen, ob du glaubst, dass du keine wirklich interessierten Zuhörer verdienst. Lass dir deine Zeit nicht stehlen und strahle aus, dass dein Engagement und dein Wissen wertvoll sind. Anstrengung in Gesprächen ist immer ein Hinweis auf Energieverlust und auf einen subtilen Boykott des Gesprächs durch den anderen Teilnehmer, der sich diese Energie aneignet und sich dadurch kurzfristig besser fühlt.

Ungesunde Kommunikationsmuster unterbrechen

Fast jeder Mensch verfällt hin und wieder in solch ein destruktives Kommunikationsmuster. Wenn du dich darin übst, diese Muster bei anderen ebenso wie bei dir selbst schnell zu erkennen, kannst du sie auch wieder beenden. Du brauchst nicht wütend zu reagieren, wenn andere in so ein Muster verfallen, sondern kannst sie einfach auf ihr ungesundes Muster hinweisen. Unterbrich das Gespräch und führe es erst fort, wenn der andere wieder zu lebendiger Kommunikation bereit ist. Falls du jemanden kennst, der ununterbrochen in solch einem Muster verharrt und sich von dir nicht herauslocken lässt, beende den Kontakt zu dieser Person. Sie sucht nicht wirklich deine liebevolle Nähe, sondern will dir nur Energie rauben.

 


 

Mahr-BuchDer Text ist ein Auszug aus Monika Mahrs Buch „Beziehungen als Wachstumsraum: authentische Beziehungen mit Tiefgang leben“, Edition Octopus 2015 – auch als eBook bei Amazon.

Eine Antwort

  1. Jacqueline
    Hallo

    Das Beispie von Einsilbigkeit und unerreichbarkeit sehe ich etwas kritisch. Ich habe tagtäglich mit autistischen Menschen zu tun, diese sind das Musterbeispiel für Einsilbigkeit und Unnahbar, allerdings nicht um anderen Menschen damit Energie ab zu ziehen sondern um sich vor äusseren Reizüberflutungen und Uberforderungen zu schützen. Daher gilt dieser Fall wohl eher individuell und ist nicht auf die Allgemeinheit übertragbar. Ansonsten hat der Artikel gute Aspekte, lieben Gruß

    Antworten

Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.

*